Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung von hoheitlichen Pflichtaufgaben einer Gemeinde auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts – Einsatz von Kfz zum Wegebau

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine städtische Anstalt des öffentlichen Rechts, die hoheitliche Pflichtaufgaben der Gebietskörperschaft wahrnimmt, hat keinen Anspruch auf die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 KraftStG für die zum Wegebau verwendeten Fahrzeuge.

 

Normenkette

KraftStG § 3 Nrn. 3-5; GO NW § 114 a Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.01.2012; Aktenzeichen II R 31/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Kraftfahrzeuge der Klägerin gemäß § 3 Nr. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) steuerbefreit sind.

Mit Satzung vom 19.12.2006 errichtete die Stadt A-Stadt gemäß § 114a Gemeindeordnung (GO) Nordrhein Westfalen (NW) zum 01.01.2007 die Klägerin in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR).

Gemäß § 2 Abs. 1 dieser Satzung wurden folgende Aufgaben auf die Klägerin übertragen:

die Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt A-Stadt nach den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere von § 53 Abs. 1 LWG,

Bau, Unterhaltung und Pflege der öffentlichen Grünanlagen und Spielplätze und Kleingartenanlagen,

die Durchführung des Bestattungswesens, sowie Bau, Betrieb und Unterhaltung der Friedhöfe,

die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht für die städtischen Straßen, Wege und Plätze, einschließlich ihrer Unterhaltung, der Straßenbeleuchtung und des Winterdienstes.

Außerdem erbringt die Klägerin als Beistandsleistung für die Stadt den Bau der Straßen, Wege und Plätze einschließlich Beleuchtung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung).

Zur Erfüllung dieser Aufgaben wurden zwischen dem 26.11.2007 und dem 28.02.2008 Fahrzeuge der Stadt A-Stadt, die bislang wegen ihres Einsatzes für den Wegebau steuerbefreit waren, sukzessive auf die Klägerin umgemeldet. Sie wurde Halterin der Kraftfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen...

Die Kraftfahrzeugsteuer für die umgemeldeten Kraftfahrzeuge wurde wie folgt festgesetzt:

Kennzeichen: A-Stadt-XX ...

Bescheid vom

Höhe (jährlich)

01

17.12.2007

285,00 Euro

03

07.01.2008

112,00 Euro

05

07.01.2008

73,00 Euro

08

14.01.2007

210,00 Euro

09

14.01.2008

347,00 Euro

10

14.01.2008

1.681,00 Euro

15

11.02.2008

210,00 Euro

17

11.02.2008

285,00 Euro

20

11.02.2008

148,00 Euro

22

19.02.2008

533,00 Euro

23

19.02.2008

500,00 Euro

25

19.02.2008

29,00 Euro

29

19.02.2008

285,00 Euro

33

10.03.2008

74,00 Euro

48

26.03.2008

240,00 Euro

Für diese Fahrzeuge stellte die Klägerin am 20.03.2008 Anträge auf Gewährung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 3 KraftStG. Sie gab an, dass die Fahrzeuge für eine Gebietskörperschaft oder einen Zweckverband zugelassen seien und ausschließlich zum Wegebau verwendet würden. Außerdem erklärte sie, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diesen Zweck bestimmt erkennbar seien.

Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 14.04.2008 ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Fahrzeuge nicht auf Bund, Land, Gemeinde, Gemeindeverband oder einen Zweckverband zugelassen seien.

Die Klägerin hat nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, dass für die genannten Fahrzeuge nach § 3 Nr. 3 KraftStG ein Steuerbefreiungstatbestand bestehe und daher die Kraftfahrzeugsteuer jeweils auf Null Euro festzusetzen sei. Grundsätzlich seien die Gebietskörperschaften Bund, Land, Gemeinde und Gemeindeverband die gesetzlichen Träger der Straßenbaulast. Ebenfalls steuerbefreit seien Fahrzeuge, die auf einen Zweckverband zugelassen seien. Eine städtische AöR falle unter den Begriff „Gemeinde” i. S. d. § 3 Nr. 3 KraftStG. Denn Sinn und Zweck der Regelung des § 3 Nr. 3 des KraftStG sei, die öffentliche Hand, die in Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben Straßen und Wege zu bauen und zu unterhalten habe, steuerlich zu entlasten. Genau diese Pflicht nehme die Klägerin in der Rechtsform einer AöR wahr.

Der Landesgesetzgeber habe den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, gem. § 114 a GO NW eine AöR zu errichten. Die Gemeinde könne nach § 114 a Abs. 3 GO NW mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben – auch hoheitliche Aufgaben – ganz oder teilweise auf die AöR übertragen. § 3 Nr. 3 KraftStG sei auch auslegungsbedürftig, da das KraftStG als Bundesgesetz das für eine AöR maßgebliche Landesrecht nicht berücksichtige.

Bei der Übertragung der Aufgaben Straßenbau, Straßenunterhaltung und Straßenerneuerung auf eine AöR werde der hoheitliche Charakter gewahrt. Die Übertragung sei vergleichbar mit der Übertragung auf einen Zweckverband. Die Übertragung der Wahrnehmung der Aufgaben des Straßenbaus auf einen anderen Rechtsträger habe allein den Grund, dass so die öffentlich-rechtliche Pflicht ökonomischer und effizienter erfüllt werden könne. Dies sei auch der Fall bei Übertragung der Aufgaben auf einen Zweckverband. Die Aufgabe des Straßenbaus und der Straßenunterhaltung werde als sogenannte Beistandsleistung der AöR für die Stadt erbracht. Die Stadt habe diese Aufgabe vollständi...

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