Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Im Rahmen einer verbindlichen Auskunft hat der Antragsteller lediglich den Anspruch, mitgeteilt zu bekommen, wie das FA den Sachverhalt künftig beurteilen wird.

2) Die abschließende materiell-rechtliche Beurteilung, ob eine übernommene Rechtsauffassung des BMF, mit dem Gesetz vereinbar ist, ist ausschließlich dem Steuerfestsetzungsverfahren vorbehalten.

3) Etwas anderes gilt im Verfahren über eine sog. Negativauskunft auch dann nicht, wenn es gewichtige Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Gesetzesauslegung des BMF und deren Übernahme durch das FA zu einem evident rechtsfehlerhaften Ergebnis führt.

 

Normenkette

AO § 89

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.07.2015; Aktenzeichen VIII R 72/13)

BFH (Urteil vom 14.07.2015; Aktenzeichen VIII R 72/13)

BFH (Aktenzeichen I R 22/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, eine verbindliche Auskunft mit dem von der Klägerin erwünschten Inhalt zu erteilen.

Die Klägerin ist eine Investment-Aktiengesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 5 des Investmentgesetzes (InvG). Sie wurde am … November 2007 gegründet. Die Besteuerung der Klägerin entspricht der eines Publikumsfonds im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) i.V.m. § 2 Abs. 1 InvG. Die Klägerin wird unter ihrer Steuernummer a geführt und als Rechtsgebilde behandelt, das als Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unter § 11 Abs. 2 InvStG fällt.

Die bei der Gründung der Klägerin ausgegebenen Aktien wurden im Zuge gesellschaftsrechtlicher Änderungen bei der Klägerin zu Unternehmensaktien (Gattung: UA) im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 2 InvG i.d.F. des Gesetzes vom 29. Dezember 2007. Die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb wurde der Klägerin von der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen am … April 2008 erteilt und die Gesellschaft am … Juli 2008 in das Handelsregister beim Amtsgericht A (HRB b) eingetragen. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin als Investment-Aktiengesellschaft wurde am … September 2008 mit Ausgabe von Anlage Aktien aufgenommen. Die Verwaltung des Finanzportfolios wird durch eine beauftragte Gesellschaft durchgeführt.

Zum … September 2008 gab die Klägerin erstmals Anlageaktien (Gattung: AA) aus im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 2 InvG aus. Zum Zeitpunkt des Antrags der Klägerin auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wurden die Aktien der Gesellschaft in der folgenden Zusammensetzung gehalten.

Aktionär

Anzahl

Gattung

Erwerbsdatum

Preis (EUR)

Gründungsaktionär A

60.000

UA

27.11. 2007

270.000

Gründungsaktionär A

102.100

AA

30.09. 2008

458.429

Gründungsaktionär A

5.400

AA

31.10. 2008

23.652

Gründungsaktionär B

40.000

UA

27.11. 2007

180.000

Gründungsaktionär B

68.000

AA

30.09. 2008

305.320

Gründungsaktionär B

3.600

AA

31.10. 2008

15.768

Erwerber 1

9.000

AA

31.10. 2008

39.420

Erwerber 2

9.000

AA

31.10. 2008

39.420

Erwerber 3

3.000

AA

31.10. 2008

13.140

Summe

300.100

1.345.149

Für die weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz der Klägerin zur Begründung der Klage vom 9. März 2010 (abgelegt in der Gerichtsakte unter Blatt 40 ff) sowie die Satzung der Klägerin (abgelegt als Anl. 1 unter Blatt 51 ff der Gerichtsakte) und den Prospekt der Klägerin (abgelegt als Anl. 2 unter Blatt 66 ff der Gerichtsakte).

Die Klägerin begehrte mit Antrag vom 6. Oktober 2009 vom Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Für den zur Überprüfung gestellten Sachverhalt wird für die Einzelheiten Bezug genommen auf die Antragsbegründung der Klägerin vom 6. Oktober 2009 (abgelegt in der Sonderakte verbindliche Auskunft des Beklagten).

Die Klägerin begründete ihr Interesse an der Erteilung einer verbindlichen Auskunft mit der unklaren steuerlichen Behandlung von Aktienrücknahmen, zu deren Durchführung sie nach den Regelungen des Investmentgesetzes (§ 105 Abs. 2 Satz 1 InvG) verpflichtet sei. Die von der Klägerin ausgegebenen Aktien seien nach dem 9. November 2007 und vor dem 1. Januar 2009 erworben worden. Mache einer der Aktionäre von seinem gesetzlichen Rückgaberecht zu einem Zeitpunkt Gebrauch, der nach dem 31. Oktober 2009 liege, habe der jeweilige Aktionär die Papiere länger als ein Jahr gehalten. Gleichwohl werde die Anteilsrückgabe als Veräußerung gemäß § 18 Abs. 2a InvStG i.V.m. § 8 Abs. 5 InvStG aus Sicht der Finanzverwaltung im Rahmen der Abgeltungssteuer besteuert. Die Klägerin sei aus ihrer Sicht verpflichtet, einen solchen Veräußerungsvorgang im Rahmen der Einbehaltungspflichten zur Kapitalertragsteuer zu beachten.

Zweifel bestünden an der Auslegung des § 18 Abs. 2a Satz 1 und Satz 2 InvStG durch die Finanzverwaltung. Nach § 18 Abs. 2a Satz 2 InvStG solle für die Veräußerung von Anteilen an bestimmten Investmentvermögen, unter die auch die Klägerin falle, bei denen durch Gesetz, Satzung, Gesellschaftsvertrag oder die Vertragsbedingungen für eine Beteiligung natürlicher Personen die „besondere Sachkunde” de...

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