Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb einer Musterberechtigung für größere Flugzeugtypen als Ausbildungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein als Verkehrsluftfahrzeugführer (ATPL) lizensierter Steuerpflichtiger im Rahmen seiner zunächst Flugzeuge bis 5700 kg umfassenden Berechtigug eine Berufstätigkeit als Verkehrspilot noch nicht tatsächlich ausgeübt, so sind seine Aufwendungen zum erstmaligen Erwerb einer Berechtigung für ein Flugzeugmuster über 20.000 kg (Boeing 737) als Ausbildungskosten zu qualifizieren.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.05.2003; Aktenzeichen VI R 153/00)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen i.H. von insges. 50.336 DM, die der Kläger 1997 (Streitjahr) zum erstmaligen Erwerb einer Berechtigung für ein Flugzeugmuster über 20.000 kg (Boeing 737) tätigte, als Fortbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 1. Alternative des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.

Im Streitjahr war der Kläger als kaufmännischer Angestellter nichtselbständig tätig. Er betrieb ferner einen Einzelhandel. Er wurde im August 1998 von der Fluggesellschaft angestellt und sodann als Copilot auf Boeing 737 eingesetzt. In dem am 4.6.1998 vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ausgestellten Luftfahrerschein für Verkehrsluftfahrzeugführer (Airline Transport Pilot Licence - ATPL -) waren eine Musterberechtigung als verantwortlicher Flugzeugführer einmotoriger kolbengetriebener Landflugzeuge bis 2.000 kg Höchstmasse sowie eine Musterberechtigung als zweiter Flugzeugführer Boeing 737 eingetragen. Das LBA hatte dem Kläger die ATPL erstmals am 7.12.1995 erteilt und die Musterberechtigung Boeing 737 im Dezember 1997 eingetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum "Ausbildungsablauf" und "fliegerischen Lebenslauf" wird auf die entsprechend bezeichneten Anlagen zur Klageschrift vom 13.10.1898 Bezug genommen. Nach dem "Ausbildungsablauf" hat der Kläger "parallel zur ATPL-Ausbildung die sogenannte Musterberechtigung für 2-motorige Flugzeuge des Typs Piper erworben" und "nach Abschluss der oben genannten Ausbildung ... keine Anstellung auf dem von ... (ihm) per Musterberechtigung gewerblich einsetzbaren Flugzeugtyp" gefunden. Hierzu hat der Kläger in einem Erörterungstermin - unwidersprochen - vorgetragen, er habe die Musterberechtigung für zweimotorige Flugzeuge des Typs Piper bis 5,7 Tonnen Abfluggewicht erworben und sich 1995 und 1996 aufgrund der ATPL und der letzterwähnten Musterberechtigung bei zahlreichen Fluggesellschaften ohne Erfolg beworben. In dem "fliegerischen Lebenslauf" führte der Kläger u.a. wörtlich auf:

11.1994

Bestehen der ATPL-Theorieprüfung

06.1995

IFR/Twin Mot Checkflug für das Muster PA 44 Piper Seminole

11.1995

Bestehen des CPL/IFR Checkfluges

11.1995

CCC-Ausbildung bei der Fa. TFC-Käufer ... auf Boeing 737-Simulator mit anschließendem Checkflug

12.1995

Erteilung ATPL

1996

Refresher-Lehrgang auf B 737-Simulator

1997

Typerating B 737-300

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 2.4.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.9.1998 dahin abzuändern, dass unter Wegfall der anerkannten Sonderausgaben (1.800 DM) Aufwendungen i.H. von 50.336 DM als Werbungskosten anerkannt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die eingereichten Schriftsätze und vorgelegten Akten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Das Gericht folgt der zutreffenden Einspruchsentscheidung. Von einer weiteren Begründung wird deshalb mit der Massgabe abgesehen (§ 105 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), dass ergänzend auf die nachfolgenden Ausführungen hingewiesen wird.

2. a) Der Bundesfinanzhof (BFH) unterscheidet in ständiger Rechtsprechung zwischen Berufsausbildungs- und Berufsfortbildungskosten. Zu den ersteren zählt er solche Aufwendungen, die dem Ziel dienen, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für die Ausübung eines künftigen Berufs notwendig sind oder die es ermöglichen, von einer Berufsart zu einer anderen überzuwechseln. Fortbildungskosten sind demgegenüber solche Aufwendungen, die getätigt werden, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. dazu z. B. BFH-Urteile vom 19.4.1996 VI R 24/95, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1996, 452; vom 28.8.1997 III R 195/94, BStBl II 1998, 183).

b) Es ist anerkannt, dass bei abgeschlossener Berufsausbildung vor Aufnahme der Berufstätigkeit Fortbildungskosten in Form vorab entstandener Werbungskosten anfallen können, sofern es sich nicht um Aufwendungen handelt, die "gleichsam ins Blaue hinein" getätigt worden sind. Darauf beruht auch die neuere Rechtsprechung zu den Kosten für ein Zweitstudium (vgl. z.B. BFH-Urteil in BStBl II 1996, 452, m.w.N.). In diesen Fällen verhält es sich so, dass das durch eine Studienordnung geregelte Erststudium (z.B. Humanmedizin) bereits zu einem Berufs...

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