Rz. 48

Des Weiteren kommt im Zusammenhang mit Bilanzierungsverstößen in Rechenwerken die Verwirklichung einiger Urkundsdelikte im Sinne der §§ 267 ff. StGB in Betracht.

 

Rz. 49

Voraussetzung für (fast) alle Tatbestände ist zunächst, dass es sich bei dem Tatobjekt um eine Urkunde handelt. Unter einer Urkunde versteht man im Strafrecht eine verkörperte (menschliche) Gedankenerklärung, die geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen und ihren Aussteller erkennen lässt.[1] Die vom Kaufmann unterzeichnete Bilanz kommt danach unzweifelhaft als Urkunde in Betracht.

 

Rz. 50

Wegen Urkundenfälschung macht sich nach § 267 Abs. 1 StGB strafbar, wer

  • vorsätzlich (bedingter Vorsatz genügt),
  • zur Täuschung im Rechtsverkehr (der Täter muss die Herbeiführung eines Irrtums des zu Täuschenden und dessen Veranlassung zu einem rechtlich erheblichen Verhalten zumindest als sichere Folge seines Verhaltens – im Sinne von dolus directus 2. Grades – voraussehen; Absicht ist hingegen nicht erforderlich),
  • eine unechte Urkunde herstellt (d. h. eine Urkunde hervorbringt, die den unrichtigen Anschein erweckt, von dem aus ihr erkennbaren Aussteller herzurühren (Identitätstäuschung); z. B. durch Fälschung des Bestätigungsvermerks und der Prüferunterschrift; nicht erfasst ist hingegen die inhaltlich unrichtige Urkunde, die so genannte schriftliche Lüge),
  • eine echte Urkunde verfälscht (die Verfälschung einer echten Urkunde erfordert die nachträgliche Veränderung des gedanklichen Inhalts einer Erklärung, sodass der Anschein erweckt wird, als habe der Aussteller die Erklärung von Anfang an so abgegeben;[2] auch der Aussteller der Urkunde selbst kann diese verfälschen, sobald er unbefugt handelt; beispielsweise kann der Kaufmann seine Handelsbücher ändern, solange er sie nicht in den Rechtsverkehr eingeführt oder solange ein anderer noch nicht ein rechtliches (§ 810 BGB) Interesse daran hat, das Handelsbuch unverändert einzusehen[3]; geprüfte und mit Bestätigungsvermerk versehene Jahresabschlüsse dürfen hingegen nicht mehr geändert werden) oder
  • eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht (d. h. der sinnlichen Wahrnehmung eines anderen zugänglich macht, z. B. eine verfälschte Handelsbilanz dem Abschlussprüfer vorlegt).
 

Rz. 51

Vollendet ist die Tat, sobald der Täter die Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr hergestellt, verfälscht oder gebraucht hat. Nicht erforderlich ist, dass die bezweckte Täuschung erreicht wird.[4] Der Versuch ist nach § 267 Abs. 2 StGB strafbar.

 

Rz. 52

Als Sanktion sieht § 267 StGB Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vor.

 

Rz. 53

Während § 267 StGB nur schriftlich fixierte Erklärungen erfasst, sanktioniert der Tatbestand des § 268 StGB die Fälschung technischer Aufzeichnungen. Die Manipulation eines durch eine Datenverarbeitungsanlage erstellten Abschlusses (die Eingabe falscher Ausgangsdaten – so genannte "täuschende Beschickung" – reicht jedoch nicht aus) kann daher unter Umständen zu einer Strafbarkeit nach § 268 StGB führen.

 

Rz. 54

Außerdem kommt unter Umständen eine Bestrafung wegen Urkundenunterdrückung nach § 274 StGB in Betracht, wenn z. B. Jahresabschlüsse in der Absicht, einem anderen einen Nachteil zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt werden.

[1] Fischer, Strafgesetzbuch, 66. Aufl. 2019, § 267 Rz. 2.
[2] Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, 29. Aufl. 2018, § 267 StGB Rz. 20.
[3] Fischer, Strafgesetzbuch, 66. Aufl. 2019, § 267 StGB Rz. 34.
[4] Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 267 StGB Rz. 94.

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