Entscheidungsstichwort (Thema)

Freibeträge für ein bei der Mutter im Ausland lebendes Kind

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn für ein bei der Mutter in Mexiko lebendes Kind nicht der Kinder- und Haushaltsfreibetrag gewährt werden, sondern der Unterhaltsfreibetrag und der Ausbildungsfreibetrag jeweils gekürzt um ein Drittel.

2. In typisierender Weise davon auszugehen, nur bei im Inland lebenden Kindern entstünde regelmäßig zusätzlicher Aufwand für Besuche und damit den Besucherfreibetrag bei einem im Ausland lebenden Kind nicht zu gewähren, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1 S. 4, Abs. 1a, 2

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 27.11.1991; Aktenzeichen III B 538/90)

FG Baden-Württemberg (Urteil vom 27.06.1989; Aktenzeichen IV K 264/88)

 

Gründe

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.

1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dem Beschwerdeführer den Kinderfreibetrag und den Haushaltsfreibetrag nicht zu gewähren.

a) Statt des Kinderfreibetrags stand dem Beschwerdeführer der grundsätzlich in gleicher Höhe gewährte Unterhaltsfreibetrag gemäß § 33 a Abs. 2 EStG zu. Dieser bezweckt, wie der Kinderfreibetrag, die Sicherung des Familienexistenzminimums. Wenn § 33 a Abs. 2 EStG diese Funktion im Subsystem der Abzugstatbestände „außergewöhnliche Belastungen” verwirklicht, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; dieser Weg resultiert aus dem vom Gesetzgeber zulässigerweise angestrebten Ziel, in typisierender Form Unterhaltsaufwendungen für im Ausland lebende Kinder gemäß § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG zum Abzug nur in dem Umfang zuzulassen, wie sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates angemessen sind.

b) Der Haushaltsfreibetrag trägt der Sonderbelastung Alleinerziehender Rechnung; das Kind des Beschwerdeführers lebt bei der Mutter; für die Gewährung eines Haushaltsfreibetrags besteht verfassungsrechtlich mithin keine Veranlassung.

2. Die Höhe des Unterhaltsfreibetrags gemäß § 33 a Abs. 1 EStG ist im Zusammenhang mit dem gleichzeitig gewährten Ausbildungsfreibetrag gemäß § 33 a Abs. 2 EStG verfassungsrechtlich zu würdigen. Sie bilden die Abzugstatbestände, die in typisierender Weise den Unterhalts- und Ausbildungsaufwand für im Ausland lebende Kinder des Steuerpflichtigen abgelten sollen. Der Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 2.484 DM berücksichtigt zusammen mit dem Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2.400 DM kindesbedingten Aufwand eines Elternteils grundsätzlich in Höhe von 4.884 DM. Der Aufwand eines Elternteils erscheint damit nicht unangemessen berücksichtigt. Soweit diese Beträge um jeweils ein Drittel gekürzt werden, weil das Kind des Beschwerdeführers in Mexiko lebt, ist dies verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, denn die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hängt von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf ab. Diesen einzuschätzen ist Aufgabe des Gesetzgebers. Die Minderung rechtfertigt sich mit den im Vergleich zum Inland geringeren Lebenshaltungskosten in Mexiko. Anhaltspunkte dafür, daß die nach Lebenshaltungskosten typisierende Einteilung in Ländergruppen im Hinblick auf Mexiko unzutreffend ist, liegen nicht vor.

3. Schließlich begegnet auch die Entscheidung, den Besucherfreibetrag gemäß § 33 a Abs. 1 a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nicht als Abzugsbetrag einzutragen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber zur Schaffung eines solchen Abzugstatbestandes überhaupt verpflichtet war und dieser Aufwand schon mit den kindesbedingten Leistungen und Abzugstatbeständen abgegolten wurde. § 33 a Abs. 1 a EStG hatte indessen die Funktion, in typisierender Weise Mehraufwendungen abzugelten, die getrenntlebenden oder geschiedenen Elternteilen zur Pflege des Eltern-Kind-Verhältnisses, insbesondere für Besuche, entstehen. In typisierender Weise davon auszugehen, nur bei im Inland lebenden Kindern entstünde regelmäßig zusätzlicher Aufwand für Besuche, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

NJW 1993, 3318

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