Leitsatz (amtlich)

a) Die im Senatsurteil v. 16.9.2002 (BGH v. 16.9.2002 - II ZR 284/01, BGHZ 152, 29 = BGHReport 2002, 1083 = GmbHR 2002, 1120 = AG 2002, 2003, 40) bestimmte Anrechnung der vom Aktionär auf der Grundlage des Gewinnabführungsvertrages empfangenen Ausgleichsleistungen (§ 304 AktG) auf die Abfindungszinsen (§ 305 Abs. 3 S. 3 AktG) ist nicht auf sonstige "Sonderdividenden" übertragbar, die nicht auf dem Unternehmensvertrag beruhen.

b) Die Körperschaftsteuer ist nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung durch das Körperschaftsteuergesetz 1977/1993, auch soweit sie auf Dividenden oder Ausgleichszahlungen (§ 304 AktG) zu entrichten ist (§ 27 KStG), keine Teilhabersteuer des Aktionärs, sondern eine der Kapitalgesellschaft als solcher auferlegte Steuer (Bestätigung von BGH, Urt. v. 30.1.1995 - II ZR 42/94, MDR 1995, 589 = GmbHR 1995, 294 = AG 1995, 229 = ZIP 1995, 462). Den Aktionären auf Ausgleichszahlungen erteilte Körperschaftsteuergutschriften sind bei späterer Wahl der Abfindung weder auf diese selbst noch auf die Abfindungszinsen anzurechnen.

 

Normenkette

AktG §§ 304-305; KStG 1977/1993 § 27

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg

LG Hamburg

 

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels - das Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen OLG Hamburg vom 29.1.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als i. H. v. 1.965,60 DM sowie hinsichtlich eines weiter gehenden Zinsanspruchs von 2 % über dem Basiszinssatz aus 7.228,80 DM v. 28.7.2000 bis 20.4.2001, von 3 % über dem Basiszinssatz aus 13.608 DM v. 7.7.2000 bis 20.4.2001 und von 5 % über dem Basiszinssatz aus 1.054,80 DM seit 21.4.2001 zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels und der Berufung der Beklagten - das Urteil des LG Hamburg, Kammer 11 für Handelssachen, vom 10.1.2001 weiter gehend teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird - unter Abweisung der Klage im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin 18.301,20 DM (= 9.357,25 Euro) nebst Zinsen

- aus 13.608 DM (= 6.957,66 EUR) i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz v. 28.7.2000 bis zum 20.4.2001 sowie weiteren 3 % über dem Basiszinssatz hieraus v. 7. bis 27.7.2000 und

- aus 1.406,64 DM (= 719,20 EUR) i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 21.4.2001

Zug um Zug gegen Übergabe von 24 Stück Aktien der P. K. I. AG, H., im Nennwert von jeweils 50 DM zu zahlen.

III. Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 5,5 % und der Beklagten zu 94,5 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 9 % und die Beklagte zu 91 % zu tragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin zu 4,5 % und der Beklagten zu 95,5 % auferlegt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin erwarb im Mai 2000 24 Aktien der P. K. I. AG (PKI) von der Erbengemeinschaft nach I. M., die ihr zugleich alle Rechte aus den Aktien abtrat. Die PKI schloss am 9./12.5.1989 mit der Beklagten (vormals: A. D. P. I. GmbH) als herrschendem Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. §§ 304 ff. AktG, der am 3.7.1999 in das Handelsregister der PKI eingetragen wurde. In dem Vertrag, der bereits für das ganze laufende Geschäftsjahr der PKI wirksam sein sollte (§ 8), war für außenstehende Aktionäre pro Aktie im Nennwert von 50 DM eine Ausgleichszahlung von 19,50 DM und eine Abfindung von 500 DM festgesetzt; durch Änderungsvertrag v. 7./9.5.1990 vereinbarten die Vertragsparteien u. a., dass von der im Ursprungsvertrag vorgesehenen Rückwirkung die Regelungen zum Beherrschungsverhältnis ausgenommen sein sollten. In dem auf Antrag der Erbengemeinschaft und anderer außenstehender Aktionäre der PKI durchgeführten Spruchverfahren setzte das LG Nürnberg-Fürth durch Beschl. v. 22.4.1999 - jeweils bezogen auf einen Aktiennennwert von 50 DM - die angemessene Barabfindung auf 567 DM zzgl. 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab 29.6.1989 und den angemessenen Ausgleich auf 19,80 DM für die Zeit v. 29.6.1989 bis 31.12.1993 sowie auf 21,70 DM ab dem 1.1.1994 fest; der Beschluss wurde nach Rücknahme der sofortigen Beschwerde der Beklagten im April 2000 rechtskräftig. Während der Dauer des Spruchverfahrens nahmen die Rechtsvorgänger der Klägerin für die Geschäftsjahre 1989 bis 1998 jeweils jährliche Ausgleichszahlungen von 19,50 DM pro Aktie entgegen; darüber hinaus erhielten sie im Jahre 1991 eine Sonderdividende von 72 DM je Aktie aus der Auflösung einer vor Abschluss des Unternehmensvertrages im Jahre 1989 gebildeten Gewinnrücklage. Nach Beendigung des Spruchverfahrens entschied sich die Klägerin zur Annahme des erhöhten Barabfindungsangebots und forderte die Beklagte mit Schreiben v. 12.5.2000 - unter Verrechnung von neun Ausgleichszahlungen über insgesamt 175,50 DM je Aktie - zur Zahlung einer Abfindung nebst Zinsen von 19.077,84 DM auf; gleichzeitig bat sie unter Fristsetzung bis zum 22.5.2000 um Benennung der Einlieferungsstelle für die Aktien. Diese Fristsetzung verlief ebenso wie eine weitere zum 5.6.2000 ergebnislos. Die Beklagte veröffentlichte im Bundesanzeiger Nr. 105 v. 6.6.2000 die Einzelheiten zur Abwicklung der Zahlungsansprüche nach Maßgabe des Spruchverfahrens; zugleich machte sie den außenstehenden Aktionären ein Abfindungsangebot von 528,84 DM je Aktie (Barabfindung 567 DM, Zinsen bis 27.7.2000: 414,85 DM; Abzüge für erhaltene Ausgleichszahlungen, Sonderausschüttung und Körperschaftsteuergutschriften: 453,01 DM) gegen Einreichung der Aktien bei einer Geschäftsstelle der D. Bank AG. Da die Klägerin über ihre Depotbank - ebenfalls die D. Bank - die zwischenzeitlich zur Einlösung aufgerufenen Gewinnanteilsscheine Nr. 19 und 20 zur Zahlung eingereicht hatte, wurden ihr noch im Juni 2000 je Aktie 12,50 DM als Nachzahlung für 9 Jahre und 21,70 DM als Ausgleichsleistung für 1999 gutgeschrieben. Unter dem 26.6.2000 verlangte die Klägerin von der D. Bank AG, die 24 Aktien zum Tausch anzunehmen bzw. einzureichen, dabei aber - unter Beifügung des Schreibens der Klägerin v. 12.5.2000 - festzuhalten, dass nicht etwa das im Bundesanzeiger bekannt gemachte Angebot, sondern dasjenige, zu welchem die Beklagte rechtskräftig gerichtlich verpflichtet worden sei, angenommen werde. Die D. Bank AG lehnte am 6.7.2000 die Entgegennahme der Aktien und Bearbeitung des klägerischen Begehrens mit dem Hinweis ab, dass sie zur Regulierung nur bei vorbehaltloser Annahme des Abfindungsangebots der Beklagten von 528,64 DM pro Aktie, nicht jedoch zur Entscheidung über weiter gehende Zahlungsansprüche außenstehender Aktionäre der PKI befugt sei. Auf das von der Bank weitergeleitete Anforderungsschreiben der Klägerin reagierte die Beklagte wiederum nicht.

