Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigungsfähigkeit eines Vorerwerbs bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer aus einem späteren Erbfall

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Begriff der für einen Vorerwerb „tatsächlich zu entrichtenden Steuer” i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG ist nicht dahin zu verstehen, dass eine objektiv fehlerhafte Steuerfestsetzung für den früheren Erwerb zu korrigieren und fiktiv neu zu berechnen ist, um nur die Steuer anzurechnen, die bei zutreffender Ermittlung zu entrichten gewesen wäre.
  2. Das bereits erloschene Recht, für eine frühere Schenkung von Betriebsvermögen den Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG in Anspruch zu nehmen, lebt im Rahmen der Zurechnung des Vorerwerbs bei dem nachfolgenden Erbanfall nicht wieder auf.
  3. Demgegenüber ist der antragsunabhängige Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen nach § 13 a Abs. 2 ErbStG für die Berechnung des Vorerwerbs nach § 14 ErbStG auch dann anzusetzen, wenn der vorangegangenen Steuerfestsetzung fehlerhafte Werte für diesen Erwerb zugrunde gelegt worden waren.
 

Normenkette

ErbStG § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, 4 Nr. 2, § 14 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2004

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung eines Vorerwerbs aus dem Jahre 1997 bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer aus dem Erbfall der Erblasserin im Jahre 2002.

Die Klägerin ist die Tochter der A, die am ...12.2002 verstarb. Die Mutter der Klägerin war auf Grund eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments vom 20.05.1977 als Vorerbin zur Hoferbin eingesetzt. Als Nacherbin war in diesem Testament die Klägerin vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten des gemeinschaftlichen Testaments wird auf die in den Steuerakten abgeheftete Ablichtung der Verfügung vom 20.05.1977 Bezug genommen.

Den landwirtschaftlichen Betrieb hatten zunächst der Vater der Klägerin und nach dessen Tod ihre Mutter betrieben. Später war der Betrieb an den Ehemann der Klägerin verpachtet worden, der einen Milchviehbetrieb mit zurzeit etwa 90 Milchkühen und einen Mastbetrieb mit Nachzucht auf einer Fläche von ca. 70 ha betreibt.

Die Klägerin, die im elterlichen Betrieb eine Ausbildung als „ ländliche Hauswirtschafterin” absolviert und die sie mit der Prüfung erfolgreich abgeschlossen hatte, ist seit dem Jahre 1973 im Betrieb des Ehemannes landwirtschaftlich berufstätig.

Bereits vor ihrem Tode hatte die Mutter der Klägerin dieser mit notariell beurkundetem Übertragungsvertrag vom 22.10.1997 den landwirtschaftlichen Betrieb in X, Grundbuchblatt..... (27,0334 ha groß) mit den aufstehenden Gebäuden und allen wesentlichen Bestandteilen zu Eigentum übertragen.

Außerdem erhielt die Klägerin von ihrer Mutter durch den vorbezeichneten Übertragungsvertrag das Eigentum an dem Grundstück Y, Flur .., Flurstück…(Grünland, groß 795 m²) und Wasserfläche (groß 10 m²), das seinerzeit bei der Übertragung des Hofes auf die Mutter der Klägerin vergessen wurde, zu Eigentum mitübertragen. Die Klägerin verpflichtete sich u. a., ihrer Mutter ein lebenslängliches Altenteilsrecht in der Weise einzuräumen, dass ihr ein lebenslängliches Wohnungsrecht an den Erdgeschossräumen des Hauses in X eingeräumt wurde bzw. auf ihren Wunsch hin ihr eine angemessene Wohnmöglichkeit im Hause Z unentgeltlich zur Verfügung zu stellen war. Wegen der weiteren Einzelheiten des Übertragungsvertrages wird auf die in den Schenkungsteuerakten des Beklagten abgeheftete Ablichtung der Urkunde vom 22.10.1997 Bezug genommen.

Die Klägerin gab für diesen Vorgang im Oktober 1998 eine Schenkungsteuererklärung ab. Die Frage in dem formularmäßigen Vordruck der Schenkungsteuererklärung unter Buchstabe D., ob bei Schenkungen von inländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen der Freibetrag gem. § 13 a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Anspruch genommen werde, blieb unbeantwortet. Nach Erteilung der Mitteilungen über die gesonderte Feststellung der Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungsteuer auf den 22.10.1997 für den übertragenen Grundbesitz setzte der Beklagte mit Schenkungsteuerbescheid vom 21.05.2002 die Schenkungsteuer ohne Berücksichtigung eines Betriebsvermögensfreibetrags auf 966,34 EUR fest, die von der Klägerin bezahlt wurde. Der Bescheid erging gem. § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wegen der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Bewertungen der jeweiligen Vermögensarten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer in dem beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren II R 61/99 vorläufig. Den gegen den Bescheid aus anderen Gründen eingelegten Einspruch nahm die Klägerin im Oktober 2002 zurück.

Nach dem Tode ihrer Mutter gab die Klägerin im September 2003 eine Erbschaftsteuererklärung ab und erklärte hierin ausschließlich Kapitalvermögen. Weiter erklärte sie, dass sie neben ihren beiden Schwestern zu gleichen Teilen gesetzliche Erbin geworden sei.

Der Beklagte folgte der Schenkungsteuererklärung in dem Erbschaftsteuerbescheid vom 12.10.2004 zunächst nicht und rechnete den gesamten Erbanfall der Klägerin zu.

Die Klägeri...

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