Für viele Unternehmen ist die Einführung einer solchen digitalen Plattform ein komplexes und langfristiges Unterfangen. Aktuellbefinden sich viele Unternehmen im Zuge ihrer SAP S/4-Einführung im Begriff, eine solche digitale Plattform aufzubauen: Durch den in 2025 endenden Lebenszyklus von SAP R/3 und den Wechsel zu S/4 ist eine Modernisierung bestehender ERP-Landschaften möglich, welche z. B. die Standardisierung von transaktionalen Elementen wie der Kostenrechnung, dem Materialmanagement oder dem Vertriebsprozess umfasst. Ebenso werden Prozesse rund um die Unternehmenssteuerung neu aufgesetzt und stärker integriert. Dies wird als Gelegenheit genutzt, um sowohl auf transaktionaler Ebene, als auch auf Ebene der Unternehmenssteuerung E2E-Prozesse zu realisieren und systemisch durch entsprechende Werteflüsse innerhalb der neuen Plattform zu unterstützen.

Bei der Realisation der digitalen Plattform stehen mehrere grundsätzliche Vorgehen zur Auswahl, welche jeweils Vor- und Nachteile bieten und es erlauben, das Projekt auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens abzustimmen (vgl. Abb. 3):

  • Variante 1: Bei der schrittweisen Implementierung von der transaktionalen Ebene bis zur Steuerungsebene wird die Umsetzung der digitalen Plattform in zwei Phasen zerlegt:

    1. Im ersten Schritt erfolgt die Standardisierung von transaktionalen Prozessen und deren IT-Unterstützung zu einer "Plattform für transaktionale E2E-Exzellenz" (z. B. im Rahmen einer S/4-Einführung).
    2. Auf Basis der so harmonisierten Prozess- und IT-Welt wird im zweiten Schritt eine "Plattform für E2E-Performance-Management" aufgebaut, welche die Prozesse und technische Unterstützung der Steuerungsebene umfasst.
  • Im Ergebnis bilden beide Teilplattformen die vollständige "digitale E2E-Plattform". Bei diesem Vorgehen profitiert der Ausbau der Steuerungsebene in der zweiten Phase vom vorherigen Ordnen des transaktionalen "Unterbaus". Umgekehrt ist es jedoch nicht möglich, bei der Realisierung der transaktionalen Teilplattform auf Erfahrungen aus dem Entwurf von Steuerungsanwendungen zurückzugreifen. Deswegen müssen später auftretende Anforderungen an transaktionale Prozesse, Daten und Apps ggf. nachträglich umgesetzt werden. Speziell in Unternehmen mit heterogenen Prozessen und / oder komplexen Systemlandschaften ist die erste Phase in der Regel die maßgeblich zeit- und ressourcenintensivere, woraus bei diesem Ansatz ein Risiko entstehen kann.
  • Variante 2: Bei der schrittweise Implementierung von der Steuerungs- zur transaktionalen Ebene wird die Realisierungssequenz der beiden Teilplattformen umgekehrt. Im ersten Schritt werden Prozesse, Datenstrukturen und Apps der Steuerungsebene realisiert, bevor im zweiten Schritt die Integration der transaktionalen Ebene erfolgt. Diese Variante bietet gerade in heterogenen Prozess- und Systemlandschaften mehr Flexibilität und Geschwindigkeit. Auch bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, im Sinne einer Top-down-Datenintegration sukzessive die Integrationspotentiale auf detaillierter Ebene zu evaluieren, ehe mit der Umsetzung transaktionaler Prozesse begonnen wird. Allerdings sollten bei der Umsetzung der Steuerungsprozesse und -lösungen aufgrund von Handlungsdruck keine temporären Lösungen für transaktionale Aspekte aufgebaut werden, die in der zweiten Phase zurückgebaut werden müssen. Analog zum vorigen Ansatz ist es hier außerdem nicht möglich, Erfahrungen aus der Standardisierung der transaktionalen Ebene für die Realisierung der Steuerungsebene zu nutzen.
  • Variante 3: Die dritte Realisationsvariante sieht die gleichzeitige Implementierung von transaktionaler und Steuerungsebene vor. Auf diesem Weg wird die gesamte digitale E2E-Plattform in parallelen Teilprojekten umgesetzt. Der entscheidende Vorteil gegenüber den beiden anderen Ansätzen ist die stete Möglichkeit, Erkenntnisse auf der transaktionalen Ebene in die Realisation der Steuerungsebene einfließen zu lassen und vice versa. So ist es möglich, die entstehende Plattform optimal auf die Bedarfe der Organisation zuzuschneiden und nötige Nachbesserungen zu minimieren. Allerdings geht mit diesem Projektansatz bedingt durch die parallele Umsetzung beider Ebenen eine erhebliche Komplexität einher, wodurch ein nicht unerhebliches Risiko entsteht.

Abb. 3: Realisationsansätze der digitalen E2E-Plattform

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