Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzuschätzung steuerpflichtiger Zinseinnahmen bei ungeklärten Vermögenszuwächsen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei ungeklärten Einlagen auf einem betrieblichen Konto (2 x 100.000,-- DM) ist eine auf die Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gestützte Hinzurechnung gleich hoher betrieblicher Einnahmen nur dann gerechtfertigt, wenn die Finanzbehörde Feststellungen treffen kann, nach denen entsprechende steuerpflichtige Einnahmen zumindest wahrscheinlich sind. Deutet die überwiegende Wahrscheinlichkeit hingegen auf die Herkunft der Einlagen aus verheimlichten Sparguthaben, kommt lediglich die Hinzuschätzung der hieraus zu erwirtschaftenden Zinseinnahmen als Einkünfte aus Kapitalvermögen in Betracht.

 

Normenkette

AO §§ 158, 162 Abs. 1, 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

1993

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.05.2004; Aktenzeichen IV B 221/02)

BFH (Beschluss vom 07.05.2004; Aktenzeichen IV B 221/02)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) im Anschluss an eine Betriebsprüfung zu Recht den Gewinn des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit für das Jahr 1993 erhöht hat.

Der Kläger ist als Steuerberater selbstständig tätig. Den Gewinn ermittelt er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG -. Zum 01.07.1993 erwarb er eine weitere Steuerberatungspraxis.

Im Jahre 1997 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt statt. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass am 02. und 04.06.1993 jeweils 100.000 DM bar auf das betriebliche Girokonto des Klägers eingezahlt worden waren. Die Herkunft der Gelder erklärte der Kläger damit, dass ihm von zwei Freunden jeweils 100.000 DM als Darlehen zur Verfügung gestellt worden seien. Zinsen und Sicherheiten seien nicht vereinbart worden. Die Bank, die den Praxiskauf finanziert habe, habe zum 01.07.1993 den Nachweis einer um 200.000 DM erhöhten Liquidität verlangt. Diesen Nachweis habe er ohne die aufgenommenen Darlehen nicht erbringen können. Die Namen der Darlehensgeber könne er nicht preisgeben. Er habe diesen Anonymität zugesagt. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, in Höhe der Einzahlungen von 200.000 DM sei ein ungeklärter Vermögenszuwachs gegeben, der zu einer entsprechenden Hinzuschätzung führen müsse. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 9 und 13 des Betriebsprüfungsberichts vom 14.04.1997 verweisen.

Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ das FA am 26.02.1998 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - geänderten Einkommensteuerbescheid für 1993. Die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit wurden von 171.735 DM auf 423.874 DM heraufgesetzt.

Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, allein die Weigerung, die Namen der privaten Darlehensgeber zu nennen, könne nicht dazu führen, Beträge in entsprechender Höhe den Einnahmen hinzuzuschätzen. Von einem ungeklärten Vermögenszuwachs könne nur dann ausgegangen werden, wenn durch die Anwendung einer Schätzungsmethode nachgewiesen werde, dass die eingezahlten Beträge nicht aus ungebundenen Einnahmen oder anderen versteuerten Einkünften stammen könnten. Die Einnahmen vor und nach der Übernahme der Steuerpraxis seien eindeutig belegt worden. Seit Jahren würden die laufenden Mandantenhonorare im Lastschriftverfahren monatlich bzw. vierteljährlich eingezogen. Lediglich geringe Restbeträge würden bei Jahresabrechnung gezahlt. Die im Lastschriftverfahren eingezogenen Honorare machten ca. 90 v.H. der gesamten Einnahmen aus. Hiernach sei es auszuschließen, dass im Juli 1993 Mehreinnahmen von 200.000 DM erzielt worden seien. Die Annahme, dass den Bareinzahlungen auf das betriebliche Konto nicht versteuerte Betriebseinnahmen zu Grunde lägen, sei demzufolge nicht gerechtfertigt.

Das FA wies den Einspruch wegen Einkommensteuer 1993 mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.1999 als unbegründet zurück. Der Gewinn sei zu Recht um die Bareinzahlungen auf das betriebliche Konto von 200.000 DM erhöht worden. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 AO sei insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermöge, weitere Auskunft verweigere oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletze. Das Besteuerungsverfahren sei auf eine kooperative Arbeitsteilung zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem angelegt. Ausdruck der Kooperationsmaxime seien die in §§ 90 ff. AO geregelten Mitwirkungspflichten. Scheitere die Sachaufklärung an der mangelnden Mitwirkung des Steuerpflichtigen, so werde die Finanzbehörde zur Schätzung angehalten. Beruhe das finanzbehördliche Aufklärungsdefizit auf unzureichender Mitwirkung des Steuerpflichtigen, reduziere sich das Beweismaß nach § 162 Abs. 2 AO entsprechend dem Ausmaß der Mitwirkungspflichtverletzung auf eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit. Im Streitfall sei ein Geldzufluss in erheblicher Höhe auf dem betrieblichen Bankkonto festgestellt worden. Die Einlassung der Kläger gehe dahin, dass die Einzahlungen mit Mitteln bestritten w...

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