Zusammenfassung

 
Begriff

Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrsteuer und steht den Ländern zu. Sie ist zur Zeit die wichtigste unabhängige Steuereinnahme der Länder und die einzige Steuer, bei der die Länder den Steuersatz selbst festlegen können.

Ihr unterliegen die im Gesetz als "Erwerbsvorgänge" bezeichneten Rechtsvorgänge, die eine Änderung der Zuordnung inländischer Grundstücke vom Veräußerer auf den Erwerber herbeiführen. Üblicherweise lässt sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs aus dem Kaufvertrag ableiten. Ergibt sich allerdings aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Rechtsgrundlage ist das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vom 26.2.1997[1], das zuletzt durch Art. 22 und 23 des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) v. 16.12.2022[2] geändert worden ist.

Zweifels- und Auslegungsfragen von allgemeiner Bedeutung werden insbesondere durch sog. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder geregelt, um eine einheitliche Anwendung des Grunderwerbsteuerrechts durch die Behörden der Finanzverwaltung sicherzustellen. Mit den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.9.2017[3] hat die Finanzverwaltung – unter Beachtung der langjährigen BFH-Rechtsprechung – ausführlich zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs (einheitliches Vertragswerk/einheitlicher Erwerbsgegenstand) Stellung genommen. Die Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder sind allerdings nur für die Finanzverwaltung, nicht jedoch für Steuerpflichtige und Gerichte bindend.

Letztlich ist für die Praxis auch die Rechtsprechung des für grunderwerbsteuerrechtliche Fragen zuständigen II. Senats des BFH von erheblicher Bedeutung.

[1] BGBl 1997 I S. 418, 1804.
[2] BGBl 2022 I S. 2294.
[3] BStBl 2017 I S. 1328.

1 Gegenstand des Erwerbsvorgangs

Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Dabei ist grunderwerbsteuerlich maßgebend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück nach dem Willen der Vertragsparteien erworben werden soll (Gegenstand des Erwerbsvorgangs). Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in (zukünftig) bebautem Zustand, werden in diesem Zusammenhang die Begriffe "einheitliches Vertragswerk" und "einheitlicher Erwerbsgegenstand" verwendet.

Ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in unbebautem oder (zukünftig) bebautem Zustand ist, richtet sich nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien. Haben diese das bebaute Grundstück zum Vertragsgegenstand gemacht, ist dieser Zustand der Besteuerung zugrunde zu legen, selbst wenn das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut ist.[2]

 
Wichtig

Umfang der Gegenleistung

Die Unterscheidung, ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein unbebautes oder bebautes Grundstück ist, hat entscheidende Bedeutung für die Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung.[3]

[1] Vgl. Gleich lautende Ländererlasse v. 20.9.2017, BStBl 2017 I S. 1328 Tz. 1 und 2.
[3] Vgl. unter Tz. 3.

2 Künftiger Grundstückszustand als Gegenstand des Erwerbsvorgangs

Die Frage, in welchem Zustand ein Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist, stellt sich vornehmlich, wenn getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über Bauleistungen geschlossen werden. Wird das Grundstück aufgrund zivilrechtlich verknüpfter Verträge (rechtlicher Zusammenhang)[1] oder durch – nach den besonderen grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen – als Einheit zu behandelnde Verträge (objektiv enger sachlicher Zusammenhang)[2] zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht, der vom tatsächlichen Zustand bei Abschluss des Kaufvertrags abweicht, kommen unter anderem folgende Fallkonstellationen in Betracht:[3]

 

Fallkonstellationen

Tatsächlicher Grundstückszustand Künftiger Grundstückszustand
unbebaut fertiggestellter Neubau
unbebaut

zum Teil fertiggestellter Neubau

(Fertigstellung durch Eigenleistungen des Erwerbers)
bebaut mit zum Teil fertiggestelltem Gebäude fertiggestellter Neubau
bebaut mit Altimmobilie

fertiggestellter Neubau

(Veräußerer übernimmt Abriss und Neubau)
bebaut, Sanierungsimmobilie

sanierte Immobilie

(Veräußerer übernimmt Sanierung)
bebaut, Sanierungsimmobilie

teilsanierte Immobilie

(Fertigstellung durch Eigenleistungen des Erwerbers)
[1] Nachfolgend unter Tz. 2.1.
[2] Nachfolgend unter Tz. 2.2 ff.

2.1 Rechtlicher Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb und Erbringung der Bauleistungen

Wenn die Vertragsparteien selbständige Vereinbarungen über die Verpflichtung zur Grundstücksübertragung und über die Erbringung von Bauleistungen treffen, dann ist für die Beurteilung entscheidend, ob sich aus den Gesamtumständen der Wille der Parteien ergibt, dass Gegenstand des Er...

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