Leitsatz

Die Abgabe einer Steuererklärung ist auch dann kein Antrag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO, wenn sie zu einer Steuervergütung (§ 168 Satz 2 AO) führen soll.

 

Normenkette

§ 171 Abs. 3, § 169, § 168 Satz 2 AO

 

Sachverhalt

Am Tag des Ablaufs der regulären Festsetzungsfrist reichte die Klägerin eine Umsatzsteuerjahreserklärung ein, mit der sie eine Steuervergütung geltend machte. Das Finanzamt gewährte die Vergütung zunächst teilweise und nahm diese im Einspruchsverfahren aber nach angedrohter Verböserung zurück.

Die Klage zum Finanzgericht (FG Bremen, Urteil vom 6.3.2013, 2 K 110/12 [1], Haufe-Index 6609403, EFG 2014, 806) hatte keinen Erfolg. Die reguläre Festsetzungsfrist für das Streitjahr sei bereits am Tag der Abgabe der Jahreserklärung abgelaufen. Zuvor habe die Klägerin keinen Antrag nach § 171 Abs. 3 AO gestellt.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz.

 

Hinweis

1. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist die Abgabe einer Steuererklärung kein Antrag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO. Dies gilt auch, wenn die Steuererklärung zu einer Erstattung führen soll oder die Erklärung zusammen mit einem Begleitschreiben eingereicht wird.

2. Dies steht nicht im Widerspruch zum Unionsrecht.

a) Die MwStSystRL enthält zur Festsetzungsverjährung keine eigenständigen Regelungen, sodass insoweit die Regelungshoheit der Mitgliedstaaten fortbesteht.

b) Das nationale Recht verstößt nicht gegen allgemeine Rechtsgrundsätze des Unionsrechts.

aa) Es liegt kein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz vor.

Das nationale Recht gilt in gleicher Weise für Rechtsbehelfe, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt werden, wie für solche, für die es auf das innerstaatliche Recht ankommt. Dem Äquivalenzprinzip wird genügt, wenn z.B. für Steuerbescheide dieselben Änderungsmöglichkeiten zur Durchsetzung der sich aus dem nationalen Recht und dem Unionsrecht ergebenden Ansprüche bestehen.

bb) Das nationale Recht steht auch im Einklang mit dem Effektivitätsgrundsatz.

Die Festlegung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Unionsrecht vereinbar. Solche Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. So ist z.B. eine Ausschlussfrist von zwei Jahren nicht zu beanstanden.

c) Danach verstößt die im nationalen Recht gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO vorgesehene Festsetzungsfrist von vier Jahren nicht gegen das Unionsrecht. Eine erweiternde Auslegung von § 171 Abs. 3 AO ist zur Festlegung angemessener Ausschlussfristen nicht erforderlich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.8.2014 – V R 8/14

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