Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorschaltung einer Gesellschaft zum Erhalt des vollen Vorsteuerabzugs aus einem Bauprojekt eines nach Durchschnittssätzen besteuernden Landwirts als Gestaltungsmissbrauch. Umsatzsteuer 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn ein Landwirt, der seine Umsätze gemäß § 24 UStG nach Durchschnittssätzen besteuert, zusammen mit Familienangehörigen eine GbR gründet, um ein zuvor von ihm geplantes Bauprojekt für seinen landwirtschaftlichen Betrieb (hier die Errichtung eines Schweinemaststalls mit Güllegrube) zu verwirklichen, wenn die Gesellschaft nicht über die nötigen Mittel zur Realisierung des Projekts verfügt, sondern diese im Wesentlichen von dem Landwirt in die Gesellschaft eingebracht werden, und das Bauprojekt auch nicht auf einem eigenen Grundstück der Gesellschaft, sondern im Erbbaurecht auf einem im Alleineigentum des Landwirts stehenden Grundstück verwirklicht wird. Die Gesellschaft ist wegen dieser rechtsmissbräuchlichen Gestaltung nicht zum Vorsteuerabzug aus den Baukosten berechtigt.

2. Ertragsteuerlich bedeutsame Gründe können nicht zur Rechtfertigung einer aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht missbräuchlichen Gestaltung herangezogen werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 42; UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 24

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine mit Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 1997 zum 01. Januar 1998 zwischen den Eheleuten … (I) und … (M) sowie beider Sohn. (F) gegründete GbR verfolgt gemäß § 1 des Gesellschaftsvertrages den Zweck der Projektierung, des Baus und der Vermietung von Wirtschaftsgebäuden. Daneben tätigt sie Hilfsgeschäfte im Agrarbereich, in dem sie mit Christbäumen, Torf und Futtermitteln handelt. Ihre Geschäftsergebnisse waren bislang durchweg negativ:

1998

./.

12.312,11 DM

1999

./.

19.477,53 DM

2000

./.

17.830,49 DM

2001

./.

17.434,13 DM

2002

./.

9.332,17 EUR

2003

./.

6.180,49 EUR.

M betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb als Einzelunternehmer, zu dem auch ein Schweinemastbetrieb gehört. Die Umsätze aus dem landwirtschaftlichen Betrieb werden gemäß § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG) nach Durchschnittssätzen besteuert. Seit 11. August 1998 ist F bei M als Landwirtschaftsgehilfe angestellt und verrichtet alle im land- und forstwirtschaftlichen Bereich anfallenden Arbeiten (Arbeitsvertrag vom 04. August 1998, Finanzgerichtsakte – FG-Akte – Blatt 73).

Die Gesellschafter I und M, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, brachten gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages das zu ihrem Gesamtgut und landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende 1.987,92 m² große „Baugrundstück auf Parzelle … der Gemarkung …” in die Klägerin zur Nutzung (Sonderbetriebsvermögen) ein. Darüber hinaus verpflichteten sich alle Gesellschafter, ihre Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Für die Nutzungsüberlassung des genannten Baugrundstücks sollten nach § 6 des Gesellschaftsvertrages I und M einen „Vorweggewinn” in Höhe von 2.000,– DM erhalten. Der danach verbleibende Gewinn bzw. Verlust sollte im Verhältnis 80: 20 auf die Gesellschafter I + M (80) und F (20) verteilt werden. Auf dem eingebrachten Baugrundstück wurde ein Schweinemaststall mit Güllegrube errichtet, bislang das einzige Projekt im Sinne von § 1 des Gesellschaftsvertrages. Den Bauantrag hatte „als Bauherr” M gestellt, dem am 05. November 1997 auch die Baugenehmigung hierfür erteilt worden war und dem gegenüber am 31. August 1998 die Schlussabnahme erfolgte (Schlussabnahmeschein vom 02. September 1998, Umsatzsteuerakten – USt-Akten – Blatt 35, 36). Die Baurechnungen lauteten jedoch auf die Klägerin.

Die Baukosten für dieses Projekt beliefen sich auf ca. 446.000,– DM, wobei 281.000,– DM über Darlehen mit der … finanziert worden waren, die auf die Klägerin lauteten (Darlehensverträge Nr. … vom 02. April 1998 und Nr. … vom 04. Oktober 1999). Sicherheiten waren danach von der Klägerin keine zu erbringen; die Darlehensrückzahlung sollte in voller Höhe bis zum 31. März 2003 bzw. zum 31. August 2004 erfolgen. Mit Verträgen vom 16. Juni 2003 bzw. vom 01. Oktober 2004 wurden diese um fünf bzw. drei Jahre verlängert. 165.000,– DM wurden allein durch M finanziert, der diesen Betrag im Rahmen einer Einlage der Klägerin zur Verfügung stellte (Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 30. März 2000, USt-Akten, Blatt 38).

Laut „Nutzungsvertrag” vom 10. August 1998 wurde ab 01. September 1998 der Schweinemaststall mit Güllegrube von der Klägerin an ihren Gesellschafter M, der das Gebäude laut § 2 des Nutzungsvertrages im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs nutzen würde, für eine Monatsmiete in Höhe von 1.200,– DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (= 1.392,– DM) vermietet (§ 4 des Nutzungsvertrages), die bislang regelmäßig entrichtet wurde.

Mit Erbbaurechtsvertrag vom 22. Februar 1999 bestellten I und M zu Gunsten der Klägerin ein Erbbaurecht an dem eingebrachten Baugrundstück. Dieses Erbbaurecht ...

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