rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzung des Dienstfahrzeugs eines hauptamtlichen Bürgermeisters für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für mittägliche Zwischenheimfahrten als Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch Behördenfahrzeuge, die den Mitarbeitern einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft im Zuge ihrer Dienstausübung zur Verfügung gestellt werden, sind betriebliche Kraftfahrzeuge im Rechtssinne.

2. Darüber, ob einem hauptamtlichen Bürgermeister tatsächlich die umfassende Privatnutzung seines dienstlichen Fahrzeugs gestattet war, sagt die bloße kommunalrechtliche Zulässigkeit einer solchen Nutzungsüberlassung nichts aus.

3. Fahrten des Bürgermeisters zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte im Rathaus sind nicht allein wegen der damit verbundenen Präsenz im Gemeindegebiet grundsätzlich dienstlicher Natur.

4. Für mittägliche private Zwischenheimfahrten, für die ein Werbungskostenabzug nicht möglich wäre, ist auf der Einnahmenseite kein Ausgleich in Gestalt des 0,03%-Zuschlags vorzunehmen. Der zusätzliche Nutzungsvorteil kann vielmehr – vorbehaltlich der Fahrtenbuchregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG – nur durch Ansatz einer Einnahme aufgrund privater Nutzung nach § 8 Abs. 2 S. 2 EStG (1-%-Regelung) steuerlich erfasst werden.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2 Sätze 2, 4, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Privatnutzung des dem Kläger zur Verfügung stehenden Dienstwagens nach der 1%-Regelung zu versteuern ist oder ob der damit verbundene Lohnzufluss der Höhe nach geschätzt werden kann.

Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer der Streitjahre (2004 bis 2006) zusammenveranlagt. Der Kläger bezog in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Bürgermeister der Gemeinde X. Für diese Tätigkeit stellte ihm die Gemeinde ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, das der Kläger auch für bestimmte außerdienstliche Fahrten im Gemeindegebiet verwenden durfte. Zu Beginn seiner Dienstzeit hatte der Kläger bei der Gemeindeverwaltung nachgefragt, inwieweit für dieses Fahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen sei. Daraufhin hatte der Bedienstete des Hauptamts der Gemeinde Herr A dem Kläger mitgeteilt, dass nach Auskunft der gemeindlichen Finanzverwaltung der Amtsvorgänger des Klägers nur zu Beginn von dessen eigener Dienstzeit in den Jahren 1986 und 1987 ein Fahrtenbuch geführt und dies danach eingestellt hatte, ohne dass das Fehlen eines Fahrtenbuchs bei den sich anschließenden Lohnsteuer-Außenprüfungen zu Beanstandungen geführt hätte.

In der Folgezeit und auch in den Streitjahren nutzte der Kläger den Dienstwagen im Wesentlichen zur Erledigung seiner Dienstgeschäfte und daneben zum arbeitstäglichen Erreichen seiner Arbeitsstätte im Rathaus der Gemeinde, das von seiner Wohnung knapp zwei Kilometer entfernt lag, sowie zu mittäglichen Heimfahrten nach Hause, wo der Kläger regelmäßig seine Mittagspause verbrachte. Dabei handelte es sich im Monat Januar 2004 um einen Audi… (Kennzeichen: …) mit einem Bruttolistenpreis von 20.400 EUR und ab Februar 2004 für den restlichen Streitzeitraum um einen Audi … (Kennzeichen: …) mit einem Bruttolistenpreis von 32.000 EUR. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger nicht. Lohnsteuer wurde auf die Privatnutzung von der Gemeinde nicht einbehalten. In dem auf den Lohnsteuerkarten ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn war ein geldwerter Vorteil aus der Privatnutzung nicht enthalten.

Aufgrund ihrer jeweils zu Beginn des Folgejahres eingereichten Einkommensteuererklärungen wurden die Kläger mit Bescheiden vom 9. März 2005, vom 31. Mai 2006 und vom 19. Juni 2007 unter Ansatz des jeweils in der Lohnsteuerkarte aufgeführten Bruttoarbeitslohns von xx.xxx EUR (für 2004), von xx.xxx EUR (für 2005) und von xx.xxx EUR (für 2006) zur Einkommensteuer der Streitjahre veranlagt. Für die Jahre 2004 und 2005 waren die erklärten Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (bei denen die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vom Kläger nicht angesetzt worden waren) mit 621 EUR und mit 713 EUR noch unter dem Werbungskosten-Pauschbetrag geblieben; für das Jahr 2006 hatte der Kläger zu derartigen Werbungskosten keine Angaben gemacht.

Im Jahre 2008 erlangte das beklagte Finanzamt (der Beklagte) durch eine bei der Gemeinde X durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung Kenntnis von der Dienstwagennutzung des Klägers. Der eingesetzte Prüfer vertrat die Ansicht, dass der private Nutzungswert mit monatlich 1% des inländischen Listenpreises für das Kraftfahrzeug und dass zusätzlich ein geldwerter Vorteil für jeden Kilometer der einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rathaus von weiteren 0,03% dieses Listenpreises anzusetzen sei. Aus dem Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 4. Mai 1999 –(nicht veröffentlicht – n. v. –) ergebe sich, dass die Gemeinde die ...

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