Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung als Betriebsgrundstück bei fremdgewerblicher Nutzung; Bewertung; Betriebsgrundstsück; Fremdgewerbliche Nutzung; Gewillkürtes Betriebsvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch ein teilweise zu fremdgewerblichen Zwecken vermietetes Grundstück, das deshalb zu mehr als der Hälfte seines Wertes in der Steuerbilanz als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt wird, dient i. S. d. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG dem Gewerbebetrieb des Grundstückseigentümers und ist daher als Betriebsgrundstück zu bewerten.

 

Normenkette

BewG 1992 § 2 Abs. 2, §§ 26, 95, 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 138 Abs. 5 S. 2 Nr. 1; ErbStG § 13a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2004; Aktenzeichen II R 8/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Grundstück des verstorbenen Herrn ein Betriebsgrundstück im Sinne von § 99 Abs. 1 Nr.1 Bewertungsgesetz (BewG) darstellt.

Die Kläger sind Erben des am 12.05.1997 verstorbenen Herrn. Zur Erbmasse gehört das Objekt sowie ein Lederwareneinzelhandelsgeschäft. Der Erblasser hatte zunächst das Lederwarengeschäft in den Räumen betrieben. Später vermietete er das Ladenlokal mit der Größe von 206 qm zu fremdgewerblichen Zwecken. Ein 107 qm großer Lagerraum stand zum Todeszeitpunkt leer. Der Erblasser hatte das Grundstück nicht aus dem Betriebsvermögen entnommen und es als gewillkürtes Betriebsvermögen in der Buchführung und der Steuerbilanz für das Lederwarengeschäft fortgeführt. Die jährlichen Mieteinnahmen in Höhe von 160.000,00 DM erfasste der Erblasser als Einnahmen aus Gewerbebetrieb.

Mit Bescheid vom 07.07.1998 hat der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswerts zum 12.05.1997 erlassen. Dabei hat er nicht gemäß § 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BewG die Feststellung getroffen, dass das Grundstück als Betriebsvermögen zu dem Gewerbebetrieb des Erblassers gehörte.

Die Kläger haben nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage erhoben.

Sie sind der Ansicht, dass der Beklagte eine unzulässige Auslegung des § 99 Abs. 1 BewG vornehme, wenn er für die Einordnung als Betriebsgrundstück danach unterscheide, ob es sich ertragsteuerlich um gewillkürtes oder notwendiges Betriebsvermögen handele. Das Gesetz fordere lediglich, dass der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb angehöre. Dies entspreche dem Grundgedanken des § 95 Abs. 1 BewG, wonach Betriebsvermögen das in der steuerlichen Gewinnermittlung angesetzte Betriebsvermögen sei. Daraus folge, dass im Bereich des übrigen Anlagevermögens, des Umlaufvermögens und der Verbindlichkeiten die Bildung von gewillkürtem Vermögen als Betriebsvermögen gemäß § 95 Abs. 1 BewG zulässig sei, während dies gemäß § 99 BewG nach Auffassung des Beklagten nicht möglich sein solle.

Sie beantragen,

  1. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswerts zum 12.05.1997 vom 07.07.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.1999 dahingehend zu ändern, dass festgestellt wird, dass das Grundstück als Betriebsgrundstück im Sinne von § 99 BewG zu dem Gewerbebetrieb “Lederwareneinzelhandel” des Herrn gehörte,
  2. hilfsweise die Revision zuzulassen und
  3. die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen und
  2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, dass ein Grundstück nur dann als Betriebsgrundstück zu behandeln sei, wenn es zu mehr als 50 % dem eigenen gewerblichen Betrieb diene. Auch wenn das Gesetz selber offen lasse, ob das Grundstück eigengewerblichen Zwecken dienen müsse, so sei doch in der Bundesratdrucksache 525/98 vom 28.05.1998 zu den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts zu § 99 BewG, Richtlinie 117 klar zum Ausdruck gebracht worden, dass das Grundstück zu mehr als der Hälfte dem eigenen Gewerbebetrieb dienen müsse. Dieser Annahme stehe auch nicht entgegen, dass nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22.05.1995 (2 BvR 37/91 und 2 BvR 552/91) der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Erbschaftsteuerrechts zu berücksichtigen habe, dass die Existenz von mittelständischen Betrieben durch die Erbschaftsteuerbelastung nicht gefährdet werden dürfe. Die Erbschaftsteuer sei so zu bemessen, dass die Fortführung des Betriebes steuerlich nicht gefährdet sei. Die Fortführung des Lederwareneinzelhandelsgeschäftes sei durch die ungemilderte Festsetzung von Erbschaftsteuer für den Erwerb des Grundstücks in Kleve nicht gefährdet, da das Objekt nicht betrieblich gebunden sei. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Erben entspreche genau der Situation, wenn der Grundstücksteil als Privatvermögen behandelt worden wäre. Ferner werde die Eigentümeridentität zwischen dem Eigentümer des Grundbesitzes und dem Eigentümer des Gewerbebetriebes durch die Vorschrift des § 26 BewG durchbrochen. Diese Vorschrift wäre gegenstandslos, wenn auch fremdgewerblich genutzter Grundbesitz ein Betriebsgrundstück im Sinne des § 99 BewG sein könnte.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist be...

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