Leitsatz

1. Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.

2. Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbständige betriebliche Einrichtungen darstellen können, räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen. Demgemäß kommt als eine solche erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z.B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) in Betracht.

3. Ein Arbeitnehmer, der auf einem Flughafen an wechselnden Kontrollstellen zur Durchführung von Sicherheitskontrollen eingesetzt wird, hat auf dem Flughafengelände seine erste (großräumige) Tätigkeitsstätte.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 4, Abs. 4a, Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als Luftsicherheitskontrollkraft bei der Firma X GmbH beschäftigt. Die X GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der FX GmbH, die den Flughafen X betreibt. Die X GmbH führt im Bereich des Flughafens X im Auftrag der FX GmbH Sicherheitskontrollen durch. Der Kläger wurde im Streitjahr nach einem Dienstplan an täglich wechselnden Einsatzorten ohne festes Schema auf dem Flughafen X eingesetzt. Er machte im Streitjahr (2014) Fahrtkosten zwischen Wohnung und den Einsatzstellen sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen geltend.

Das FA berücksichtigte die geltend gemachten Fahrtkosten jedoch lediglich i.H.d. Entfernungspauschale. Mehraufwendungen für Verpflegung setzte es nicht an. Der Kläger sei nicht auswärts tätig, sondern einer ersten Tätigkeitsstätte, dem Flughafen X, zugeordnet. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG München, Urteil vom 9.2.2017, 11 K 2508/16, Haufe-Index 10984872, EFG 2017, 1427).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 EStG, ist zu deren Abgeltung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG).

2. Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist gemäß § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale nach Maßgabe des Satzes 3 anzusetzen.

3. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG definierte Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" tritt ab dem VZ 2014 an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der "regelmäßigen Arbeitsstätte".

a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.

Infrastrukturell erschlossenes "Gebiet" als erste Tätigkeitsstätte

Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbstständige betriebliche Einrichtungen darstellen können (z.B. Werkstätten und Werkshallen, Bürogebäude und -etagen sowie Verkaufs- und andere Wirtschaftsbauten), räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des ­Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen. Demgemäß kommt als eine solche erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z.B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) in Betracht.

b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Fest...

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