Daraufhin hat die Klägerin mit der Klage Zahlung von 19.352,40 DM (Abfindung: 567 DM; Zinsen: 414,85 DM abzgl. Ausgleichszahlungen von 175,50 DM - jeweils pro Aktie) nebst 8 % Zinsen seit dem 5.6.2000 begehrt. Das LG hat der Klage nur i. H. v. 17.711,76 DM - ohne Zinsen -, Zug um Zug gegen Übergabe der 24 Aktien, stattgegeben; dabei hat es von der rechnerisch unstreitigen Restforderung der Klägerin i. H. v. 806,35 DM die Ausgleichszahlung für 1989 von 19,50 DM, die Nachzahlungen von 12,50 DM, den Ausgleich für 1999 von 21,70 DM und Gutschriften über Ausschüttungskörperschaftsteuer von 14,66 DM je Aktie abgesetzt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel die vollständige Klageabweisung erstrebt hat, hat die Klägerin die Differenz zu der um 234 DM (hälftiger Ausgleich 1989) verringerten ursprünglichen Klageforderung verlangt, die Klage sodann um ihr entstandene Kosten der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils und Depotgebühren i. H. v. insgesamt 984,58 DM erhöht sowie nunmehr 8 % Zinsen, mindestens jedoch 5 % über dem Basiszinssatz, aus 19.352,40 DM seit 5.6.2000 bis 20.4.2001 und aus 2.391,22 DM seit 20.4.2001 begehrt. Das Berufungsgericht (ZIP 2002, 754) hat in teilweiser Abänderung des Landgerichtsurteils der Klägerin insgesamt 16.335,60 DM nebst einem Teil der begehrten Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe der 24 Aktien zuerkannt, die erweiterte Klage hingegen abgewiesen und die weiter gehenden Rechtsmittel der Parteien zurückgewiesen; dabei hat es - anders als das LG - von der Klageforderung die Sonderdividende von 72 DM abgesetzt, eine Anrechnung der Körperschaftsteuergutschriften hingegen insgesamt verneint. Ferner hat das OLG für beide Parteien die Revision zugelassen, hinsichtlich der Klägerin hiervon jedoch die mit der Klageerweiterung geltend gemachten - teilurteilsfähigen - Erstattungsansprüche (insgesamt 984,58 DM) ausgenommen. Der Kläger verfolgt mit der Revision im Umfang ihrer Zulassung seinen zweitinstanzlichen Antrag weiter, während die Beklagte ihr Rechtsmittel in der Revisionsverhandlung auf die Nichtanrechnung der Körperschaftsteuergutschriften (insgesamt 3.643,44 DM) beschränkt hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg (s. unter I., III.), während das Rechtsmittel der Beklagten unbegründet ist (s. unter II.).

I. Revision der Klägerin (Hauptforderung)

Die Revision der Klägerin führt im Umfang der vom OLG zu Unrecht von der Klageforderung abgesetzten Sonderdividende i. H. v. insgesamt 1.728 DM (72 DM x 24 Aktien) sowie der (nicht anrechnungspflichtigen) Hälfte der Ausgleichs- und Ausgleichsergänzungszahlung für 1989 von insgesamt 237,60 DM [(9,75 DM + 0,15 DM) x 24 Aktien] zum weiter gehenden Erfolg der Klage und damit zur Erhöhung des Verurteilungsbetrages von 16.335,60 DM auf 18.301,20 DM; demgegenüber bleibt das Rechtsmittel wegen der Absetzung der weiteren Ausgleichsergänzungszahlung für die Geschäftsjahre 1989 bis 1998 von 12,35 DM sowie des Ausgleichs von 21,70 DM für 1999 - jeweils bezogen auf eine Aktie - mit der Maßgabe erfolglos, dass die Anrechnung dieser Leistungen, wie auch der unstreitigen Ausgleichsbeträge von 175,50 DM pro Aktie, - entgegen der Handhabung durch das Oberlandesgericht - nicht auf die Abfindung selbst, sondern auf die Abfindungszinsen zu erfolgen hat.

