rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesonderte und einheitliche Feststellung der Grundlagen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Frage, ob bei den Hinterziehungszinsen eine gesonderte und einheitliche Feststellung geboten ist, ist unabhängig davon zu entscheiden, ob zuvor die betreffenden Einkünfte gesondert und einheitlich festzustellen waren und/oder festgestellt worden sind.

2. Ist zwischen Ehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben und ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Mitunternehmerschaft betreiben, streitig, ob die Voraussetzungen für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen vorliegen, ist ein Verzicht auf die gesonderte und einheitliche Feststellung der Grundlagen für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen wegen eines Falles von geringer Bedeutung i. S. des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen.

 

Normenkette

AO 1977 § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 239 Abs. 1 S. 1

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie streitig, ob über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen durch gesonderte und einheitliche Feststellung zu entscheiden ist.

Der Kläger ist verheiratet und betreibt mit seiner Ehefrau in Gütergemeinschaft einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft hieraus wurden für die Jahre 1984 bis 1988 nicht in gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheiden festgestellt, sondern in den Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheiden zugrundegelegt und dabei allein dem Kläger zugerechnet.

Unter dem 16. September 1994 (für 1984 bis 1987) und 12. Juli 1994 (für 1988) erließ das beklagte Finanzamt (FA) gegen den Kläger und seine Ehefrau nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) Änderungsbescheide, in denen die Einkommensteuer 1984 bis 1988 unter Erhöhung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft höher als in den ursprünglichen Bescheiden festgesetzt wurde. Da es der Auffassung ist, dass die bis dahin zu niedrige Steuerfestsetzung auf eine Steuerhinterziehung des Klägers zurückzuführen ist, setzte es mit Bescheid vom 15. Januar 1998 gegenüber dem Kläger Hinterziehungszinsen i.H.v. insgesamt 3.601,50 DM zur Einkommensteuer 1984 bis 1988 fest.

Mit dem Einspruch hiergegen machte der Kläger geltend, der zur Tatbestandserfüllung erforderliche Vorsatz liege nicht vor, darüber hinaus sei für das Jahr 1988 die Festsetzungsfrist nach § 239 Abs. 1 Nr. 3 AO abgelaufen. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 21. September 1999 zurück.

Mit der Klage macht der Kläger in erster Linie geltend, zwischen ihm und seiner Ehefrau bestehe aufgrund der Gütergemeinschaft eine Mitunternehmerschaft. Schuldner der Hinterziehungszinsen wären daher beide Eheleute. Der an ihn ergangene Zinsbescheid enthalte keinerlei Ausführungen dazu, aus welchem Grund er allein in Anspruch genommen werde.

Auf den richterlichen Hinweis vom 5. Juni 2000 hin führte das FA aus, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es der Auffassung, dass im Streitfall eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Grundlagen für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen nicht durchzuführen sei. Wenn bereits eine Feststellung der Einkünfte nicht erforderlich sei, könne eine Feststellung der von der Hinterziehung betroffenen Einkünfte erst recht unterbleiben. Diese Sachbehandlung erweise sich insbesondere als sachgerecht, weil der Kläger mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werde und die hinterzogenen Steuerbeträge daher in einem einzigen Rechenvorgang ermittelt werden könnten.

Dem hält der Kläger entgegen, im vorliegenden Fall sei eine Aufteilung gerade nicht erfolgt, vielmehr seien die Hinterziehungszinsen allein ihm zugerechnet worden.

Während des Klageverfahrens änderte das FA den angefochtenen Zinsbescheid mit Bescheid vom 17. März 2000, in dem es nunmehr nur noch Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer 1984 bis 1987 i.H.v. insgesamt 3.264 DM festsetzte. Hierauf stellte der Kläger rechtzeitig den Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

II.

Da der Kläger und seine Ehefrau den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, ist davon auszugehen, dass sie den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Mitunternehmerschaft betreiben. Ob daher die Einkünfte hieraus gesondert und einheitlich festzustellen sind bzw. waren oder ob dies wegen der geringen Bedeutung nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO unterbleiben konnte, kann offen bleiben. Denn jedenfalls sind die Voraussetzungen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen im Zusammenhang mit der Erzielung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert und einheitlich festzustellen.

Nach § 239 Abs. 1 Satz 1 AO sind auf die Zinsen die für die Steuer geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Dementsprechend sind bei Mitunternehmerschaften nicht nur die Einkünfte, sondern grundsätzlich auch die mit ihnen im Zusammenhang stehenden Hinterziehungszinsen bzw. deren Grundlagen gesond...

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