Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abziehbarkeit von Aufwendungen für wertverbessernde Renovierungsarbeiten als Nachlassverbindlichkeiten bei fehlendem Aufwendungsersatz- oder Bereicherungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Vor dem Erbfall getätigte Aufwendungen des Hofnacherben für wertverbessernde Renovierungsarbeiten an zum Nachlass gehörenden Wohnungen können nicht als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, wenn im maßgebenden Zeitpunkt des Todes der Vorerbin kein Aufwendungsersatz- oder Bereicherungsanspruch bestanden hat.
  2. Davon ist auszugehen, wenn die Arbeiten auf eigene Kosten in der Erwartung zukünftigen Eigentumserwerbs ausgeführt worden sind.
 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 Nr. 1, §§ 11, 12 Abs. 1; BewG § 6 Abs. 1; BGB §§ 590b, 591 Abs. 1, § 685 Abs. 1, §§ 812, 946, 951 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2000, 2001, 2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2008; Aktenzeichen II R 38/07)

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Sohn der Schwester des Landwirts Peter D., der mit der Erblasserin Ingrid D. verheiratet war. Peter D. setzte in einem am 28. Mai 1954 abgeschlossenen Erbvertrag die Erblasserin zur Hofvorerbin ein, falls er keine Abkömmlinge hinterlassen sollte. Hofnacherbe sollte derjenige Abkömmling seiner Geschwister sein, der hierzu nach den Regeln der Höfeordnung vor den anderen berufen sein würde. Die Hofnacherbschaft sollte mit dem Tod der Erblasserin eintreten. Peter D. verstarb am 15. Dezember 1987, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen. Die Erblasserin wurde ausweislich eines Hoffolgezeugnisses des Amtsgerichts A-Stadt vom 10. März 1988 Hofvorerbin. Sie errichtete am 23. September 1992 ein notariell beurkundetes Testament, mit dem sie den Kläger zum alleinigen Hoferben einsetzte, falls die letztwillige Verfügung des Peter D. in dem Erbvertrag vom 28. Mai 1954 unwirksam sein sollte.

Der Kläger übernahm ab dem Jahr 1991 die Eigenbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs und führte an dem Altenteilerhaus D-Weg 1 sowie an dem Wohnhaus D-Weg 4 umfangreiche Sanierungs- und Renovierungsarbeiten durch.

Die Erblasserin verstarb am 18. Februar 2000 und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts A-Stadt vom 30. Juni 2000 vom Kläger als Hoferbe sowie als alleiniger Erbe des hoffreien Nachlasses beerbt. Das Finanzamt A-Stadt stellte mit Bescheid vom 1. Juni 2001 den Grundbesitzwert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf den 18. Februar 2000 mit 283.000 DM fest. Den Wert des Betriebsteils setzte es mit 122.000 DM und den Wert des Wohnteils (der vom Kläger selbstgenutzten Wohnung im Haus D-Weg 4) setzte es mit 161.460 DM an. Mit Bescheid vom 13. Juni 2001 stellte das Finanzamt A-Stadt den Grundbesitzwert für die Wohnungen im Obergeschoss des Hauses D-Weg 4 auf den 18. Februar 2000 mit 157.000 DM fest. Ferner stellte es den Grundbesitzwert für das Hausgrundstück D-Weg 1 mit einem weiteren Bescheid vom 13. Juni 2001 auf den 18. Februar 2000 mit 375.000 DM fest.

Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 19. November 2001 gegen den Kläger 195.286 DM Erbschaftsteuer fest. Dabei ging es von einem Wert seines Erwerbs von Todes wegen von 815.460 DM aus und erhob auf den nach Abzug von Freibeträgen mit 673.400 DM ermittelten steuerpflichtigen Erwerb einen Steuersatz von 29 v.H.

Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend: Er habe in jahrelanger Eigenarbeit die Wohnungen in den Häusern D-Weg 4 und D-Weg 1 restauriert und renoviert. Ab dem 1. Januar 1991 habe er den Hof übernommen und an die Erblasserin für die selbstgenutzte Wohnung im Haus D-Weg 4 jährlich 3.640 DM sowie für die vermietete Wohnung in diesem Haus jährlich 7.040 DM an Pacht gezahlt. Die geringen Pachtzinsen seien mit dem nahezu unbewohnbaren Zustand der Wohnungen zu erklären. Das Altenteilerhaus D-Weg 1 sei bis Ende des Jahres 1996 von der Erblasserin bewohnt worden. Ab dem Jahr 1997 habe er es gegen Zahlung einer Pacht von 1.500 DM monatlich übernommen, um es fremd zu vermieten. Er habe mit der Erblasserin zwar keine vertraglichen Vereinbarungen über die von ihm durchgeführten Baumaßnahmen getroffen. Die Erblasserin habe ihm jedoch als Nacherbe gestattet, die Renovierungsarbeiten durchzuführen. Er habe die Arbeiten in der Erwartung durchgeführt, den Hof als Nacherbe zu übernehmen. Es habe sich überwiegend um Eigenarbeiten gehandelt, die mit 216.000 DM zu bewerten seien. Der Kläger legte hierzu ein Schreiben der T-GmbH vom 19. Januar 2002 vor. Ferner habe er bei der Stadtsparkasse T-Stadt Darlehen über insgesamt 143.760 DM aufgenommen und erhebliche finanzielle Eigenmittel investiert.

Das beklagte Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gegen den Kläger mit Bescheid vom 1. Februar 2002 auf 75.746,87 EUR neu fest, indem es auf den nach wie vor mit 673.400 DM ermittelten steuerpflichtigen Erwerb einen Steuersatz von 22 v.H. erhob. Mit Entscheidung vom 22. April 2005 wies das beklagte Finanzamt den Einspruch zurück und führte aus: Eine abzugsfähige Nachlassverbindlic...

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