Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug von Unterstützungszahlungen, die der im Inland steuerpflichtige Ehemann an die im Ausland lebende Familie bezahlt, als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Frage, ob eine Unterhaltsverpflichtung als Voraussetzung für den Steuerabzug nach § 33a Abs. 1 EStG besteht, ist auch bei Unterstützungszahlungen an im Ausland ansässige Empfänger nach inländischen Maßstäben, d.h. nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), zu entscheiden.

2. Auch unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 18.5.2006 III R 26/05 ist für die Frage, ob ein im Ausland lebender Angehöriger gegenüber dem Steuerpflichtigen unterhaltsberechtigt ist, nach wie vor zu zu prüfen, ob der Angehörige nach dem bürgerlichen Recht verpflichtet ist, zunächst seine Arbeitskraft einzusetzen (sog. Erwerbsobliegenheit). Erfüllt der Angehörige eine ihm zumutbare Erwerbsobliegenheit nicht, so ist er nicht unterhaltsberechtigt.

3. Lebte die 38-jährige Ehefrau des Steuerpflichtigen im Jahr 2006 als Hausfrau und Mutter mit den beiden 13 und 18 Jahre alten Kindern in Bosnien-Herzegowina, so war die Entscheidung der Ehegatten, dass die Ehefrau ihren Unterhaltsbeitrag durch Haushaltsführung erbringen sollte, zur Erfüllung der einkommensteuerlichen Erwerbsobliegenheit nicht ausreichend.

 

Normenkette

EStG 1999 § 33a Abs. 1 Sätze 1, 5; BGB § 1360 Sätze 1-2, § 1602; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen VI R 5/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit durch eine Tätigkeit vom 13. März bis zum 30. November in Höhe von 19.855,17 EUR. In der übrigen Zeit war er nach einer Fehlzeitenerklärung nicht bei der Agentur für Arbeit gemeldet, weil er sich im Ausland aufgehalten habe.

Der Kläger ist seit November 1986 verheiratet. Seine Ehefrau M, deren Beruf mit Hausfrau ohne eigenes Einkommen angegeben wurde, lebte mit den gemeinsamen Söhnen E (geboren: 22. Oktober 1988, im Streitjahr in der Ausbildung als Autospengler ohne eigene Einkünfte) und F (geboren: 24. März 1993, Schüler) in … in Bosnien-Herzegowina. Der Kläger machte mit der Steuererklärung im Streitjahr Unterhaltsleistungen für bedürftige Personen als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dabei gab er an, für seine Ehefrau und die beiden Söhne viermal jeweils 1.857 EUR (= 7.428 EUR) bei Familienheimfahrten am 17. April, am 25. Mai, am 3. August sowie am 24. November 2006 mitgenommen zu haben. Nach den Angaben in einer Unterhaltsbescheinigung war die Ehefrau nicht beruflich tätig und verfügte weder über Einkommen noch über Vermögen.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2006 durch Bescheid vom 13. Juni 2007 auf 1.279 EUR fest. Dabei berücksichtigte er außergewöhnliche Belastungen lediglich in Höhe von 1.440 EUR.

U. a. hiergegen richtete sich der Kläger mit dem am 2. Juli 2007 eingelegten Einspruch. Dabei forderte er die Berücksichtigung der vollen anteiligen Summe des von ihm geleisteten Unterhalts für seine Ehefrau in Bosnien in Höhe von 1.920 EUR.

In einem Änderungsbescheid vom 20. Juli 2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer in Höhe von 953 EUR fest. Ein veränderter Ansatz der außergewöhnlichen Belastungen erfolgte dabei nicht. In der Begründung hieß es dazu, Unterhaltsaufwendungen für die Ehefrau seien bereits zeitanteilig im ersten Bescheid in voller Höhe berücksichtigt worden.

Gegen diesen geänderten Einkommensteuerbescheid wandte sich der Kläger mit einem weiteren Einspruch vom 25. Juli 2007. Er begründete diesen Einspruch damit, dass eine zeitanteilige Aufteilung von Unterhaltsleistungen unabhängig vom Zahlungszeitpunkt der ersten Unterhaltszahlung auf der Grundlage des Schreibens des Bundesministers der Finanzen – BMF – vom 15. September 1997 nicht erfolge. Das Schreiben des BMF vom 9. Februar 2006, auf das sich der Beklagte anlässlich der Erteilung eines Verböserungshinweises im Hinblick auf eine Erwerbsobliegenheit der Ehefrau des Klägers berufen hatte, sei erst ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden.

Der Beklagte änderte in der Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2007 die Einkommensteuerfestsetzung zum Nachteil des Klägers auf 1.293 EUR und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

In der Begründung führte der Beklagte aus, nach § 33 a EinkommensteuergesetzEStG – könnten unter bestimmten Voraussetzungen typische Unterhaltsaufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 7.680 EUR im Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn die unterstützte Person gesetzlich unterhaltsberechtigt und bedürftig sei. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sei für Personen in erwerbsfähigem Alter grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt...

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