rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Leichtfertige Steuerverkürzung durch unterlassene Notaranzeige nach § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG. Notaranzeige keine Anzeige i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977. Gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gem. § 17 GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Prüft der Notar bei der Beurkundung der Anteilsübertragung grundstücksbesitzender Gesellschaften nicht die Grunderwerbsteuerpflicht des Vorgangs und unterlässt er daraufhin, dem FA den Vorgang anzuzeigen, verlängert sich die Frist für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer wegen der als leichtfertige Steuerverkürzung anzusehenden Pflichtverletzung des Notars.

2. Die nicht als Anzeige i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 anzusehende Anzeige eines Notars nach § 18 GrEStG löst nicht den Beginn der Frist für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer aus.

 

Normenkette

GrEStG § 18 Abs. 2 S. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 6; AO 1977 §§ 378, 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 169 Abs. 2 Sätze 2-3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Festsetzungsverjährung (FV) eingetreten ist.

Mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 9. Juli 1992 (Nr. … der Urkundenrolle für 1992) wurde u.a. Folgendes vereinbart:

„Vor mir, dem … Notar …, erschienen heute im Hause …:

  1. Herr …
  2. Herr … beide handelnd als jeweils alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkten Haftung in Firma … GmbH … und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … GmbH … – nachfolgend Verkäufer genannt –
  3. Herr …
  4. Herr …

Zu 3. und 4. handelnd als jeweils alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … mbH … – nachfolgend Käufer genannt – und erklären zu meinem Protokoll:

§ 1

Gesellschaftsverhältnisse

  1. Die Erschienenen zu 1. und 2. sind jeweils Inhaber eines Geschäftsanteils in Höhe von DM 25.000 des DM 50.000 betragenden Stammkapitals der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … GmbH (nachfolgend „NHV” genannt). Dasselbe gilt für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … GmbH (nachfolgend „NGV” genannt; NHF und NGV gemeinsam auch „Gesellschaften” genannt).
  2. Die Geschäftsanteile sind jeweils voll einbezahlt.
  3. Die Gesellschaft NHV hat Grundbesitz. Die Gesellschaft NGV hat keinen Grundbesitz.

§ 2

Übertragung der Gesellschaftsanteile

1. Die Erschienenen zu 1. und 2. verkaufen und übertragen hiermit die unter § 1 näher bezeichneten Geschäftsanteile mit allen damit verbundenen Gewinnbezugsrechten für das laufende Geschäftsjahr, welches am 1. Januar 1992 begonnen hat, und sonstigen Nebenrechten mit schuldrechtlicher Wirkung auf den 1. Januar 1992, 0.01 Uhr (Übergangsstichtag)…

§ 3

Kaufpreis

1. Der Kaufpreis beträgt für die Geschäftsanteile an den Firmen NHV und NGV

insgesamt DM …

§ 4

Garantien

A.

1 …

14. Als

Anlagenkonvolut 6

sind diesem Vertrag beglaubigte Kopien der Grundbuchauszüge für alle Grundstücke, die zu den Gesellschaften gehören, beigefügt.

Die Gesellschaften verfügen nicht über weiteren Grundbesitz.

Den Verkäufern sind weder Altlasten noch Kontaminierungen noch öffentlich-rechtliche Auseinandersetzungen in Bezug auf den in Anlagenkonvolut 6 aufgeführten Grundbesitz bekannt …”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des genannten Vertrags wird auf ihn Bezug genommen (Bl. 1–31 der in den Grunderwerbsteuer(GrESt)-Akten des Beklagten (Bekl) abgehefteten Vertragskopien mit Anlagen 4, 5 und 7).

Zu den Anlagen 1, 2, 3 und 6 ist auf Bl. 32 der GrESt- Akten des Bekl vermerkt:

„sind lediglich erläuternde Unterlagen über bekannte Handelsregister- und Grundbuchtatbestände, die der Urschrift beigefügt sind.”

Bei den im Anlagenkonvolut 6 angesprochenen Grundstücken handelt es sich um in … und … gelegene, teilweise überbaute Grundstücksflächen.

Nachdem das Finanzamt (FA) … von einem Betriebsprüfer des Bekl (Herr …) über den Vertrag informiert worden war (Bl. 35 der GrESt-Akten des Bekl), wurde ein Aktenvermerk (Bl. 36 der GrESt-Akten des Bekl) gefertigt, der u.a. folgenden Inhalt hat:

„Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten:

§ 170 (2) Nr. 1 AO gilt auch für die Anzeigepflicht nach § 18 bzw. 19 GrEStG

Vertrag v. 9.7.92 =

Beginn der Verjährung

31.12.92

+ 4 Jahre nicht angezeigt

31.12.96

4 Jahre Verjährung

31.12.2000

Tipke § 170 Tz. 2a”

Hinter der Jahreszahl „2000” findet sich mit Bleistift geschrieben der Vermerk: „31.12.99”.

Am 26. April 1999 richtete das FA … ein Schreiben (Bl. 38 der GrESt- Akten des Bekl) an den beurkundenden Notar … mit folgendem Inhalt:

„Sehr geehrter Herr … mit dem o.a. Vertrag veräußern die Herren … ihre sämtlichen Anteile an der Firma … (NHB) und Firma … (NVG) an die Firma … mbH.

Da die Firma NHG Grundbesitz hält, unterliegt der Erwerbsvorgang der Grunderwerbssteuer. Sie wären nach § 18 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz verpflichtet gewesen, diesen Vertrag dem – zuständigen – Finanzamt anz...

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