Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzer im Sinne des § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG der mit Hilfe des entnommenen Stroms erzeugten mechanischen Energie beim Betrieb von Lüftungsanlagen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Steuerentlastung gemäß § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG reicht es nicht aus, dass ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes Strom entnimmt, um damit einen Umwandlungsprozess in Gang zu setzen und zu unterhalten, in dessen Verlauf Nutzenergie in Form von Licht, Wärme, Kälte, Druckluft oder mechanischer Energie zum Zwecke der Weiterlieferung erzeugt wird. Nur wenn auch derjenige, der das auf diesem Wege entstandene Energieerzeugnis nutzt, ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes betreibt, ist die Stromentnahme nach § 9b Abs. 1 Nr. 2 StromStG entlastungsfähig.

2. Im Streitfall diente die von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes erzeugte Energie dem Betrieb von Heiz-, Kühl- und Lüftungsanlagen in Einzelhandelsgeschäften der zur Unternehmensgruppe gehörenden Handelsunternehmen. Letzteren wurde die Nutzung der erzeugten Energie mit der Folge zugerechnet, dass der Erzeuger die Entlastung nach § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG nicht beanspruchen konnte.

 

Normenkette

StromStG § 9b Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.04.2018; Aktenzeichen VII R 15/17)

BFH (Beschluss vom 25.04.2018; Aktenzeichen VII R 15/17)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist hauptsächlich, ob der zum Betrieb einer Lüftungsanlage entnommene Strom vom Betreiber dieser Anlage oder aber vom Besitzer der Räumlichkeiten, die durch die Anlage belüftet werden sollen, im Sinne des § 9b Abs. 1 Satz 2 des Stromsteuergesetzes (StromStG) genutzt wird.

Die Klägerin ist eine im Jahr 1987 gegründete GmbH, die im Handelsregister beim Amtsgericht A unter HRB xxx geführt wird. Sie ist ein Unternehmen der X-Gruppe, bei der es sich um eine Handelskette mit einer Vielzahl von Ladengeschäften im ganzen Bundesgebiet handelt. Ihr Gegenstand war ursprünglich im Handelsregister mit

„Herstellung, Montage und der Vertrieb von Ladeneinrichtungen aller Art sowie die Beteiligung an anderen Gesellschaften und der Handel mit Einrichtungsgegenständen aller Art” angegeben. Anders als andere Gesellschaften dieser Unternehmensgruppe ist die Klägerin vom beklagten Hauptzollamt (HZA) als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S.d. § 2 Nr. 3 i.V.m. § 2 Nr. 2a StromStG und i.V.m. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes von 2003 (WZ 2003) eingestuft. Seit einer am 17. Mai 2010 beschlossenen Änderung des Gesellschaftsvertrags wurde ihr Gegenstand erweitert und umfasst nunmehr auch

„die Erzeugung von und die Versorgung mit Primär-, Sekundär-, End- und Nutzenergien aller Art, einschließlich deren Vertrieb und Vermittlung, sowie die Erbringung von Energiedienstleistungen aller Art, insbesondere in den Bereichen Contracting und Technisches Anlagenmanagement”.

Unter dem 4. Mai 2010 überließ die X Ltd. & Co. KG der Klägerin in einem „Vertrag über die Nutzungsüberlassung von Anlagen und Geräten” (Überlassungsvertrag; HZAOrdner Bl. 89 ff.) ab dem 1. Mai 2010 die ihr gehörenden oder von ihr gemieteten oder geleasten – in einem Anhang näher bezeichneten – Anlagen, die der Produktion von und der Versorgung mit konditionierter Raum- und Frischluft, Licht und elektrischem Strom dienen. Die Nutzungsüberlassung erfolgte unentgeltlich (§ 4 des Überlassungsvertrags). In einer mit „Klarstellung” überschriebenen Urkunde vom 8. September 2011 wurde von sieben weiteren namentlich bezeichneten Gesellschaften der X-Gruppe „klargestellt und festgehalten, dass der Vertrag vom 04.05.2010” auch für diese Gesellschaften gelte.

Auf der Grundlage eines weiteren – am 13. Juli 2010 unterzeichneten – Vertrags über die Lieferung von Energie und Erbringung von Leistungen (nachfolgend: Belieferungsvertrag; vgl. HZA-Ordner Bl. 67 ff.) übernahm die Klägerin beginnend mit dem 1. Mai 2010 die Belieferung aller acht Unternehmen der X-Gruppe (nachfolgend bezeichnet als „Abnehmer”) mit Energie in der nachfolgend dargestellten Weise.

Nach § 2 Nr. 1 des Belieferungsvertrags versorgt die Klägerin die Betriebsstätten der Abnehmer in dem von diesen benötigten Umfang mit Licht, konditionierter Raum- und Frischluft sowie mit Wärme und Kälte. Zu diesem Zweck verpflichtete sie sich (in § 3 Nr. 3 Satz 1 des Belieferungsvertrags) zum Betrieb der in den Ladengeschäften ihrer Abnehmer vorhandenen – diesen entweder gehörenden oder von ihnen geleasten –Anlagen (Lüftungsanlagen, Heizungsanlagen zur Erwärmung der Raumluft und/oder Kälteanlagen zur Kühlung derselben); soweit eine Heizungsanlage beim Abnehmer nicht vorhanden war, sollte für das jeweilige Ladengeschäft Fernwärme bezogen werden. Von den insgesamt 410 Ladengeschäften, die von der Klägerin mit Energie zu beliefern waren, verfügten alle über eine Lüftungsanlage und darüber hinaus

  • • 87 über eine Fernwärmeversorgung ohne Kälteanlage,
  • • 113 über ein...

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