Leitsatz

Wird eine vor Inkrafttreten des § 10 Nr. 2 Halbs. 2 KStG 1996 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 am 01.01.1999 steuerwirksam gebildete Rückstellung für Nachforderungszinsen auf KSt nach diesem Zeitpunkt aufgelöst, ist die daraus resultierende Gewinnerhöhung nicht steuerrechtlich zu neutralisieren.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG, § 249 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 HGB, § 10 Nr. 2 KStG 1996, § 233a AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, bildete in ihrer Bilanz zum 31.12.1998 Rückstellungen (u.a.) für zu erwartende Nachzahlungsverpflichtungen und Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) auf KSt.

Im Streitjahr 1999 wurden die noch passivierten Rückstellungen auf Veranlassung des FA teilweise gewinnerhöhend aufgelöst. Hinsichtlich der KSt-Nachzahlungen zog das FA den Auflösungsbetrag außerbilanziell vom zu versteuernden Gewinn ab.

Die Klägerin machte geltend, die Auflösung der Rückstellungen habe hinsichtlich der KSt-Nachzahlungszinsen erfolgsneutral zu erfolgen, weil diese Zinsen gem. § 10 Nr. 2 Halbs. 2, § 54 Abs. 1 KStG 1996 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 ab dem VZ 1999 zu den nicht abziehbaren Betriebsausgaben gehörten.

Das FG hat die anschließende Klage abgewiesen (FG Hamburg, Urteil vom 09.07.2007, 2 K 175/06, Haufe-Index 1799394).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Urteil des FG durch Beschluss gem. § 126a FGO, also einvernehmlich. Auch wenn § 10 Nr. 2 KStG den steuerlichen Abzug von Nachzahlungszinsen auf KSt mittlerweile ausschließe, so schlage dies doch nicht auf die steuerlichen Wirkungen jener Rückstellung durch, welche die Klägerin in vorangegangenen – ohne jenen Abzugsausschluss – VZ erfolgswirksam für die Zinsen gebildet habe. Die Rückstellung müsse also trotz des zwischenzeitlich wirkenden Abzugsausschlusses erfolgswirksam aufgelöst werden.

 

Hinweis

Das Urteil betrifft ein Übergangsproblem zur Anwendung des steuerlichen Abzugsverbots für Nachforderungszinsen auf KSt gem. § 10 Nr. 2 Halbs. 2 KStG 1996 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002, das erstmals im VZ 1998 galt.

1. Wird erfolgswirksam eine Verbindlichkeitsrückstellung (hier für Nachforderungszinsen auf KSt gem. § 233a AO)gebildet und schafft der Gesetzgeber sodann für die nachfolgenden VZ ein Abzugsverbot für jene Verbindlichkeit, dann fragt sich, ob dieses Abzugsverbot auch auf die spätere Auflösung jener Rückstellung durchschlägt. Bejaht man das, so bliebe die Rückstellungsauflösung erfolgsneutral. Der BFH bekennt sich indes zu einer Korrespondenz zwischen seinerzeitiger und jetziger Erfolgswirksamkeit von Rückstellungsbildung und Rückstellungsauflösung.

2. Der BFH grenzt dazu ab:

Die Erstattung zuviel entrichteter Steuern und sonstiger Leistungen, die nach § 10 Nr. 2 KStG 1996 zu den nicht abziehbaren Aufwendungen gehören, darf die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht erhöhen und folglich ist der Erstattungsbetrag außerbilanziell vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen (vgl. BFH, Beschlüsse vom 20.11.2007, I R 54/05, BFH/NV 2008, 617; vom 15.07.2008, I B 16/08, BFH/NV 2008, 1771, BFH/PR 2008, 469). Der Grund für diese sich nicht unmittelbar aus § 10 Nr. 2 KStG 1996 ergebende Folge liegt im Sinn und Zweck der Vorschrift: Grundlage der Erstattung ist dasselbe öffentlich-rechtliche Verhältnis, das der Zahlung zugrunde lag; die Erstattung ist der actus contrarius der Zahlung. Ein Ergebnis, nach dem der zuviel entrichtete Betrag nochmals der KSt unterliegt, obwohl die Zahlung nicht abziehbar war, kann vom Gesetz nicht gewollt sein (vgl auch R 48 Abs. 2 S. 3 KStR).

Vergleichbare Erwägungen können im Bereich der Auflösung von Rückstellungen für nicht abziehbare Aufwendungen dazu führen, dass die Auflösung ergebnisneutral erfolgen muss. Ein Anlass hierfür besteht indes nur dann, wenn sich schon die Bildung der Rückstellung steuerlich nicht ausgewirkt hat. Denn nur in diesem Fall wäre die ergebnisneutrale Auflösung der actus contrarius zur ergebnisneutralen Rückstellungsbildung. Anders liegt es aber, wenn Erfolgswirksamkeit auf Erfolgswirksamkeit trifft.

3. Die Reichweite der Entscheidung ist auf den beschriebenen Sonderfall der Rückstellungsbildung und -auflösung in dessen Regelungskontext zu beschränken. Keineswegs nimmt der BFH ein durchgängiges steuerliches Korrespondenzprinzip dergestalt an, dass einer erfolgswirksamen Minderungsposition zwingend eine zeitversetzte, ebenfalls erfolgswirksame Erhöhungsposition nachfolgen müsste. So wirkt beispielsweise § 8b Abs. 3 S. 4 KStG, der die Steuerbefreiung von Wertaufstockungen gem. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG zurücknimmt, wenn dieser eine steuerwirksame Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG vorangegangen ist (s. dazu zuletzt BFH, Urteil vom 19.08.2009, I R 2/09, BFH/NV 2010, 115, BFH/PR 2010, 56; s. auch ähnlich BFH, Urteil vom 19.08.2009, I R 1/09, BFH/NV 2010, 95, BFH/PR 2010, 44), konstitutiv; die Regelung bestätigt nicht lediglich ein ohnehin bestehendes Korrespondenzprinzip der wechselseitigen Erfolgswirksamkeit.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 16.12.2009 – I R 43/08

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