Leitsatz

Die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers (sog. Legen eines Hausanschlusses) durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt fällt auch dann unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG und ist deshalb mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern, wenn die Anschlussleistung nicht an den späteren Wasserbezieher, sondern an einen Bauunternehmer oder Bauträger erbracht wird.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der 6. EG-RL i.V.m. Anhang H Kategorie 2

 

Sachverhalt

Ein kommunales Wasserversorgungsunternehmen übernahm neben der Wasserlieferung auch gegen Baukostenzuschüsse und Anschlussbeiträge das Legen der Hausanschlüsse und beanspruchte den ermäßigten Steuersatz auch, soweit sie den Hausanschluss für Bauträger errichtet hatte.

FA und FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2006, 1 K 975/03 U, Haufe-Index 1512046, EFG 2006, 938) waren anderer Auffassung, weil der Anschluss nicht an die späteren Empfänger der Wasserlieferung geleistet worden war.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Grundsätzen auf.

 

Hinweis

1. Die Finanzverwaltung hatte ursprünglich (BMF, Schreiben vom 27.12.1983, Tz. 92, BStBl I 1983, 567, 581) das Legen eines Hausanschlusses noch als Nebenleistung zur Wasserlieferung (Voraussetzung: Identität des Leistungsempfängers), später allerdings (BMF, Schreiben vom 04.07.2000, BStBl I 2000, 1185) als eigenständige Leistung beurteilt. Beides ist durch die neue Rechtsprechung des BFH im Anschluss an eine Vorabentscheidung des EuGH überholt.

2. Gemeinschaftsrechtlich zulässig ist eine nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der 6. EG-RL Steuerermäßigung für die "Lieferungen von Wasser". Diesen Begriff hat der EuGH-Urteil im Urteil vom 03.04.2008, Rs. C-442/05, "Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien" (BFH/NV Beilage 2008, 212,BFH-PR 2008, 318) ausgelegt und entschieden, er "umfasse auch das Legen eines Hausanschlusses" (Verlegung einer Leitung, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks herstellt). Ob das Legen eines Hausanschlusses als Nebenleistung zur Wasserlieferung anzusehen ist, konnte, da es um die Auslegung des Tatbestandsmerkmals für die (gemeinschaftsrechtlich zulässige) Steuerermäßigung "Lieferungen von Wasser" ging, keine Rolle spielen.

3. Das UStG (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage Nr. 34) ermäßigt die "Lieferung von Wasser" und nimmt – lediglich – einzelne Aspekte wie Trinkwasser, Heilwasser und "Wasserdampf (aus Unterposition 2201 9000)" ausdrücklich aus.

Der Begriff "Lieferung von Wasser" war gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Der nationale Gesetzgeber hätte zwar aus dem Rahmen der gemeinschaftsrechtlich zulässigen Ermäßigung für "Lieferungen von Wasser" einzelne Aspekte ausnehmen können. Das hätte aber eine gesetzliche Regelung erfordert, wie der BFH bereits im Urteil vom 08.10.2008, V R 61/03 (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil in BFH-PR 2009, 102, BFH/NV 2009, 97) entschieden hat.

4. Umfasst danach die Steuerermäßigung alle Aspekte der "Lieferung von Wasser"einschließlich des Legens eines Hausanschlusses mit Ausnahme der ausdrücklichen Ausnahmen in Anhang 34 zu § 12 Nr. 2 UStG, ist sowohl die – isolierte – Wasserlieferung wie auch die – isolierte – Erstellung des Hausanschlusses steuerermäßigt. Da die Steuerermäßigung keine Anforderungen an den Leistenden aufstellt, kann es nicht von Bedeutung sein, ob der Wasseranschluss von einem kommunalen Wasserversorgungsunternehmen gelegt wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.10.2008 – V R 27/06

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