Entscheidungsstichwort (Thema)

Bustransfer im Gemeinschaftsgebiet zu Kreuzfahrtreise in Drittland unterliegt der Margenbesteuerung. Einheitlichkeit der Reiseleistung. Vereinfachungsregeln nach Abschn. 273 Abs. 6 UStG u nd § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der im Gemeinschaftsgebiet bewirkte Bustransfer von Reisenden von ihrem Heimatort zum Hafen, dem Ausgangsort für eine im Drittland durchgeführte Kreuzfahrtreise, unterliegt – anders als die Schiffsreise – mit seinem im Gemeinschaftsgebiet bewirkten Streckenanteil der Margenbesteuerung nach § 25 Abs. 3 UStG und berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch dann, wenn wegen gleich hoher Aufwendungen von Unternehmer und Reisenden insoweit keine Marge entsteht.

2. Die Einheitlichkeit der Leistung hat im Rahmen der Besteuerung von Reiseleistungen nicht zur Folge, dass der Bustransfer das steuerliche Schicksal der steuerfreien Kreuzfahrt teilt, selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich dabei um Haupt- und Hilfsleistung handelt. § 25 UStG verdrängt in seinem Anwendungsbereich die allgemeinen Regeln zur Einheitlichkeit der Leistung, zum Leistungsort und zur Bemessungsgrundlage.

3. Die Klägerin kann sich für die steuerfreie Behandlung der Bustransfers nicht auf die Vereinfachungsregelung bei Schiffsreisen nach Abschn. 273 Abs. 6 UStR berufen. Danach kann der Reiseveranstalter von Kreuzfahrten mit Schiffen im Seeverkehr abweichend vom gesetzlichen Aufteilungsgebot von der Berücksichtigung des auf das Gemeinschaftsgebiet entfallenden Anteils der gesamten Beförderungsstrecke wegen Geringfügigkeit dieses Anteils absehen. Die Vereinfachungsregelung bezieht sich nur auf die Personenbeförderung mit Schiffen vom Hafen bis auf das offene Meer, nicht auch auf den Bustransfer.

4. Auch die Vereinfachungsregel in § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStDV für kurze Streckenanteile bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier-/Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen kommt der Klägerin nicht zugute. Die Vereinfachungsregelung gilt nicht für die Beförderung der Reisenden vom Heimatort zum inländischen Hafen

 

Normenkette

UStG §§ 25, 1 Abs. 2a; EWGRL 388/77 Art. 26

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.10.2011; Aktenzeichen XI R 18/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine von a A und dem zwischenzeitlich ausgeschiedenen Mitgesellschafter b B im Jahr 1993 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Das Reiseunternehmen hat sich insbesondere auf die Organisation von Kreuzfahrten für Chöre spezialisiert und hierfür Schiffe gechartert. Die Anreise zum jeweiligen Abfahrtshafen wurde von den Reiseteilnehmern entweder selbst organisiert oder der von der Klägerin angebotene Bustransfer genutzt. Teilweise wurde ein Reisekomplettpreis vereinbart, in dem der Transfer enthalten war. Für den Transfer zum Abfahrtshafen hat die Klägerin mit verschiedenen Busunternehmen zusammengearbeitet.

Nachdem die Klägerin für die Streitjahre zunächst keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben hatte, schätzte das damals noch zuständige Finanzamt O die Besteuerungsgrundlagen mit unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheiden vom 24. und 31. Oktober 2000. Im Februar 2001 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärungen 1997 bis 1999 ein, die sie im September 2001 für die Jahre 1998 und 1999 korrigierte. Darin erklärte sie folgende Umsätze und Vorsteuern (jeweils DM), von denen die steuerpflichtigen Umsätze auf den Bustransfer entfielen:

Steuerfreie Umsätze

Steuerpflichtige Umsätze

Umsatzsteuer

Vorsteuer

1997

10.245.766

120.142

18.021,30

17.108.93

1998

5.930.411

134.581

21.507,53

23.493,91

1999

2.686.779

58.152

9.304,32

23.226,70

Eine im März 2002 angeordnete Außenprüfung führte zu keinen umsatzsteuerlichen Abweichungen gegenüber den erklärten Umsätzen (Prüfungsbericht vom 4. November 2002, Tz. 4, Bl. 7 ff. d. Betriebsprüfungsakten). Der Prüfer führte aus, die von der Klägerin durchgeführten Kreuzfahrten seien Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG, von denen lediglich der Bustransfer zum Hafen als inländischer Teil der Beförderungsleistungen steuerpflichtig sei. Das Finanzamt O änderte daraufhin die geschätzten Umsatzsteuerfestsetzungen 1997 bis 1999 mit Bescheiden vom 30. Januar 2003 erklärungsgemäß ab und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Die Klägerin hat hiergegen Einspruch erhoben und vorgetragen, die bisherige umsatzsteuerliche Behandlung der Bustransfers müsse angesichts der neueren Rechtsprechung des BFH zum Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung geändert werden (vgl. BFH-Urteile vom 16. Januar 2003 V R 16/02, BStBl II 2003, 445 und vom 30. Januar 2003 V R 13/02, BFH/NV 2003, 618). Die Bustransfers zum jeweiligen Hafen seien lediglich Hilfsleistungen der als (steuerfreie) Hauptleistung organisierten Kreuzfahrten. Die Hilfsleistungen seien analog der Hauptleistung als steuerfrei zu beurteilen. Das ergebe sich auch aus A. 215 Abs. 2 UStR a.F. (A. 273 Abs. 4 UStR n.F.). Die Klägerin habe daher in den Umsatzsteu...

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