Entscheidungsstichwort (Thema)

Genossenschaftsanteile an einem Elektrizitätswerk als gewillkürtes Betriebsvermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Genossenschaftsanteile an einem Elektrizitätswerk gehören zum gewillkürten Betriebsvermögen eines Landwirts, wenn sie bilanziell als Betriebsvermögen behandelt werden und durch die aus ihnen resultierenden Erträge sowie als Kreditunterlage objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen.

2. Der Umstand, dass sich jedermann an der Genossenschaft beteiligen kann, steht der Betriebsvermögenseigenschaft der Anteile nicht entgegen. Die Frage der Bilanzierungsfähigkeit eines Wirtschaftsguts kann grundsätzlich nicht von Umständen Dritter abhängen.

 

Normenkette

EStG 1997 § 4 Abs. 1, § 13

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.09.2009; Aktenzeichen IV R 14/07)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Genossenschaftsanteile an einem Elektrizitätswerk zum gewillkürten Betriebsvermögen (BV) eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören.

Der Kläger (Kl) übernahm mit notariellem Hofübergabevertrag vom 26. Juli 1983 den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern. Mit übergeben bzw. mit übernommen wurde ein Anteil an der ehemaligen Genossenschaft Elektrizitätswerk –X– (EW–X–). Bei dieser bestand keine Zugangsbeschränkung für bestimmte Berufsgruppen. Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft konnte nur zum Schluss eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr gekündigt werden (§ 5 der Satzung, abgeheftet in den „Sonderakten EW–X–”). Eine Übertragung des Anteils war aber mit Zustimmung des Vorstands jederzeit – auch im Laufe des Geschäftsjahres – möglich (§ 6 der Satzung).

Vorstehenden Anteil aktivierte der Kl zum 01. Juli 1994 – zeitgleich mit Anteilen an der Viehzentrale, der und der … bank – mit einem Einlagewert von 500 DM. Die Dividenden 1997 und 1998 aus dem EW–X– Anteil in Höhe von umgerechnet jeweils 42,50 EUR behandelte der Kl als Betriebseinnahme; die Jahre 1995, 1996 und 1999 waren dividendenlos. Im Jahr 2000 nahmen die Genossen des EW–X– ein Übernahmeangebot der –Y– (–Y–) zu einem Wert von 52.000 DM je Genossenschaftsanteil an. Der Kl behandelte diesen Vorgang im Jahresabschluss 2000/2001 als Abgang mit dem Buchwert. Der Beklagte (Bekl) erhöhte dagegen den für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 erklärten Gewinn des Kl aus Land- und Forstwirtschaft um 52.000 DM und setzte die Einkommensteuer (ESt) mit Bescheid vom 23. April 2002 auf 4.239,63 EUR (8.292 DM) fest.

Mit dem rechtzeitig eingelegten Einspruch trugen die Kl vor, die Einnahmen aus der Veräußerung des Genossenschaftsanteils seien dem Privatvermögen zuzurechnen. Im Bereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft seien bei der Bildung von gewillkürtem BV gewisse Einschränkungen zu beachten, die sich aus den Besonderheiten der Einkunftsart ergäben. Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten BV eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unterliege wesentlich strengeren Anforderungen als dies bei Kaufleuten der Fall sei. Voraussetzung sei in jedem Fall, dass das Wirtschaftsgut objektiv geeignet sei, dem Betrieb zu dienen und diesen zu fördern. Gewillkürtes BV in diesem Sinne könnten lediglich verpachtete landwirtschaftliche Grundstücke und alle Wirtschaftsgüter sein, deren Nutzung innerhalb der Landwirtschaft möglich sei. Dies sei z.B. bei einer Beteiligung an Warengenossenschaften oder der –Z– AG (Lieferrechte) der Fall. Im Streitfall habe der Kl aus seiner Beteiligung am EW–X– jedoch nachweislich keinerlei Vorteile irgendeiner Art gezogen. Nachdem die Anlage dazu in der Vergangenheit noch teilweise dividendenlos gewesen sei, fehle es an einer inneren Verknüpfung des Anteils mit dem landwirtschaftlichen Betrieb, die auch im Wege der Willkürung nicht herbeigeführt werden könne. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) zur Behandlung von Wertpapieren eines Landwirts als gewillkürtem BV entschieden, dass nicht in jedem Fall die buchmäßige Behandlung durch den Steuerpflichtigen entscheidend sei. Selbst dann, wenn Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden seien, sei es nicht zulässig, Kursverluste durch eine Bilanzierung der Wertpapiere in den betrieblichen Bereich zu verlagern. Wenn also Wertpapiere im Falle von sich abzeichnenden Verlusten nicht bilanzierungsfähig seien, müssten die gleichen Grundsätze auch für den Fall angewendet werden, wenn diese Wertpapiere einen Gewinn erbrächten. Dies bedeute, dass eine Einlagefähigkeit von Wertpapieren zu verneinen sei, wenn sie keine objektive Beziehung zur Landwirtschaft hätten und die auf den einzelnen Betrieb bezogene angemessene Liquiditätsreserve überschritten sei. Nachdem sich am EW–X– auch ein nicht begrenzter Personenkreis habe beteiligen können, sei der Anteil unter den strengen Voraussetzungen, die der BFH an die Bildung von gewillkürtem BV in der Landwirtschaft stelle, nicht bilanzierung...

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