Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerpflicht bei Verzicht eines Teilnehmers im Flurbereinigungsverfahren zugunsten eines weiteren Teilnehmers gegen Geld auf seine Landabfindung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verzichtet ein Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens zugunsten eines weiteren Teilnehmers (Dritten) gegen Geld auf seine Landabfindung und wird dem Dritten dann das nicht mehr zur Abfindung benötigte Land zugeteilt, liegt insoweit ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerb von zusätzlichem Land vor.

2. Dieser Erwerbsvorgang ist nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Die Steuerbefreiung im Flurbereinigungsverfahren setzt die Abfindung in Land voraus, die im Sinne des der Flurbereinigung innewohnenden Tauschverfahrens zu verstehen ist.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 Sätze 1, 2 Buchst. a; FlurbG §§ 44, 54 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2006; Aktenzeichen II R 41/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) war an einem Flurbereinigungsverfahren beteiligt, das im Zusammenhang mit dem Bau der … durchgeführt wurde. Außerdem war daran noch u.a. ein Herr … beteiligt. Dieser verzichtete mit Vereinbarung vom 27. April 1998 auf eine Zuteilung von Land zugunsten der Klin und wurde dafür mit einem Geldbetrag von 228.000 DM abgefunden. Gegenstand dieses Verzichts waren folgende auf der Gemarkung … belegene Flurstücke:

Flurstück Nr.

Lage

Fläche

Abfindung in DM

ar

qm

18

74

16.200

20

46

18.700

49

33

47.300

47

21

42.400

26

73

25.300

15

49

14.000

14

81

14.300

20

16

18.300

14

33

10.400

9

16

8.600

15

22

12.500

gesamt

251

64

228.000

Im Austausch für diese Grundstücke erhielt die Klin folgende Ersatzgrundstücke:

Gemarkung …:

Flst.Nr. … sowie Teile von …

Gemarkung …:

FlSt.Nr. …

In den Besitz dieser Grundstücke wurde die Klin am 5. Oktober 1992 eingewiesen, wobei dieser Vorgang nicht der Grunderwerbsteuer (GrESt) unterworfen wurde. Eigentum daran erhielt die Klin nach einer Mitteilung des Amtes für Flurneuordnung und Landentwicklung … am 1. August 2001.

Mit GrESt-Bescheid vom 12. März 2003 setzte der Beklagte (Bekl) für das „Flurbereinigungsverfahren vom 01.08.2001” eine Grunderwerbsteuer (GrESt), ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 228.000 DM, in Höhe von 4.080,11 EUR fest.

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrt die Klin die Aufhebung dieses GrESt-Bescheids. Sie trägt zur Begründung vor, bei einem Flurneuordnungsverfahren handele es sich wie bei einer Umlegung um ein Bodenneuordnungsverfahren. Somit seien beide Verfahren auch grunderwerbsteuerlich identisch zu behandeln, da der Zuteilungsverzicht nach § 52 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) mit einer Vorwegnahme der Entscheidung nach § 76 Baugesetzbuch (BauGB) vergleichbar sei. Deshalb sei davon auszugehen, dass sämtliche durch Ausspruch einer Behörde erfolgte Eigentumsänderungen von der GrESt befreit seien, wenn der neue Eigentümer im Flurbereinigungsverfahren bereits Eigentümer und damit Beteiligter sei.

Für den Bereich der Umlegung habe der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 28. Juli 1999 (II R 25/98, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 206) den Grundsatz der Vorteilsausgleichung statuiert, demzufolge die Zuteilung minder- oder höherwertiger Grundstücke grundsätzlich in Geld auszugleichen sei. In dieser zum Umlegungsverfahren ergangenen Grundsatzentscheidung habe der BFH auf allgemeine verwaltungsrechtliche Prinzipien zurückgegriffen. Auch § 52 Abs. 1 FlurbG sehe eine Geldabfindung vor, weshalb auch bei der grunderwerbsteuerlichen Betrachtung die beiden Raumordnungsverfahren gleich zu behandeln seien.

Die Klin beantragt,

  1. den GrESt-Bescheid vom 12. März 2003 (StNr. …) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2003 (Rechtsbehelfslisten-Nr. …) aufzuheben sowie
  2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Bekl beantragt

die Klage abzuweisen.

Er trägt zur Begründung unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung vor, ein Verzicht auf Landabfindung im Flurbereinigungsverfahren zu Gunsten der Teilungsmasse unterliege ebenso wenig der GrESt wie ein Verzicht zu Gunsten eines Dritten. Erst die später durchgeführte Landzuteilung an einen Dritten, hier an die Klin, sei steuerbar und steuerpflichtig, da die Befreiungsvorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a GrEStG nicht anwendbar sei. Denn dieser Vorgang diene nicht der Landabfindung, sondern enthalte einen zusätzlichen Erwerb von Land über die eingebrachten und dafür als Abfindung erlangten Grundstücksflächen hinaus. Die GrESt entstehe dabei im Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes.

Beide Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats gemäß § 79 a Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) und ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 FGO erklärt.

 

Entscheidun...

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