Gleichlautende Ländererlasse, 20.9.2017, S 4521

Gleich lautende Erlasse

der obersten Finanzbehörden der Länder

zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs

(Einheitliches Vertragswerk/Einheitlicher Erwerbsgegenstand)
 
vom 20.9.2017
 

1 Allgemeines

Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Grunderwerbsteuerrechtlich ist maßgebend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück nach dem Willen der Vertragsparteien erworben werden soll (Gegenstand des Erwerbsvorgangs). Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in (zukünftig) bebautem Zustand, werden in diesem Zusammenhang die Begriffe „einheitliches Vertragswerk” und „einheitlicher Erwerbsgegenstand” verwendet.

 

2 Maßgeblichkeit der vertraglichen Vereinbarungen

Ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in unbebautem oder (zukünftig) bebautem Zustand ist, richtet sich nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben diese das bebaute Grundstück zum Vertragsgegenstand gemacht, ist dieser Zustand der Besteuerung zugrunde zu legen, selbst wenn das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut ist.

 

3 Künftiger Grundstückszustand als Gegenstand des Erwerbsvorgangs

 

3.1 Grundsätze

Die Frage, in welchem Zustand ein Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist, stellt sich, wenn getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über Bauleistungen abgeschlossen werden.

Solche Verträge können zivilrechtlich verknüpft sein (Tz. 3.3 – rechtlicher Zusammenhang) oder nach den besonderen grunderwerbsteuerrechtlichen Grundsätzen als Einheit zu behandeln sein (Tz. 3.4 – objektiv enger sachlicher Zusammenhang).

Wird das Grundstück in einem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht, der vom tatsächlichen Zustand bei Abschluss des Kaufvertrags abweicht, kommen unter anderem folgende Fallkonstellationen in Betracht.

Tatsächlicher Grundstückszustand Künftiger Grundstückszustand
unbebaut fertiggestellter Neubau
unbebaut teilfertiggestellter Neubau (Fertigstellung durch Eigenleistungen des Erwerbers)
bebaut mit teilfertiggestelltem Gebäude fertiggestellter Neubau
bebaut mit Altimmobilie fertiggestellter Neubau (Veräußerer übernimmt Abriss und Neubau)
bebaut, Sanierungsimmobilie sanierte Immobilie (Veräußerer übernimmt Sanierung)
bebaut, Sanierungsimmobilie teilsanierte Immobilie (Fertigstellung durch Eigenleistungen des Erwerbers)
 

3.2 Übersicht

Rechtlicher Zusammenhang (= zivilrechtliche Verknüpfung der Verträge) Objektiv enger sachlicher Zusammenhang (= tatsächliche Verknüpfung der Verträge)

Pflicht zur Grundstücksübereignung und Gebäudeerrichtung aufgrund eines Vertrags

oder

Ausdrückliche Bestandsverknüpfung mehrerer Verträge

oder

Vereinbarungen sind derart voneinander abhängig, dass sie miteinander „stehen und fallen”

Einheitliches Vertragsangebot

und

Bindung des Erwerbers an das „Ob” und „Wie” der Bebauung im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages
 

3.3 Rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Erbringung, der Bauleistungen

Treffen die Parteien selbständige Vereinbarungen über die Verpflichtung zur Grundstücksübertragung und über die Erbringung von Bauleistungen, ist für die Beurteilung entscheidend, ob sich aus den Gesamtumständen der Wille der Vertragsparteien ergibt, dass Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück sein soll. Indizien für einen dahingehenden Willen der Vertragsparteien sind beispielsweise

  • die Verknüpfung im Vertragstext,
  • die Zusammenfassung der Vereinbarungen in einer Urkunde oder
  • ein Gesamtpreis.

In einem solchen Fall ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück (BFH-Urteil vom 9.6.1970, II 39/65, BStBl 1970 II S. 749, sowie vom 13.4.1983, II R 53/81, BStBl 1983 II S. 606).

Liegen zwei oder mehrere Verträge vor, sind sie als Einheit zu werten, wenn sie ausdrücklich voneinander abhängig sind (BGH-Urteil vom 24.11.1983, VII ZR 34/83, NJW 1984 S. 869). Dies gilt auch ohne ausdrückliche Bestandsverknüpfung, wenn sie nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander „stehen und fallen” sollen.

Dabei reicht es aus, wenn nur eine der Vertragsparteien einen solchen Einheitswillen erkennen lässt und die andere Partei ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt (BGH-Urteil vom 24.11.1983, VII ZR 34/83, NJW 1984 S. 869). Ob die Vereinbarungen miteinander „stehen und fallen”, ist unter Berücksichtigung der Interessenslage der Vertragsparteien, ihrem Verhalten vor und bei Vertragsabschluss und dem tatsächlichen Geschehensablauf zu ermitteln (BFH-Urteile vom 13.8.2003, II R 52/01, BFH/NV 2004 S. 663, und vom 21.9.2005, II R 49/04, BStBl 2006 II S. 269).

Für eine Vertragsverknüpfung sprechen beispielsweise

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