Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein ermäßigter Steuersatz für mehrjährige Tätigkeiten bei Umsatzsteuererstattungsanspruch des bilanzierenden Betreibers von Glücksspielautomaten aufgrund nachträglicher Anerkennung der Umsatzsteuerfreiheit der Glücksspielumsätze durch die Rechtsprechung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Umsatzsteuererstattungsanspruch des bilanzierenden Betreibers eines Spielsalons mit Glücksspielautomaten, der sich für mehrere Jahre daraus ergibt, dass Umsätze mit Glückspielautomaten durch die Rechtsprechung des EuGH und daraufhin auch des BFH nachträglich als umsatzsteuerfrei anerkannt worden sind, berechtigt nicht zur Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes für mehrjährige Tätigkeiten (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG); bei bilanzierenden Gewerbetreibenden kann § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht eingreifen.

 

Normenkette

EStG 2002 § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4, § 5 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2014; Aktenzeichen X R 10/12)

 

Tenor

Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob im Streitjahr 2005 beim Kläger ein Umsatzsteuererstattungsanspruch zu aktivieren ist oder ob vielmehr für eine darauf beruhende Steuerfestsetzung des Streitjahres die Steuerermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu gewähren ist.

Der Kläger betrieb bis 2002 als Einzelunternehmer einen Spielsalon mit Glücksspielautomaten. Das Unternehmen wurde ab 2003 auf eine GmbH im Zuge einer Betriebsaufspaltung übertragen. Die Umsatzsteuerfestsetzungen 1997 bis 2002 waren im Hinblick auf das Problem der Umsatzbesteuerung des Glücksspiels offen gehalten worden. Der EUGH und ihm folgend der Bundesfinanzhof hatten dann 2005 entschieden, dass entsprechende Umsätze umsatzsteuerbefreit seien. Daraus ergab sich für den Kläger ein Umsatzsteuererstattungsanspruch.

Der Kläger hat diesen bilanziell nicht berücksichtigt. Eine Betriebsprüfung änderte dies und stellte in die Bilanz per 31.12.2005 des Einzelunternehmens des Klägers den Umsatzsteuererstattungsspruch für 1997 bis 2002 ein, wobei die Höhe unstreitig ist.

Gegen den entsprechenden Änderungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein; nach abweisendem Einspruchsbescheid erhob er Klage. Er hält die Umsatzsteuererstattungsansprüche für außerordentliche Einkünfte, die gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern seien. Er hält dessen Tatbestand für erfüllt, da es sich um eine Zusammenballung von Einkünften handele, die nicht dem typischen Geschäftsverlauf entspreche. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die im Einspruch- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 08.09.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.12.2008, wiederum in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 23.03.2009 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 2005 um 12.549,– EUR niedriger auf 6.931,– EUR festgesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Auffassung liegen außerordentliche Einkünfte durch die Umsatzsteuererstattungsansprüche, die nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern seien, nicht vor. Die allein in Betracht kommende Vorschrift bezüglich der Vergünstigung für Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten sei im Streitfall nicht einschlägig. Der Sachverhalt sei nämlich vergleichbar mit Einnahmen aus mehrjährigen Aufträgen, die in einem Veranlagungszeitraum zuflossen. Auch insoweit sei die Steuerermäßigung zu verweigern.

Auch insoweit wird auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 34 Abs. 1 EStG sind außerordentliche Einkünfte ermäßigt zu besteuern. Zu diesen außerordentlichen Einkünften gehören gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 auch Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten. Zweck dieser Regelung ist, die durch Zusammenballung von Einkünften hervorgerufene Progressionssteigerung abzumildern.

Im Streitfall ist indes entscheidungserheblich, dass der Kläger bilanziert. Hat er schon im Hinblick auf die langjährig im Streit befindliche Rechtsfrage, ob Glücksspielumsätze umsatzsteuerfrei sind, die Veranlagungen ab 1997 offen gehalten, so blieb es ihm unbenommen, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, die darauf entfallene Umsatzsteuer sei zu erstatten, auch bilanziell als Forderung einzustellen. Eine solche – gewinnerhöhende – bilanzielle Maßnahme wäre mit Sicherheit nicht auf Bedenken des Finanzamts gestoßen, eher im Gegenteil. Eine solche Handhabung hätte das hier im Streitfall vorgebrachte Argument der Zusammenballung von Einkünften gar nicht erst entstehen lassen. Bezeichnenderweise hat der Kläger hierzu auch nichts vorgetragen. Zu einer solchen Maßnahme hätte zudem der Umstand zusätzlich angeraten lassen, dass bei einer Entscheidung des EUGH wider Erwarten die Forderung zu Lasten des Gewinns hätte aufgelöst werden können – übrigens in der Bilanz des Streitjahres in voll...

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