1. Sonderdividende

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Klägerin stehe die im Jahr 1991 ausgeschüttete Sonderdividende nicht mehr zu, weil durch ihre spätere Option für die Abfindung ein gesellschaftsrechtliches Rückabwicklungsverhältnis entstanden sei, auf Grund dessen der Aktionär gegenüber der Gesellschaft so zu stellen sei, als ob er schon bei Abschluss des Unternehmensvertrages ausgeschieden und der Abfindungsanspruch bereits damals entstanden wäre; in diesem Falle hätte er keinen Anspruch auf die jährlichen Ausgleichszahlungen und die Sonderdividende nach Wirksamwerden des Unternehmensvertrages gehabt. Auch die Sonderdividende sei danach auf die Barabfindung anzurechnen. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach der - durch Einfügung der Verzinsungspflicht für die Barabfindung in § 305 Abs. 3 S. 3 AktG (vgl. Art. 6 Nr. 8 UmwBerG 1994) nicht veränderten - Grundkonstellation der §§ 304, 305 AktG bestehen der Ausgleichsanspruch (§ 304 AktG) und das Recht, die Abfindung zu wählen (§ 305 AktG), zunächst nebeneinander. Der mit Wirksamwerden des Unternehmensvertrages entstehende Ausgleichsanspruch erlischt - für die Zukunft - erst dann, wenn Abfindung verlangt wird und die Aktien zum Tausch eingereicht werden, weil damit der Aktionär aus der (beherrschten) Gesellschaft ausscheidet. In einem solchen Fall ist für das vom OLG - im Anschluss an Stimpel (Stimpel, AG 1998, 259 [263]) vertretene - Konzept einer schuldrechtlichen rückwirkenden Rückabwicklung empfangener Ausgleichszahlungen und Sonderdividenden durch Behandlung als Abschlag oder Teilzahlung auf die Abfindung nach der derzeitigen Gesetzeslage kein Raum (vgl. BGH, Urt. v. 16.9.2002 - II ZR 284/01, BGHZ 152, 29 = BGHReport 2002, 1083 = GmbHR 2002, 1120 = AG 2003, 40 = ZIP 2002, 1892 [1894]).

b) Eine Verrechnung der Sonderdividende mit den Abfindungszinsen nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG - wie sie der Senat für die dem Aktionär bis zu seinem durch die Wahl der Abfindung bedingten Ausscheiden geleisteten Ausgleichszahlungen gem. § 304 AktG grundsätzlich angenommen hat - scheidet im vorliegenden Fall ebenfalls aus. Die vom Senat entwickelte Anrechnungspflicht auf die Abfindungszinsen betrifft nur die auf der Grundlage des Gewinnabführungsvertrages vom Aktionär empfangenen Ausgleichsleistungen des § 304 AktG. Sie ist nicht auf sonstige "Sonderdividenden" übertragbar, die nicht auf dem Unternehmensvertrag beruhen, der Grundlage für Ausgleich, Abfindung und Abfindungsverzinsung gem. §§ 304, 305 AktG ist. Die im vorliegenden Fall an alle Aktionäre der PKI - einschließlich der Beklagten als Hauptaktionärin - entsprechend ihrer Beteiligung im Jahre 1991 geleistete Sonderdividende beruht auf der Auflösung einer besonderen vorvertraglichen Gewinnrücklage, die gem. § 4 Abs. 5 des Unternehmensvertrages in Übereinstimmung mit der zwingenden Regelung des § 301 S. 2 AktG nicht zur Gewinnabführung herangezogen werden durfte. Sie konnte daher nur wie eine "reguläre" Dividende unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§§ 60 Abs. 1, 53 a AktG) an alle Aktionäre außerhalb des Regelungsbereichs des Unternehmensvertrages ausgeschüttet werden und fällt danach schon aus diesem Grunde nicht unter die besondere Kompensationspflicht des Ausgleichs nach § 304 AktG im Verhältnis zu den Abfindungszinsen gem. § 305 Abs. 3 S. 3 AktG.

