OFD Frankfurt, Verfügung v. 6.11.2007, S 2190 A - 25 - St 215
Zur Abschreibung von Musterhäusern der Fertighausindustrie bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:
Anlagevermögen
Musterhäuser gehören im Regelfall zum Anlagevermögen des Fertighausherstellers, weil sie dazu bestimmt sind, dem Betrieb auf Dauer zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB, R 6.1 EStR 2005, H 6.1 Musterhäuser EStH 2006). Denn sie haben den Zweck, mit ihrer Aufstellung und Besichtigung durch Kaufinteressenten für die Bestellung der angebotenen Haustypen zu werben und stehen im Gegensatz zum Umlaufvermögen nicht bereits mit der Herstellung, sondern erst nach einer gewissen Zeit, beispielsweise bei Änderung des modischen Geschmacks, zur Veräußerung bereit. In dieser Funktion dienen die Musterhäuser dem Unternehmen als notwendiges Betriebsmittel zur Auftragsbeschaffung und damit der Produktion selbst (BFH-Urteil vom 31.3.1977, BStBl 1977 II S. 684). Sie sind daher als Anlagevermögen in der Bilanz des jeweiligen Fertighausherstellers auszuweisen (§ 266 Abs. 2 HGB) und nach § 7 EStG abzuschreiben, da es sich um abnutzbare Wirtschaftsgüter handelt.
Gebäude, die nicht Wohnzwecken dienen
Musterhäuser sind Gebäude im Sinne des § 7 Abs. 4 EStG, denn sie erfüllen die hierfür geltenden Abgrenzungsmerkmale des Bewertungsrechts, die auch im Ertragsteuerrecht maßgebend sind (R 7.1 Abs. 5 EStR 2005). Dies gilt auch dann, wenn der Anschluss an die Versorgungsleitungen fehlt. Sie dienen, wie bereits ausgeführt, ausschließlich betrieblichen Zwecken (Werbung, Auftragsbeschaffung) und daher nicht zu Wohnzwecken.
Die Abschreibung von Musterhäusern ist daher nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG vorzunehmen, wenn der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist. § 52 Abs. 21b EStG ist zu beachten. Musterhäuser, für die der Bauantrag vor dem 1.4.1985 gestellt worden ist, sind nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuschreiben. Ist die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer als die den Prozentsätzen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zu Grunde liegenden Nutzungsdauern, so können nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG an die Stelle der Absetzungen nach Satz 1 die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden.
Kürzere tatsächliche Nutzungsdauer
In den hier zu beurteilenden Fällen kommt es darauf an, inwieweit der Ansatz einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG für das jeweilige Musterhaus gerechtfertigt ist. Dies kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles geprüft werden. Dabei sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 19.11.1997 (BStBl 1998 II S. 59) zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beweglicher Wirtschaftsgüter nach § 7 Abs. 1 EStG entsprechend anzuwenden. Danach ist unter Nutzungsdauer der Zeitraum zu verstehen, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden kann. Es kommt nicht darauf an, wie lange der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut tatsächlich in seinem Betrieb verwendet oder voraussichtlich verwenden wird. Maßgebend ist die objektive Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung.
Die im Schätzungswege zu ermittelnde Nutzungsdauer wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Hierzu gehören insbesondere der technische Verschleiß, die wirtschaftliche Abnutzung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer begrenzen können. Auszugehen ist hierbei von der technischen Nutzungsdauer. Das ist der Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer fallen in der Regel zusammen. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer ausnahmsweise kürzer als die technische Nutzungsdauer ist, kann sich der Steuerpflichtige hierauf berufen. Wirtschaftsgüter nutzen sich wirtschaftlich ab, wenn sie, unabhängig vom materiellen Verschleiß, erfahrungsgemäß wirtschaftlich zur Erzielung von Einkünften nur zeitlich beschränkt verwendbar sind. Dies setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut nicht nur auf Grund des technischen Verschleißes, sondern auch aus anderen Gründen erheblich an Wert verliert. Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer kann nur dann berücksichtigt werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzbarkeit objektiv wirtschaftlich verbraucht ist. Dies ist anzunehmen, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen, auch anderweitigen Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist.
Ausgehend hiervon ist der Ansatz einer generell verkürzten Nutzungsdauer bedenklich. Hierfür spricht insbesondere die Tatsache, dass aus Verkäufen der Musterhäuser nach Ablauf ihrer Ausstellungszeit noch erhebliche Veräußerungserlöse erzielt werden können, die unter Umständen die ursprünglichen Herstellungskosten übersteigen. Dies deutet darauf hin, dass die Musterhäuser auf Grund ihrer weiteren Nutzbarkeit durch andere für den jeweiligen Fertighaushersteller wirtschaftlich noch nicht verbraucht sind. Hohe Veräußerungserlöse können ein ...