Zusammenfassung

Entnahmen und Einlagen sind zwar klassische ertragsteuerliche Begriffe, führen aber nicht selten auch zu umsatzsteuerlichen Problemstellungen. Finden diese keine angemessene Beachtung, drohen durchaus nennenswerte Risiken bzw. finanzielle Nachteile. Der nachfolgende Beitrag geht wichtigen Zweifelsfragen nach, will Missverständnisse ausräumen und bestehende Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen, insbesondere beim sog. Entnahme-Verkaufsmodell.

1 Problematik

Im Zusammenhang mit Entnahmen und Einlagen im Umsatzsteuerrecht tauchen in der Praxis immer wieder ähnliche Fragen auf. Z. B., ob eine umsatzsteuerliche Zwangsentnahme vorliegt, wenn ein Gegenstand des Unternehmensvermögens nur noch geringfügig unternehmerisch genutzt wird, schließlich sieht § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG eine 10-%-Grenze vor. Vielfach besteht auch der "Irrglaube", dass die nachträgliche Einlage eines Gegenstands in das ertragsteuerliche Betriebsvermögen dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnet, zumindest einen anteiligen Vorsteuerabzug nachträglich geltend machen zu können. Dies ist zumindest nach derzeitiger Verwaltungsauffassung (noch) nicht möglich. Unternehmer wiegen sich teils in Sicherheit, wenn sie nach Ablauf des 10-jährigen Berichtigungszeitraums des § 15a UStG einen Gegenstand des Unternehmensvermögens entnehmen, weil sich der Vorsteuerabzug dann schon verbraucht habe und insofern keine Pflicht mehr zur Korrektur bzw. Anmeldung der Umsatzsteuer bestünde. Andererseits kann mit einer rechtzeitig gesteuerten Entnahme Umsatzsteuer gezielt und legal vermieden werden, wenn z. B. geplant ist, einen ohne Vorsteuerabzug angeschafften bzw. eingelegten Unternehmensgegenstand (insbesondere Pkw) alsbald zu veräußern. Allerdings sollten Unternehmer hierbei nicht allzu dreist vorgehen. Generell hat die Zuordnungsentscheidung bei Anschaffung eines Gegenstands nach wie vor enorme Bedeutung für dessen spätere Umsatzbesteuerung – auch und gerade im Hinblick auf private Nutzungen.

2 Gestaltungsempfehlungen

2.1 Keine Zwangsentnahme bei Unterschreiten der 10-%-Grenze

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt die Lieferung und auch der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Soll heißen: Der Unternehmer hat gar keine Möglichkeit, diesen Gegenstand seinem Unternehmen (ggf. auch nur anteilig) zuzuordnen und verliert damit das Recht auf den Vorsteuerabzug.

 
Praxis-Beispiel

Zwangsentnahme durch reduzierte unternehmerische Nutzung?

"Kleingewerbetreibender" Z erwirbt im Jahr 2018 einen neuen Pkw und beabsichtigt diesen zu 25 % für unternehmerische Fahrten zu verwenden. Er ordnet das Fahrzeug deshalb seinem Unternehmensvermögen zu. Im Jahr 2020 sinkt seine unternehmerische Nutzung unter die 10-%-Grenze.[1] Er fragt sich nun, ob er anstelle der bisherigen laufenden Versteuerung der Privatnutzung[2] nun einmalig eine Gegenstandsentnahme nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG umsatzversteuern muss.

Im Hinblick auf den Sofortabzug der Vorsteuer bei Anschaffung muss der Unternehmer über seine Zuordnungsbefugnis gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG direkt bei Anschaffung eines gemischt genutzten Gegenstands entscheiden.[3] Diese Zuordnungsentscheidung ist abschließend und dem Grunde nach dauerhaft bindend. Wird die 10-%-Grenze der Nutzung im Erstjahr in einem Folgejahr unterschritten, führt dies zu keiner "Zwangsentnahme" des Gegenstands.[4] Im Beispielsfall ist daher trotz des Unterschreitens der 10-%-Grenze im Jahr 2020 nach wie vor die laufende Privatnutzung als unentgeltliche Wertabgabe i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu versteuern, es kommt also nicht zu einer (einmaligen) Entnahme des Pkw. Dies gilt auch für das Ertragsteuerrecht.[5]

 
Praxis-Tipp

Zuordnungsentscheidung sollte nachvollziehbar und dokumentiert sein

Die unternehmerische Nutzung eines Pkw ist im Zeitpunkt der Anschaffung naturgemäß eine Prognoseentscheidung.[6] Lautet die Prognose "über 10 %" und wird dadurch die Zuordnung des Wagens zum Unternehmensvermögen erst ermöglicht, bleibt es dabei, auch wenn sich später herausstellt, dass bereits im Erwerbsjahr die 10-%-Grenze entgegen der Prognose gar nicht erreicht wurde. Die Zuordnungsentscheidung muss jedoch im Zweifel objektiv belegt und im guten Glauben erklärt werden.[7] Deshalb kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung nachträglich belegt haben möchte, dass im Zeitpunkt des Erwerbs tatsächlich objektive Anhaltspunkte für eine unternehmerische Nutzung des Wagens zu mindestens 10 % vorgelegen haben.[8] Die Zuordnungsentscheidung kann spätestens und mit endgültiger Wirkung noch in einer zeitnah erstellten Jahreserklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen dokumentiert werden, wenn frühere Anhaltspunkte für eine entsprechende Zuordnung fehlen. Dies erfordert eine Abgabe der Jahreserklärung bis zum 31.7. des Folgejahres.[9]

Ob diese starre Frist für die Zuordnungsentscheidung allerdings mit Unionsrecht vereinbar ist, hat der EuGH noch zu entscheiden, entsprechende Verfahren wurden bereits vom BFH vorgelegt.[10]

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