Rz. 26

Keine Ergänzungsbilanz ist zu erstellen, wenn die Anschaffungskosten für den Erwerb eines Gesellschaftsanteils mit den steuerlichen Buchwerten der von dem Geschäftsanteil repräsentierten Wirtschaftsgüter übereinstimmen oder wenn der Geschäftsanteil unentgeltlich übertragen wird (in letzterem Fall ist eine zwingende Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG einschlägig).

 

Rz. 27

Wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, ohne dass ein neuer Gesellschafter für diesen eintritt, kann es zwar ebenfalls zur Aufdeckung stiller Reserven kommen; allerdings werden in dem Fall keine Ergänzungsbilanzen gebildet.

Beim Austritt verliert der ausscheidende Gesellschafter seine dinglichen Rechte am Gesellschaftsvermögen und erhält einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch; der Geschäftsanteil des Austretenden erlischt und wächst den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu (sog. Anwachsung gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). Für die verbleibenden Gesellschafter liegt eine Anschaffung vor, deren Gegenstand die ideellen Anteile des Ausgeschiedenen an den einzelnen Wirtschaftsgütern sind.[1] Der austretende Gesellschafter erzielt einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG. Sofern der austretende Gesellschafter eine Abfindung aus Gesellschaftsmitteln erhält (bspw. Bar- oder Sachabfindung), so kann diese analog zum Fall in Rz. 10 entweder höher oder niedriger als der Buchwert des Kapitalkontos sein oder diesem entsprechen. Bei Über- oder Unterschreiten ist eine Aufstockung oder eine Abstockung der Buchwerte der Wirtschaftsgüter vorzunehmen,[2] um eine doppelte Besteuerung der stillen Reserven zu verhindern. Hierbei kann es auch zum Ansatz von bisher noch nicht bilanzierten Wirtschaftsgütern kommen.[3] Allerdings treffen die steuerlichen Auswirkungen aus der Aufstockung/Abstockung der Buchwerte Wirtschaftsgüter aller Gesellschafter, sodass die Wertanpassung in der Steuerbilanz der Gesellschaft vorzunehmen ist.

[1] Vgl. BFH, Urteil v. 12.12.1996, BStBl 1998 II S. 182.
[2] Vgl. BFH, Urteil v. 11.7.1973, BStBl 1974 II S. 51; Wacker, in Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 16 Rz. 482 m. w. N.
[3] Vgl. BFH, Urteil v. 28.9.1993, BStBl 1994 II S. 50; Wacker, in Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 16 Rz. 482.

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