Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragszuschüsse einer Rundfunkanstalt zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung eines freien Journalisten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die von einer Rundfunkanstalt aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zu entrichtenden Beitragszuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung eines als freier Journalist unternehmerisch tätigen unständigen Beschäftigten i.S.d. § 232 Abs. 3 SGB V gehören mangels unmittelbaren Zusammenhangs mit der erbrachten Leistung nicht zum umsatzsteuerlich relevanten Entgelt.
  2. Diese Beitragszuschüsse stellen anders als die Beiträge, die eine Rundfunkanstalt zugunsten ihrer freien Mitarbeiter an die Pensionskasse für freie Mitarbeiter der Deutschen Rundfunkanstalten zahlt, keine freiwilligen Zusatzleistungen des Dienstleistungsempfängers dar.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 10 Abs. 1; SGB V § 232 Abs. 3, § 257 Abs. 2; SGB XI § 61 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.05.2010; Aktenzeichen XI R 35/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zuschüsse einer Rundfunkanstalt zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung eines für sie tätigen so genannten freien Journalisten umsatzsteuerpflichtiges Leistungsentgelt darstellen.

Die Klägerin ist seit mehreren Jahren als freie Journalistin weit überwiegend für den „X” tätig. Sie wird vom „X” jeweils für einzelne Programmvorhaben verpflichtet. Feste Arbeitszeiten hat sie nicht. Nach den Darstellungen der Prozessvertreterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2008 tritt der „X” vereinzelt wegen konkreter Programmvorhaben an die Klägerin heran. Üblicherweise wird aber in den Redaktionssitzungen, an denen die Klägerin regelmäßig teilnimmt, über die Auftragsvergabe entschieden. Die Klägerin übernimmt vereinzelt Aufträge nach entsprechenden Vorschlägen der Redaktion, vorwiegend macht sie aber eigene Projektvorschläge und die Redaktion entscheidet dann über das „ob” der Umsetzung. Die Teilnahme an den Redaktionssitzungen selbst wird nicht vergütet.

In den Streitjahren hat die Klägerin u. a. „Fußballspiele” moderiert. Darüber hinaus übernimmt die Klägerin üblicherweise – so auch in den Streitjahren – die Erstellung von Hintergrundberichten/Reportagen. Hierfür recherchiert sie eigenverantwortlich. Zur Erstellung des einzelnen Beitrags kann sie auf Kameraleute des „X” zurückgreifen und auch Schnittstudios des „X” nutzen. Den Schnitt hat die Klägerin selbst zu fertigen. Üblicherweise hat die Klägerin die fertige Reportage abzuliefern; eine Nachbearbeitung z. B. durch die Redaktion findet in der Regel nicht statt.

Die Klägerin wird nach Tagessätzen vergütet. Die Höhe und Anzahl der Tagessätze für die jeweils zu erbringende Leistung wird vorher vom „X” festgelegt und die Klägerin kann dann selbst entscheiden, ob sie die Leistung für dieses Entgelt ausführt. Die Anzahl der Tagessätze wird dabei durch den „X” vorab unabhängig von der tatsächlich aufgewendeten bzw. aufzuwendenden Zeit festgelegt. Für jede Produktion schließt die Klägerin mit dem „X” einen gesonderten so genannten „Mitwirkendenvertrag (Beschäftigungsvertrag)”. Auf die in den Steuerakten befindlichen (Muster-)Verträge wird insoweit verwiesen.

Neben den Honorarzahlungen hat die Klägerin vom „X” in den Streitjahren Urlaubsgeld und Beitragszuschüsse zu einer privaten Kranken und Pflegeversicherung erhalten i. H. v. 1957,22 EUR (2002) bzw. 2059,53 EUR (2003). Grundlage hierfür war u. a. der „Tarifvertrag…für Beschäftigte des X” (...); auf den in den Steuerakten in Kopie befindlichen Tarifvertrag wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Die so genannten „Arbeitgeberzuschüsse” zur Kranken und Pflegeversicherung ließ die Klägerin im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen unberücksichtigt. Anlässlich einer Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Zuschüsse des „X” zur Kranken und Pflegeversicherung stellten umsatzsteuerpflichtiges Leistungsentgelt dar, denn sie seien Bestandteil dessen, was der „X” als Leistungsempfänger für die an ihn durch die Klägerin erbrachten Leistungen aufwenden müsse. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht zur Umsatzsteuersonderprüfung vom 07.12.2005 Bezug genommen.

Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte jeweils unter dem 14.12.2005 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Streitjahre 2002 und 2003. Nachdem der hiergegen eingelegte Einspruch erfolglos geblieben ist (vgl. Einspruchsentscheidung vom 20.10.2006), hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie trägt vor, sie habe sozialversicherungsrechtlich den Status einer unständig Beschäftigten. Als solche sei sie auf der Grundlage von § 232 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – SGB – V in der Krankenversicherung gesetzlich versicherungspflichtig. Dieser Versicherungspflicht folge die Pflicht des Arbeitgebers zur Meldung, Ermittlung und Abführung der Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteile an die entsprechenden Einzugsstellen. Eine Umsatzsteuerpflicht für die Arbeitgeberzuschüsse zur Kranken und Pflegeversicherung bestehe...

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