Leitsatz

Wenn der Steuerpflichtige bzw. sein Berater sich vor Ablauf der Feststellungsfrist telefonisch bei dem mit der Bearbeitung einer abgegebenen Feststellungserklärung beauftragten Bearbeiter der Betriebsnahen Veranlagungsstelle (BNV) nach dem Stand der Bearbeitung erkundigen, diese anmahnen und den Bearbeiter schriftlich zur Beschleunigung des BNV-Verfahrens auffordern, ist hierin gleichwohl kein verjährungshemmender Antrag i. S. d. § 171 Abs. 3 AO oder § 171 Abs. 3a AO zu sehen.

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging im Juni 2005 eine Feststellungserklärung für eine OHG für das Jahr 2000 nach vorangegangener Schätzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ein. Das Finanzamt beauftragte daraufhin seine Betriebsnahe Veranlagungsstelle (BNV) mit der Bearbeitung der Feststellungserklärung. Dabei handelte es sich nicht um eine Außenprüfung, sondern um Einzelermittlungen nach § 88 AO. In der Folge kam es mehrfach zum Austausch unterschiedlicher Auffassungen zwischen dem Beamten der BNV und dem steuerlichen Berater der OHG, ohne dass eine abschließende Veranlagung durchgeführt wurde. Mit an die BNV gerichtetem Schreiben vom September 2007 bat der damalige Berater darum, "zügig aktiv" zu werden und um "beschleunigte Bearbeitung des Vorgangs". Im Juli 2008 teilte der BNV-Bearbeiter dem steuerlichen Vertreter mit, dass eine Änderung wegen eingetretener Verjährung nicht mehr möglich sei und er die Angelegenheit als abgeschlossen betrachte.

Einen daraufhin gestellten Änderungsantrag lehnte das FA unter Hinweis auf die mit Ablauf des 31.12.2007 eingetretene Feststellungsverjährung ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren machten die Gesellschafter als Kläger geltend, die Feststellungsverjährung sei nicht eingetreten, da die Abgabe der Erklärung einen Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO darstelle. Der Steuerberater habe im Jahr 2006 zweimal telefonisch nach der Bearbeitung der Feststellungserklärung gefragt. Auch dies sei ebenfalls als Antrag nach § 171 Abs. 3 AO zu werten.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die eingelegte Klage als unbegründet zurück, da für das Jahr 2000 bereits Feststellungsverjährung eingetreten ist und die Voraussetzungen des § 171 Abs. 3 AO für eine Verjährungshemmung nicht vorliegen. Die Vorschrift erfasst alle - ausdrücklich oder konkludent - vorgetragenen Begehren/Bitten (an die Finanzbehörde) auf ein entsprechendes Verwaltungshandeln, d. h. auch auf Festsetzung einer Steuer oder Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Allerdings ist die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung kein Antrag i. S. von §§ 171 Abs. 3, 181 Abs. 1 AO. Denn damit kommt der Steuerpflichtige lediglich seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 149 AO nach, nicht aber will er die Behörde zu einer Amtshandlung, etwa einer Festsetzung oder Feststellung, veranlassen, zu der sie ohnehin verpflichtet wäre.

Auch soweit die Kläger ergänzend vortrugen, in den im Jahr 2006 erfolgten telefonischen Nachfragen seien Anträge i. S. d. § 171 Abs. 3 AO zu sehen, folgte das Finanzgericht dieser Auffassung nicht. Derartige Nachfragen stehen im sachlichen Zusammenhang mit der Abgabe der Erklärung und sind nicht anders zu bewerten, wie diese selbst. Ein eigenständiger Antrag i. S. d. § 171 Abs. 3 AO ist darin jedoch nicht zu sehen. Aus dem gleichen Grund ist auch das an die BNV gerichtete Schreiben vom September 2007, in dem der damalige Berater den Bearbeiter bat, das BNV-Verfahren zu beschleunigen, kein Antrag gemäß § 171 Abs. 3 AO.

 

Hinweis

Die Revision hat das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der bisher höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Rechtsfrage, ob in der, nach der Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung, geäußerten Bitte um Bearbeitung, ein eigenständiger Antrag gemäß § 171 Abs. 3 AO zu sehen ist, zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 20.10.2015, 12 K 1733/11

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