2. Hälftige Ausgleichs- und Ausgleichsergänzungszahlung für 1989

Über den zwischen den Parteien mittlerweile unstreitigen Abzug des auf das zweite Halbjahr 1989 entfallenden Ausgleichs von der Klageforderung hinaus kommt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - eine (weiter gehende) Anrechnung auch des auf die erste Jahreshälfte 1989 entfallenden Anteils der Ausgleichszahlung i. H. v. 9,75 DM sowie des auf diesen Zeitraum entfallenden Teils der Ausgleichsergänzung von 0,15 DM auf die (höheren) Abfindungszinsen für dieses Geschäftsjahr nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall besteht nämlich die - vom OLG nicht bedachte - Besonderheit, dass die Vertragschließenden in § 8 des Ursprungsvertrages v. 9./12.5.1989 i. V. m. § 8 Abs. 1 des Änderungsvertrages v. 7./9.5.1990 zwar hinsichtlich der Gewinnabführung und damit auch des Beginns der Ausgleichsleistungspflicht in zulässiger Weise eine Rückwirkung auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahres 1989 vereinbart haben (vgl. zur zulässigen Rückwirkung der Ergebnisabführung: BGH v. 5.4.1993 - II ZR 238/91, BGHZ 122, 211 [223 f.] = MDR 1993, 745 = GmbHR 1993, 446 = AG 1993, 422), während für die Abfindungsverzinsung eine derartige Rückwirkung kraft Gesetzes (§ 305 Abs. 3 S. 2 AktG i. V. m. § 294 Abs. 2 AktG) ausgeschlossen ist. Für diesen Sonderfall des vertraglich vereinbarten früheren Beginns der Ausgleichsverpflichtung gegenüber dem gesetzlich festgelegten Zeitpunkt des Anfangs der Abfindungsverzinsung scheidet eine Verrechnung des bis dahin angefallenen anteiligen Ausgleichs mit den Zinsen aus, weil insoweit mangels zeitlicher Kongruenz beider Forderungen eine ungerechtfertigte "Überkompensation" durch Kumulation nebeneinander bestehender Ansprüche schon begrifflich nicht in Betracht kommt.

3. Anrechnung weiterer Ausgleichszahlungen

a) Demgegenüber hat das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht über die unstreitige Absetzung von 185,40 DM (175,50 DM + 9,75 DM + 0,15 DM) hinaus die weiteren umstrittenen Ausgleichszahlungen - restliche Ergänzungsleistungen von 12,35 DM für die Jahre 1990 bis 1998 sowie Ausgleich für 1999 i. H. v. 21,70 DM - für abzugsfähig erachtet; freilich ist die Verrechnung - wie die Klägerin zutreffend rügt - nicht mit der Abfindung selbst, sondern nach der Senatsrechtsprechung ausschließlich mit den Abfindungszinsen nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG für die jeweiligen Referenzzeiträume vorzunehmen (BGH, Urt. v. 16.9.2002 - II ZR 284/01, BGHZ 152, 29 = BGHReport 2002, 1083 = GmbHR 2002, 1120 = AG 2003, 40 = ZIP 2002, 1892 [1894]).

b) Sämtliche der vorgenannten Ausgleichszahlungen betreffen Zeiträume, für die "deckungsgleich" die vom Gesetzgeber vorrangig angeordnete Verzinsungspflicht gem. § 305 Abs. 3 S. 3 AktG für die Beklagte besteht. Das gilt insbesondere auch hinsichtlich der Differenznachzahlungen auf bereits früher fällig gewordene Ausgleichszahlungen und ebenso für den im Juni 2000 geleisteten Ausgleich für das Geschäftsjahr 1999, die die Klägerin noch als berechtigte Inhaberin der Aktien - zusätzlich ausgewiesen durch die von ihr zur Einlösung eingereichten entsprechenden Gewinnanteilsscheine - entgegengenommen hat. Da die von der Beklagten geschuldeten Abfindungszinsen für die jeweils entsprechenden Geschäftsjahreszeiträume in allen Fällen die empfangenen Ausgleichsleistungen übersteigen, ist die entsprechende Verrechnung nach den Grundsätzen des Senatsurteils v. 16.9.2002 (BGH, Urt. v. 16.9.2002 - II ZR 284/01, BGHZ 152, 29 = BGHReport 2002, 1083 = GmbHR 2002, 1120 = AG 2003, 40 = ZIP 2002, 1892 [1894]) vorzunehmen.

