Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsbewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden für die Erbschaftsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Bedarfsbewertung eines Grundstücks, das mit einem fremden Gebäude bebaut ist, erfolgt in analoger Anwendung der für erbbaurechtsbelastete Grundstücke geltenden Vorschrift des § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem 18,6-fachen Pachtzins. Einer Berücksichtigung des niedrigeren Verkehrswerts zur Vermeidung einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung bedarf es nicht, wenn die Differenz weniger als 25% des gutachtlich ermittelten Verkehrswerts beträgt.

 

Normenkette

BewG § 145 Abs. 3 S. 3, § 146 Abs. 7, § 148 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Antragsgegner zu Recht für das Grundstück A-Straße , auf den 29.05.1997 einen Grundstückswert in Höhe von 685.000,-- DM festgestellt hat.

Die Antragstellerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin des am 29.05.1997 verstorbenen B . Zum Nachlass von Herrn B gehörte ein Anteil von 22,22 % an den mit einem fremden Gebäude bebauten Grundstück A-Straße .

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswertes zum 29.05.1997 vom 29.09.1999 wurde der Grundstückswert für das Grundstück auf 852.000,-- DM festgestellt; ferner wurde der Anteil der Antragstellerin am Grundstückswert auf 189.334,-- DM festgestellt. Ermittelt wurde der Grundstückswert für das mit einem fremden Gebäude bebautes Grundstück auf Grund einer Pacht in Höhe von 45.826,- DM, die mit dem gesetzlichen Faktor 18,6 multipliziert wurde, sodass sich ein Wert von 852.363,-- DM ergibt, der auf 852.000,-- DM abgerundet wurde.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin fristgerecht Einspruch ein, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Herr Diplom-Ingenieur C einen Grundbesitzwert in Höhe von 550.000,- DM festgestellt habe. Wegen der Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf die in der Bedarfsbewertungsakte des Antragsgegners abgeheftete Kopie des Gutachtens des Sachverständigen C vom 22.08.1997 Bezug genommen. Ferner wurde der Einspruch damit begründet, dass die vereinbarte jährliche Pacht nicht wie bisher angenommen 45.826,- DM, sondern nur 36.849,- DM betrage. Mit Einspruchsentscheidung vom 06.06.2001 stellte der Antragsgegner den Grundstückswert zum 29.05.1997 auf 685.000,-- DM und den auf die Antragstellerin entfallenden Anteil auf 152.222,-- DM fest, im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Grundbesitzwert wurde auf Grund einer vereinbarten Pacht in Höhe von 36.849,-- DM berechnet.

Die Antragstellerin hat am 26.06.2001 Klage erhoben. Ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der Antragsgegner abgelehnt. Daraufhin hat die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht beantragt.

Zur Begründung ihrer Klage und ihres Aussetzungsantrages trägt die Antragstellerin vor, dass sie durch den Bedarfsfeststellungsbescheid in ihren Rechten verletzt sei, weil der Antragsgegner zu Unrecht den nachgewiesenen Verkehrswert in Höhe von 550.000,-- DM für das Grundstück A-Straße nicht anerkenne. Das Gutachten sei vom öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. C für Zwecke der Erbauseinandersetzung erstellt worden und im Streitfall zu berücksichtigen. Zu Unrecht vertrete der Antragsgegner die Auffassung, dass die Bewertung des Grund und Bodens, der mit fremden Gebäuden bebaut sei, nach den gleichen Vorschriften zu erfolgen habe wie die Bewertung des Grund und Bodens von Grundstücken, die mit einem Erbbaurecht belastet seien. § 148 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) sehe die analoge Anwendung des § 148 Abs. 1 BewG nur in den Fällen vor, in denen es sich um die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden handele. In Anlehnung an § 94 BewG sei der Grund und Boden nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln. Daher sei im Streitfall der nachgewiesene niedrigere Verkehrswert gemäß § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG zu berücksichtigen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die gesonderte- und einheitliche- Feststellung des Grundstückswerts zum 29.05.1997 für das Grundstück A-Straße , vom 29.09.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.06.2001 bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren 11 K 3660/01 BG hinsichtlich eines Teilbetrages von 30.000,-- DM bezogen auf den der Antragstellerin zugerechneten Grundstücksanteil von der Vollziehung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Ansicht, dass der Grundstückswert gemäß § 148 Abs. 2 BewG zutreffend festgestellt worden sei. Die Möglichkeit, einen durch Gutachten nachgewiesenen abweichenden Verkehrswert zu berücksichtigen, gäbe es bei der Bedarfsbewertung der "Grund- und -Boden-Einheiten" im Falle des § 148 BewG nicht. Zwar sei diese Möglichkeit in Gesetzesentwürfen zum Steuerbereinigungsgesetz aufgenommen worden, aber diese Gesetzesentwürfe seien nicht zum Gesetz geworden.

 

Entscheidungsgründ...

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