Rz. 37

Häufig wollen Eltern ihr Vermögen, insbesondere ihren Betrieb, mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge auf einen oder mehrere Abkömmlinge übertragen und dabei für sich einen ausreichenden Lebensunterhalt ausbedingen. Derartige Vereinbarungen werden Übergabeverträge[1] genannt. Die Besonderheit dieser Übergabeverträge besteht darin, dass der folgenden Generation unter Vorwegnahme des Erbfalls das Nachrücken in eine die Existenz wenigstens teilweise begründende Wirtschaftseinheit ermöglicht wird und gleichzeitig die Versorgung des Übergebers aus dem übernommenen Vermögen zumindest zu einem Teil sichergestellt wird.[2] Die Besonderheit der Übergabeverträge besteht darin, dass nach dem Willen der Beteiligten der Übernehmer hierbei wenigstens teilweise eine unentgeltliche Zuwendung erhalten soll; damit stellt sich der Übergabevertrag auch als Schenkung dar.

[1] Siehe RG, Urteil v. 11.2.1913, VII 296/12, RGZ 81 S. 311; RG, Urteil v. 9.7.1927, V B 20/27, RGZ 118 siehe 17 (20). Vor allem in der Landwirtschaft sind derartige Übergabeverträge als Hofübergabeverträge in Anwendung.

4.2.1 Übertragung von Betriebsvermögen gegen Versorgungsleistungen

 

Rz. 38

Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung haben innerhalb der Familie eine große Bedeutung, da sie dem Bedürfnis des Schenkers, z. B. übertragender Unternehmer-Vater, nach finanzieller Absicherung entgegenkommen. Der Vermögensgegenstand, z. B. der Betrieb, wird übertragen, der Übertragende erhält laufende Bezüge und ist damit wirtschaftlich abgesichert. In der Praxis hat sich hier die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen herausgebildet. Versorgungsleistungen können private (außerbetriebliche) Versorgungsrenten oder betriebliche Versorgungsrenten sein.

Nach der BFH-Rechtsprechung[1] spricht bei Betriebsübertragungen zwischen nahen Angehörigen gegen wiederkehrende Leistungen, unabhängig vom Wert der übertragenen Vermögenswerte, eine widerlegbare Vermutung für eine private Versorgungsrente. In der Landwirtschaft spricht man von Hofübergabeverträgen; die zugesagten Versorgungsleistungen werden als Altenteil oder Leibgedinge bezeichnet. Betriebliche Versorgungsrenten sind nur in Ausnahmefällen anzunehmen.[2]

Ab dem VZ 2008 ist ein Sonderausgabenabzug von Versorgungsleistungen, die korrespondierend als sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1b EStG beim Empfänger erfasst werden, nur noch unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG möglich. Nur noch folgende Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen kommen in Betracht; es muss sich um die Übertragung handeln von

[3]

  • land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Gewerbebetrieben, Betrieben von Freiberuflern;
  • Anteilen an einer Personengesellschaft, die eine gewerbliche, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;
  • Anteilen an einer GmbH, wenn diese mindestens 50 % betragen, der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit fortführt.

Rechnungsmäßig sind vorstehende Vermögensübertragungen ohne Besonderheiten; es handelt sich um unentgeltliche Rechtsgeschäfte, da die Versorgungsleistungen nicht als Entgelt zu qualifizieren sind. Es werden die Buchwerte fortgeführt, d. h. stille Reserven werden nicht aufgedeckt. Damit wird durch die Versorgungsleistung auch kein neues AfA-Potenzial generiert. Für den Übernehmer entstehen durch die wiederkehrenden Bezüge abziehbare Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG), für den Übertragenden Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 EStG).[4]

Aus der Einschränkung durch § 10 Abs. 1a EStG folgt: Die Übertragung von Grundvermögen (vermietete und selbst genutzte Immobilien), Wertpapiervermögen, z. B. Anteile an Kapitalgesellschaften, und vermögensverwaltenden Personengesellschaften gegen Versorgungsleistungen stellt sich als entgeltliches Rechtsgeschäft dar. Dabei gilt der Kapitalwert der wiederkehrenden Leistungen als Entgelt. Bei den Eltern kann es zu steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäften kommen, die Kinder haben Anschaffungskosten, die abzuschreiben sind, wenn das übertragene Vermögen der Einkünfteerzielung dient. In diesen Fällen ist der Zinsanteil der wiederkehrenden Leistungen als Schuldzinsen bei den Kindern abziehbar und bei den Eltern als Kapitaleinkünfte steuerpflichtig.

Die andere Variante ist Übertragung gegen Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs:[5]

Dies ist eine Geltungsalternative zur Umsetzung einer zeitlich gestaffelten Betriebsübergabe. Es handelt sich "um die Spaltung eines Vermögensgegenstands in seine Substanz und ein Nutzungsrecht daran. Zivilrechtlich betrachtet erwirbt der Beschenkte das Eigentum, womit er gesellschaftsrechtlich Mitwirkungsrechte erhält; wirtschaftlich betrachtet verbleibt die Nutzungsmöglichkeit beim bisherigen Mitunternehmer, aus denen er Mitwirkungs- und Gesellschaftsrechte ableitet."[6]

Mit dem Vorbehaltsnießbrauch werden die Wünsche vieler Übergeber erfüllt, den Übertragungsgegenstand "wie bisher" zu verwalten und daraus Erträge zu gen...

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