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Anrechnungspflicht nicht etwa von einem - vom herrschenden Unternehmen - zu führenden Nachweis einer konkreten "Überkompensation" mittels betriebswirtschaftlicher Vergleichsberechnung abhängig. Der Senat hat vielmehr - insoweit in Übereinstimmung mit der früheren obergerichtlichen Rechtsprechung und dem Schrifttum - betont, dass nach dem Gesetzeszweck der §§ 304, 305 AktG, den außenstehenden Aktionär gegen Verluste infolge von Unternehmensverträgen durch "angemessene" Kompensation zu entschädigen, generell eine Verpflichtung des anderen Vertragsteils, kumulativ Ausgleich und Abfindungszinsen leisten zu müssen, nicht gerechtfertigt wäre und dass der Gesetzgeber mit der Einfügung der Verzinsungsregelung eine derart unverhältnismäßige "Überkompensation" nicht beabsichtigt habe. Daran ist von Rechts wegen festzuhalten. Auch unter dem von der Revision der Klägerin hervorgehobenen Blickwinkel des Art. 14 Abs. 1 GG ist keine andere Bewertung des Verhältnisses zwischen Ausgleich und Abfindung veranlasst. Die außenstehenden Aktionäre werden für den Verlust ihrer Rechtsposition auf Grund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sowohl durch den Ausgleich gem. § 304 AktG als auch durch die Abfindung nach § 305 AktG - je für sich gesehen - im Prinzip "wirtschaftlich voll entschädigt" (BVerfG, Beschl. v. 27.4.1999 - 1 BvR 1613/94, AG 1999, 566 = ZIP 1999, 1436 [1440] - DAT/Altana; Beschl. v. 8.9.1999 - 1 BvR 301/89, AG 2000, 40 = ZIP 1999, 1804 [1806] - Hartmann & Braun, jew. unter Bezugnahme auf BGH v. 4.3.1998 - II ZB 5/97, BGHZ 138, 136 [139] = AG 1998, 286); denn der Ausgleich kompensiert die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung, und die Abfindung kompensiert die Aufgabe der Beteiligung an der Gesellschaft. Sofern außenstehende Aktionäre sich nicht entsprechend der Grundregelung der §§ 304, 305 AktG entweder sogleich für die Abfindung oder für das dauerhafte Verbleiben in der Gesellschaft gegen angemessenen Ausgleich entscheiden, sondern die gegebene Gesetzeslage dazu benutzen, zunächst Ausgleichszahlungen entgegenzunehmen und sich erst später nach Abschluss des Spruchverfahrens zur Option für die Barabfindung zu entschließen, bleibt durch die in der Senatsentscheidung v. 16.9.2002 (BGH, Urt. v. 16.9.2002 - II ZR 284/01, BGHZ 152, 29 = BGHReport 2002, 1083 = GmbHR 2002, 1120 = AG 2003, 40 = ZIP 2002, 1892 [1894]) vorgegebene Anrechnung der empfangenen Ausgleichszahlungen, die wirtschaftlich einer Verzinsung der vom Aktionär geleisteten Einlage entsprechen, auf die vom Gesetzgeber in erster Linie vorgeschriebene Verzinsung der Abfindung gem. § 305 Abs. 3 S. 3 AktG das verfassungsrechtlich vorgegebene Prinzip voller wirtschaftlicher Entschädigung gewahrt; soweit die Ausgleichszahlung - wie bei ertragsstarken Unternehmen - die Abfindungszinsen für entsprechende Referenzzeiträume übersteigt, darf der Aktionär sie sogar ohne Anrechnung behalten. Ob der außenstehende Aktionär je nach dem Zeitpunkt der in seine alleinige Entscheidung gestellten Ausübung der Option für die Abfindung unter bestimmten Konstellationen im Ergebnis unterschiedliche Erträge mit der als angemessen festgesetzten Abfindung erzielen kann, ist unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt voller wirtschaftlicher Entschädigung (Art. 14 GG) unerheblich, da das entschädigungspflichtige herrschende Unternehmen dem Anleger nicht die - ebenfalls von seiner persönlichen Entscheidung abhängige - bestmögliche wirtschaftliche Verwertung der Aktie gewährleisten muss.

II. Revision der Beklagten

1. Das Berufungsgericht hat - selbst auf der Basis seiner unzutreffenden Annahme der Entstehung eines gesellschaftsrechtlichen Rückabwicklungsverhältnisses durch die Option der Klägerin für die Abfindung - im Ergebnis mit Recht einen Abzug von der Klageforderung in Höhe der Körperschaftsteuergutschriften von insgesamt 3.643,44 DM (151,81 DM x 24 Aktien) unter Zugrundelegung der jüngeren Senatsrechtsprechung (BGH, Urt. v. 30.1.1995 - II ZR 42/94, MDR 1995, 589 = GmbHR 1995, 294 = AG 1995, 229 = ZIP 1995, 462 im Anschluss an BFH v. 9.2.1982 - VIII B 132/81, BFHE 135, 303 = GmbHR 1982, 139 = FR 1982, 308) abgelehnt.

Die Körperschaftsteuer ist nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung durch das KStG 1977/1993, auch soweit sie nach § 27 KStG auf ausgeschüttete Gewinne in Form von Dividenden oder - diesen auch steuerrechtlich gleichgestellt - Ausgleichszahlungen gem. § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zu entrichten ist, keine Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter (Teilhabersteuer), sondern eine der Kapitalgesellschaft als solcher auferlegte Steuer. Infolgedessen tilgt die Kapitalgesellschaft mit der Zahlung der Körperschaftsteuer ihre eigene Steuerschuld und nicht - wie etwa mit der Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer - diejenige des Gesellschafters bzw. Anteilseigners. Das Steuersystem beruht auf zwei völlig voneinander unabhängigen Rechtskreisen der einseitigen Körperschaftsteuerschuld der Kapitalgesellschaft und der getrennten Einkommensteuerminderung der Gesellschafter. Deshalb ist die anzurechnende oder zu vergütende Körperschaftsteuer auch zu keinem Zeitpunkt Teil des Dividenden- bzw. Ausgleichsanspruchs des Anteilseigners und daher grundsätzlich auch kein Vorteil, den die Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter gewährt, sondern ein Vorteil, den der Gesetzgeber des Steuerrechts dem Anteilsinhaber zur Eliminierung der steuerlichen Doppelbelastung eingeräumt hat. Diese in der Senatsentscheidung v. 30.1.1995 (BGH, Urt. v. 30.1.1995 - II ZR 42/94, MDR 1995, 589 = GmbHR 1995, 294 = AG 1995, 229 = ZIP 1995, 462) befürwortete streng rechtliche Beurteilung ("Separations"- Theorie) ist nicht auf den dort entschiedenen Fall zu beschränken, dass Gesellschafter der Kapitalgesellschaft eine Personenhandelsgesellschaft ist; für den "Normalfall", dass Dividendenbezieher bzw. Ausgleichsberechtigter eine natürliche Person ist, gelten diese Grundsätze erst recht. Soweit der Senat in einer früheren Entscheidung (BGH v. 28.6.1982 - II ZR 69/81, BGHZ 84, 303 [306] = MDR 1982, 992 = AG 1983, 188) nicht die gebotene rechtliche, sondern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise für angebracht erachtet hat, betraf dies einen besonders gelagerten, nicht verallgemeinerungsfähigen Sonderfall des seinerzeit geltenden Gemeinnützigkeitsrechts.

2. Ihr ursprünglich weiter gehendes Revisionsbegehren hat die Beklagte mit ihrem in der Revisionsverhandlung gestellten Antrag nicht mehr weiterverfolgt (§§ 566, 515 ZPO a. F.).

III. Weiter gehende Revision der Klägerin (Nebenforderungen)

1. Der Klägerin steht - wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat - gem. § 305 Abs. 3 S. 3 AktG ein Zinsanspruch i. H. v. 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die vollständige - nicht durch Verrechnung verminderte - Barabfindung i. H. v. 13.608 DM (567 DM x 24 Aktien) v. 28.7.2000 bis zum 20.4.2001, dem im Berufungsantrag selbst vorgegebenen Endzeitpunkt, zu. Diese "Grundverzinsung" der Barabfindung beginnt nicht bereits - wie von der Klägerin beantragt - schon ab 5.6.2000, weil unstreitig die Beklagte mit dem anerkannten Betrag von 414,85 DM die Abfindung bereits bis einschließlich 27.7.2000 mit 2 % über dem Basiszinssatz verzinst hat (vgl. § 247 BGB - Zinseszinsverbot).

2. Darüber hinaus steht der Klägerin jedoch - wie sie mit der Revision mit Recht geltend macht - gem. § 305 Abs. 3 S. 3 2. Hs. AktG i. V. m. § 288 Abs. 1 BGB ein weiter gehender Verzugszinsanspruch i. H. v. 3 % über dem Basiszinssatz auf die Abfindungsforderung von 13.608 DM ab 7.7.2000 bis zum 20.4.2001 zu. Zwar wird der Barabfindungsanspruch grundsätzlich erst dann fällig, wenn der Aktionär seine Aktien beim herrschenden Unternehmen oder bei der von diesem bezeichneten Stelle einreicht (Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 305 Rz. 8; Bilda in MünchKomm/AktG, § 305 Rz. 11 - jew. m. w. N.). Auf eine unterbliebene Einreichung der Aktien durch die Klägerin kann sich die Beklagte jedoch nicht berufen, da sie selbst treuwidrig die ihr insoweit obliegenden Mitwirkungspflichten verletzt und darüber hinaus eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, die ihrerseits geschuldete Abfindung nicht gemäß der bindenden Entscheidung im Spruchverfahren erbringen zu wollen, §§ 242, 162 BGB (vgl. zum Entfallen einer Vorleistungspflicht: BGH BGHZ 50, 175 [179]; v. 8.7.1983 - V ZR 53/82, BGHZ 88, 91 [96 f.] = MDR 1983, 922; v. 22.9.1983 - VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240 [247 f.] = MDR 1984, 135). Nachdem die Klägerin bereits das - im Spruchverfahren auf 567 DM pro Aktie erhöhte - Abfindungsangebot der Beklagten angenommen hatte, kam diese zunächst ihrer wiederholt von der Klägerin angemahnten Mitwirkungspflicht zur Benennung der Einlieferungsstelle für die Aktien nicht nach. Schließlich unterließ sie durch die - ihr gem. § 278 BGB zuzurechnende - Ablehnung der Einlieferungsbank v. 6.7.2000, die von der Klägerin verlangte Abwicklung zu den Bedingungen der Entscheidung im Spruchverfahren durchzuführen, erneut in treuwidriger Weise die ihr obliegende Mitwirkung bei der Einlieferung der Aktien. Zudem stellte sich diese Weigerung der Bank nach dem bisherigen Schweigen der Beklagten als ernsthafte Erfüllungsverweigerung dar; denn die Klägerin hatte zu Recht in ihrem Schreiben v. 26.6.2000 darauf hingewiesen, dass das veröffentlichte neue Angebot der Beklagten zur Zahlung von insgesamt nur 528,84 DM nicht den gesetzlichen Bedingungen entsprach, und zudem deutlich gemacht, dass die Aktien auf jeden Fall eingereicht werden sollten, auch wenn die Nachforderung des gesetzlich geschuldeten Mehrbetrages vorbehalten bleibe. Das Verlangen der Beklagten nach vorbehaltloser Annahme ihres nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden unzureichenden Angebots v. 6.6.2000 über 528,84 DM i. V. m. der Ablehnung jeglicher sonstigen Abwicklung war unstatthaft. Auf Grund ihres treuwidrigen Verhaltens ist die Beklagte nicht nur hinsichtlich der Entgegennahme der Aktien in Annahmeverzug (§§ 293, 298 BGB), sondern zugleich ab 7.7.2000 mit der von ihr geschuldeten Abfindung in Schuldnerverzug geraten.

Eine noch höhere Verzinsung bis zur beantragten Höhe von 8 % kann die Klägerin allerdings mangels substanziierter Darlegung eines entsprechenden Verzugsschadens nicht beanspruchen.

3. Für die Zeit ab 21.4.2001 stehen der Klägerin Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz nicht, wie beantragt, aus 2.391,22 DM, sondern nur aus einem Abfindungsbetrag von 1.406,64 DM zu (§§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB). Ein Zinsanspruch hinsichtlich des weiter gehenden Teilbetrages von 984,58 DM scheidet aus, weil die Klage insoweit - es handelt sich um die der zweitinstanzlichen Klageerhöhung zugrunde liegenden Forderungen - infolge der Beschränkung der Revisionszulassung bereits rechtskräftig abgewiesen ist.

 

Fundstellen

BGHZ 2004, 110

BB 2003, 1860

DB 2003, 2166

DStR 2003, 2082

DStZ 2004, 58

HFR 2004, 176

NWB 2003, 3272

BGHR 2003, 1217

NJW-RR 2003, 1541

NZG 2003, 1113

StuB 2004, 528

WM 2003, 1766

WuB 2003, 1035

ZIP 2003, 1600

AG 2003, 629

Konzern 2003, 693

LMK 2003, 231

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