Entscheidungsstichwort (Thema)

Bilaterale Betriebsprüfung zur Überprüfung von Verrechnungspreisen

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Überprüfung von Verrechnungspreisen ist die Finanzbehörde befugt, mit der Finanzverwaltung der Niederlande eine gleichzeitige Betriebsprüfung der deutschen Tochtergesellschaft und niederländischen Muttergesellschaft zu vereinbaren und durchzuführen und die hierfür notwendigen Informationen zu übersenden.

 

Normenkette

AO §§ 30, 117; EUAHiG §§ 1, 6, 12; AO § 199; FGO § 114

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes über die Frage, ob der Antragsgegner der niederländischen Finanzverwaltung einen Vorschlag für eine bilaterale Prüfung im Bereich der direkten Steuern unterbreiten und ein solches Verfahren durchführen darf oder ob das Steuergeheimnis dem entgegensteht.

Die Antragstellerin ist eine in Deutschland ansässige GmbH. Sie ist eine Tochtergesellschaft der in den Niederlanden ansässigen „A NL N.V.” (A NL). Die Antragstellerin hat in mehreren Staaten Schwestergesellschaften, unter anderem in Hongkong „A Hongkong Ltd.” – A Hongkong).

Geschäftsgegenstand des Konzerns ist die …. Diese …werden von den jeweiligen Konzerngesellschaften in ihren Ansässigkeitsstaaten durchgeführt. Zur Durchführung der … gehört der Erwerb und anschließende Verkauf von hierfür erforderlichen Waren.

Der Erwerb der benötigten Waren erfolgt regelmäßig über die in den Niederlanden ansässige Muttergesellschaft, die die entsprechenden Waren zu mehr als 95 % (Bl. 26 der vorgelegten Verrechnungspreisdokumentationen) ihrerseits über die in Hongkong ansässige Tochtergesellschaft bezieht.

Seit Anfang 2014 läuft bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F (GKBp). Gegenstand der Betriebsprüfung war zunächst der Prüfungszeitraum der Jahre 2008-2012, im weiteren Verlauf auch die Jahre 2013-2015.

Die Betriebsprüfung befasste sich unter anderem mit der Gestaltung der Verrechnungspreise und diesbezüglich mit der Art der Gewinnaufteilung sowie der Funktions- und Risikoanalyse.

Im Rahmen der Prüfungsmaßnahmen forderte das Prüfungsfinanzamt bei der Antragstellerin unter anderem die Bilanzen sowie die GuV-Rechnungen der A Hongkong (im Folgenden: Bilanzunterlagen) an. Die Antragstellerin teilte daraufhin mit, dass es ihr nicht möglich sei, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, da sie keinen Zugriff darauf habe und die A Hongkong eine Übersendung ablehne. In der Folge kam es vor dem Finanzgericht … zu einem Klageverfahren bezüglich der Frage, ob das Prüfungsfinanzamt die entsprechenden Unterlagen von der Antragstellerin verlangen durfte. Das Verfahren wurde inzwischen durch Klageabweisung beendet.

Am 28.1.2016 teilte das Prüfungsfinanzamt der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Finanzverwaltungen Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und der Niederlande eine multilaterale Betriebsprüfung vorzuschlagen, um die Angemessenheit von gezahlten Dienstleistungsgebühren und Wareneinkaufspreisen zu prüfen.

Am 10.6.2016 schlug das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen auf Anregung der GKBp dem Antragsgegner vor, eine bilaterale Prüfung im Bereich der direkten Steuern mit der niederländischen Finanzverwaltung hinsichtlich der Antragstellerin und der A NL durchzuführen. Hintergrund sei, dass die Antragstellerin angeforderte Geschäftsunterlagen der Schwestergesellschaft in Hongkong nicht vorgelegt hätte und die für den Bezug der Waren angesetzten Verrechnungspreise daher nicht geprüft werden könnten. Der frühere steuerliche Berater der Antragstellerin habe mitgeteilt, dass die Antragstellerin die Methode des „profit split” gewählt habe und die Profite im Verhältnis 50:50 aufgeteilt worden seien. Tatsächlich bestünde aber unter Heranziehung der Kennzahlen aus der Datenbank Amadeus der Verdacht, dass der Nettogewinn vor Steuern im Verhältnis 80:20 zu Gunsten der A Hongkong verteilt worden und es auf diese Weise zu einer Gewinnverlagerung nach Hongkong gekommen sei. Ein Interesse des Konzerns an einer solchen Gewinnverlagerung liege auf der Hand, weil Einkommen aus dem Ein- und Verkauf von Produkten in Drittländern in Hongkong steuerfrei seien. Die Antragstellerin sei mehrfach aufgefordert worden, den profit split rechnerisch nachvollziehbar darzulegen. Im Rahmen einer Besprechung vom 25.9.2014 habe auch ein maßgeblicher Gesellschafter und Geschäftsführer der A-Gruppe teilgenommen. Dieser sei darauf hingewiesen worden, dass Einkommenskorrekturen i.H.v. … € und Strafzuschläge im Raum stünden. Im Rahmen dieser Besprechung habe der frühere steuerliche Berater (die Gesellschaft M) signalisiert, darauf hinwirken zu wollen, die angeforderten Unterlagen vorzulegen. Die Unterlagen seien jedoch nie vorgelegt worden.

Nach Auffassung der Betriebsprüfung sei ein brutto-profit-split lediglich aufgrund prognostizierter Kennzahlen ohne späteren Soll/Ist-Abgleich nicht fremdüblich und auch keine anerkannte Verrechnungspreismethode. Darüber ...

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