Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflichtigkeit von Destinatszahlungen ab dem Veranlagungszeitraum 2001

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 22 Nr. 1 EStG wurde durch das StSenkG geändert. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber ab Inkrafttreten der Änderung des § 22 EStG auch Zahlungen von nicht steuerbefreiten inländischen Stiftungen als wiederkehrende Bezüge beim Empfänger erfassen wollte.

2. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die erstmalige Anwendung des neu gefassten § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG zeitgleich mit der erstmaligen Anwendung des neuen Körperschaftsteuerrechts bei der Leistenden erfolgen.

3. Destinatszahlungen einer Stiftung sind vom Begünstigten somit erstmals ab dem Jahr 2001 nach § 22 Nr. 1 S. 2 HS. 2 a i.v.m. § 52 Abs. 38 EStG zu versteuern und unterliegen nach § 3 Nr. 40 i EStG dem Halbeinkünfteverfahren.

4. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG steht der Besteuerung nicht entgegen.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 2 HS. 2a, § 52 Abs. 38, § 3 Nr. 40i, § 20 Abs. 1 Nr. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.07.2010; Aktenzeichen X R 62/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen, die die Klägerin als Begünstigte von der …-Stiftung (S) erhalten hat (sog. „Destinatszahlungen”), bereits im Jahr 2001 (Streitjahr) oder erst ab dem Jahr 2002 (Folgejahr) steuerpflichtig sind.

S ist eine im Jahr 1970 errichtete, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts und wird im Inland zur Körperschaftsteuer veranlagt. Das Wirtschaftsjahr der Stiftung entspricht dem Kalenderjahr. Zweck der Stiftung ist nach § 3 der Satzung die Wahrung und Förderung gemeinsamer Interessen der Familie des – mittlerweile verstorbenen – Stifters, insbesondere die Verwaltung des Stiftungsvermögens mit dem Ziel, die satzungsmäßigen Leistungen an die Begünstigten (Destinatäre) zu gewährleisten. Zusätzliche Leistungen an die Familienangehörigen des Stifters sind zulässig und in einem Plan zu regeln (§ 3 Satz 3 bis 5 der Satzung). Das Stiftungsvermögen der S bestand zunächst aus dem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Stifters (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Erster Vorstand der S war der Stifter (§ 6 Abs. 1 der Satzung). Für die Aufstellung des Leistungsplans i.S. des § 3 bedurfte der Vorstand der Zustimmung eines Kuratoriums (§ 8 Abs. 2 Buchst. c der Satzung). Die Destinatäre der S sind in § 9 der Satzung festgelegt. Dort ist auch die Klägerin als Tochter des Stifters aufgeführt. Die Höhe der Destinate ist in § 9 nicht bestimmt. Nach dem Ableben des Stifters konnte an sich u.a. die Klägerin die Einräumung eines Nießbrauchs oder eines obligatorischen Gewinnbezugsrechts an Teilen des Stiftungsvermögens verlangen. Allerdings konnte der Stifter vorrangig Art und Umfang der Rechte der Familienangehörigen durch Ietztwillige Verfügung im einzelnen bestimmen (§ 9 Abs. 3 Unterabs. 2 der Satzung).

Bestimmungen i.S. des § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 der Satzung hat der Stifter getroffen. In seinem Testament vom 10. September 1987 nebst Nachträgen bestimmte er u.a., dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt seines Todes von S jährlich Destinatszahlungen sowie das Recht auf einen kostenlosen Urlaub auf (U) in (V) von 6 Wochen erhalten soll. Da die Klägerin im Streitjahr in V wohnte und das Hotel U von S verkauft worden war, erhielt die Klägerin im Jahr 2001 – wie schon seit 1992 – auf Vorschlag des Vorstands und mit Zustimmung des Kuratoriums anstelle des Urlaubs einen Zuschuss zum Haushaltsgeld.

Die Klägerin erklärte im Streitjahr in ihrer – von der Mutter der Klägerin unterschriebenen – Einkommensteuerklärung Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie privaten Veräußerungsgeschäften, die der Beklagte (das Finanzamt – FA –) im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 19. Februar 2003 erklärungsgemäß berücksichtigte. Die Festsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der AbgabenordnungAO –). Der Bescheid wurde in der Folgezeit mehrfach aus hier nicht streitigen Gründen geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei S wurde das FA mittels einer Kontrollmitteilung davon informiert, dass die Klägerin im Streitjahr von S die o.g. Zahlungen in – unstreitiger – Höhe erhalten habe.

Das FA vertrat in dem auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Einkommensteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2001 vom 15. September 2006 nach Abstimmung mit der Oberfinanzdirektion (OFD) (Verfügung vom xx.xx.xxxx) die Auffassung, die Zahlungen der S seien nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 52 Abs. 38 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG –) vom 23. Oktober 2000 (BGBI I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) ab dem Jahr 2001 steuerpflichtig und unterlägen gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG dem Halbeinkünfteverfahren. Für S komme ab d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge