Leitsatz (amtlich)

Der Werkvertrag mit einem gewerblichen Bauhandwerker ist nicht schon deshalb gem. § 134 BGB ungültig, weil der Unternehmer – unter Verletzung der Handwerksordnung – nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist.

 

Normenkette

BGB § 134; HdwO § 1

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 11.01.1983)

LG Duisburg

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 1983 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte beauftragte die Klägerin, die unter der Bezeichnung „H. Ma. Metallbau” ein entsprechendes Angebot abgegeben hatte, 1976 mit der Lieferung und Montage von Fenster- und Türelementen sowie mit der Erbringung anderer Metallarbeiten für den Bau eines Geschäftshauses in D.. Die Klägerin stellte über ihre Arbeiten verschiedene Rechnungen über insgesamt etwa 100.000,– DM aus.

Mit ihrer Klage fordert sie einen Restbetrag von 2.295,48 DM aus der Rechnung vom 18. Mai 1977 sowie 2.086,80 DM aus der Rechnung vom 27. September 1977.

Im Hinblick auf die zahlreichen Mängelrügen der Beklagten sind die Parteien in wechselseitigen Schreiben vom 1. Dezember 1978, 9. Januar 1979 und 26. Januar 1979 übereingekommen, daß über die von der Beklagten gerügten Mängel zunächst in einem Beweissicherungsverfahren ein Gutachten eingeholt werden, dann die Klägerin die Mängel beseitigen und danach die Beklagte den geforderten Restwerklohn zahlen solle. Nach Eingang des vom Landgericht angeforderten Gutachtens, in dem die Selbstkosten der Klägerin für die Beseitigung der von ihr zu vertretenden Mängel auf 5.110,– DM geschätzt worden sind, hat sich die Klägerin bereit erklärt, die Mängel zu beseitigen. Die Beklagte hat das dagegen abgelehnt und sich darauf berufen, daß sie berechtigt sei, die Mängel durch einen Dritten beseitigen zu lassen. Die im übrigen fachlich ungeeignete Klägerin habe nicht nur jahrelang keinerlei ernsthafte Anstrengungen gemacht, das Werk nachzubessern, sondern sie sei – wie sie, die Beklagte, erst 1979 erfahren habe – auch rechtlich dazu gar nicht in der Lage, da sie nicht Mitglied der Handwerkskammer, sondern lediglich Mitglied der Industrie- und Handelskammer sei. Damit fehle ihr aber die Befugnis, die hier anstehenden handwerklichen Arbeiten durchzuführen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 4.382,28 DM nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer – zugelassenen – Revision, die die Klägerin zurückzuweisen bittet, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht geht – rechtsfehlerfrei und auch von der Revision nicht beanstandet – davon aus, daß die Parteien mit der Ende 1978/Anfang 1979 geschlossenen Vereinbarung die Höhe der Restwerklohnforderung bindend festgelegt hätten.

Wie das Berufungsgericht weiter meint, sei die Forderung inzwischen auch fällig geworden. Die Parteien hätten nämlich die Fälligkeit allein daran geknüpft, daß die Klägerin die von einem Sachverständigen festzustellenden Mängel ihrer Leistung behebe. Diese Vereinbarung habe die Beklagte durch Schriftsatz vom 27. April 1979 nochmals ausdrücklich bestätigt. Zwar fehle es bis heute an der notwendigen Mängelbeseitigung. Daraus könne die Beklagte jedoch keine Rechte herleiten, da sie die wiederholt angebotenen Nachbesserungsarbeiten „konsequent abgelehnt und verhindert” habe. Daß die Klägerin bzw. ihr Ehemann als Betriebsleiter nicht in die Handwerksrolle eingetragen seien, erlaube der Beklagten nicht, sich von der getroffenen Abrede zu lösen.

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Sie ist zunächst der Ansicht, der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag sei gemäß § 134 BGB nichtig, da nur ein in die Handwerksrolle eingetragener Handwerksmeister die ausgeschriebene Leistung habe übernehmen dürfen. Nachdem sie von der fehlenden Eintragung der Klägerin erfahren habe, habe sie – die Beklagte – auch die Folgevereinbarung vom Dezember 1978/Januar 1979 anfechten können. Dies sei schlüssig dadurch geschehen, daß sie jede Nachbesserung durch die Klägerin zurückgewiesen habe.

Das geht schon deshalb fehl, weil bereits die von der Revision angenommene Voraussetzung für die Anfechtungserklärung (Nichtigkeit des Werkvertrages) nicht vorliegt. Mit dem Berufungsgericht ist nämlich davon auszugehen, daß die fehlende Eintragung der Klägerin in die Handwerksrolle auch dann ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der in Frage stehenden Verträge ist, wenn der Betrieb der Klägerin unter die Bestimmungen der Handwerksordnung fallen sollte. Dann dürfte sie zwar grundsätzlich keine handwerklichen Leistungen erbringen, weil weder sie noch ihr Ehemann über die zur Eintragung erforderliche Meisterprüfung oder eine entsprechende Ausnahmebewilligung (§§ 7 ff HandwO) verfügen. Gleichwohl aber würde ein – hier unterstellter – Verstoß gegen dieses gesetzliche Verbot nicht von sich aus zur Unwirksamkeit abweichender bürgerlich-rechtlicher Verträge führen.

a) Die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB nichtig sind, ist aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (vgl. BGHZ 53, 152, 156 f; 85, 39, 43 f; BGH NJW 1968, 2286; 1981, 1204, 1205; Urteil vom 14. November 1960 – VIII ZR 116/59 = LM BGB § 134 Nr. 34 = WM 1960, 1417, 1418). Selbst die Tatsache, daß eine Handlung unter Strafe gestellt oder als Ordnungswidrigkeit mit Buße bedroht ist (vgl. § 117 Abs. 1 Nr. 1 HandwO), bewirkt nicht unabweislich die Nichtigkeit des bürgerlich-rechtlichen Geschäfts. Das gilt vor allem dann, wenn das Verbot nur eine der vertragsschließenden Parteien – wie hier die Klägerin – betrifft; in der Regel ist ein solcher Vertrag gültig (BGHZ 46, 24, 26 m.w.N.; BGH NJW 1968, 2286; 1981, 1204, 1205).

In besonderen Fällen folgt die Nichtigkeit allerdings auch aus der Verletzung einseitiger Verbote, falls der Zweck des Gesetzes anders nicht zu erreichen ist und die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung nicht hingenommen werden kann (BGHZ 37, 258, 262 für einen Verstoß gegen das RBeratG; 53, 152, 157 für verbotene Heilmittelwerbung; 65, 368, 370; 78, 263, 265; 78, 269, 271; vgl. auch BGHZ 85, 39, 43 f). Eine solche Ausnahme liegt beispielsweise vor, wenn das Verbotsgesetz gerade dem Schutz des einzelnen Verbrauchers und damit auch des jeweiligen Vertragspartners dient (BGHZ 71, 358, 361; BGH NJW 1979, 2092). Handelt es sich dagegen um bloße Ordnungsvorschriften, die ein sonst unbedenkliches Rechtsgeschäft aus gewerbepolizeilichen oder ordnungspolitischen Gründen untersagen, so bleibt die Gültigkeit eines dem Verbot zuwider geschlossenen Vertrages unberührt (vgl. BGHZ 53, 152, 157; 71, 358, 361; 78, 269, 272; BGH NJW 1968, 2286 f; Urteil vom 21. April 1972 – V ZR 52/70 = WM 1972, 853, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 59, 1).

b) Der Bundesgerichtshof hat bisher nicht entschieden, welche zivilrechtliche Folgen ein Verstoß gegen § 1 HandwO nach sich zieht. Die – nur wenigen – Stellungnahmen in Rechtsprechung und Schrifttum verweisen auf die rein öffentlich-rechtliche Ordnungsfunktion dieser Bestimmung und bejahen deshalb einhellig die Wirksamkeit verbotswidriger Verträge (LG Köln, Betrieb 1969, 920; Ingenstau/Korbion, VOB, 9. Aufl., B § 4 Rdn. 17 a.E.; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 4. Aufl., Rdn. 747; Mayer-Maly in MünchKomm, BGB, § 134 Rdn. 92; Erman/Brox, BGB, 7. Aufl., § 134 Rdn. 32). Dem schließt sich der Senat im Hinblick auf den Zweck der Handwerksordnung an.

Der Gesetzgeber hat die Zulassung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks von dem Nachweis beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten abhängig gemacht, um im Interesse der gesamten Wirtschaft den hohen Leistungsstand und die Leistungsfähigkeit der Handwerkerschaft zu erhalten. Gleichzeitig wollte er die sachgerechte Ausbildung des Nachwuchses für das Handwerk wie auch für die übrige gewerbliche Wirtschaft sicherstellen. In der Einführung des Befähigungsnachweises und der Eintragung in die Handwerksrolle sah er ein geeignetes und notwendiges Mittel zur Erreichung dieses Ziels (BVerfGE 13, 97, 107 ff mit umfangreichen Hinweisen auf die Entstehungsgeschichte der Handwerksordnung; Siegert/Musielak, Das Recht des Handwerks 1966 – 1976, § 1 HandwO Rdn. 5). Dagegen kam es ihm nicht darauf an, Gefahren für die Gesamtheit oder den Einzelnen aus einer unsachgemäßen Berufsausübung abzuwenden. Maßgebend war vielmehr das Interesse an der Erhaltung und Förderung eines gesunden, leistungsfähigen Handwerkstandes als Ganzen (BVerfG aaO, 110). Dem kann mit berufsrechtlichen Maßnahmen oder öffentlich-rechtlichen Sanktionen hinreichend Rechnung getragen werden (§§ 16, 118 HandwO), ohne daß es erforderlich wäre, einem einzelnen, im Rahmen des verbotenen Handwerksbetriebes zustandegekommenen Rechtsgeschäft die zivilrechtliche Wirksamkeit zu versagen (vgl. BGHZ 78, 263, 266; BGH NJW 1981, 1204, 1205; OLG Düsseldorf, MDR 1972, 321). Für dieses Ergebnis spricht ferner, daß § 3 HandwO es gestattet, handwerkliche Heben- oder Hilfsleistungen durch ein andersartiges Hauptunternehmen zu erbringen und § 4 HandwO sogar für gewisse Zeit die Fortführung des Betriebs eines verstorbenen Handwerksmeisters durch seine beruflich nicht vorgebildeten Hinterbliebenen zuläßt.

Daraus folgt, daß auch der zwischen den Parteien geschlossene Bauwerkvertrag nicht gemäß § 134 BGB ungültig ist.

2. Gleichwohl meint die Revision, daß die Beklagte an die Abmachungen vom Dezember 1978/Januar 1979 nicht gebunden sei. Die Beklagte habe sich nämlich – so macht sie jetzt geltend – auch in einem Irrtum über den handwerksrechtlichen Status der Klägerin befunden und alsbald nach Aufdeckung der wahren Sachlage wirksam die Anfechtung erklärt.

Damit dringt die Revision ebenfalls nicht durch.

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beklagte durch ihr ablehnendes Verhalten auf das Nachbesserungsanerbieten der Klägerin überhaupt eine ordnungsgemäße Anfechtungserklärung im Sinne des § 143 BGB abgegeben hat. Dazu bedarf es zwar nicht des ausdrücklichen Gebrauchs des Wortes „anfechten”. Erforderlich ist aber stets eine Äußerung oder ein schlüssiges Handeln, aus dem für den Anfechtungsgegner unzweideutig hervorgeht, daß der Erklärende das Rechtsgeschäft gerade wegen des Willensmangels rückwirkend zu beseitigen wünscht (BGH Urteile vom 28. September 1954 – I ZR 180/52 = LM BGB § 119 Nr. 5 und vom 7. Oktober 1971 – VII ZR 177/69 = WM 1971, 41, jeweils m.w.N.).

Hier hat die Beklagte lediglich darauf verwiesen, daß ihr eine Nachbesserung durch die Klägerin aufgrund der umfangreichen Mängel und des fehlenden handwerklichen Befähigungsnachweises nicht zumutbar sei. Es spricht viel dafür, daß das die für eine Anfechtungserklärung erforderliche Klarheit vermissen läßt. Letztlich braucht der Senat auf diese Frage aber nicht näher einzugehen, da der Beklagten jedenfalls kein beachtlicher Anfechtungsgrund zur Seite steht.

b) In Betracht kommt allein eine Anfechtung gemäß § 119 Abs. 2 BGB, wonach als Irrtum über den Inhalt der Erklärung auch ein Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften der Person anzusehen ist.

Darunter fallen sowohl die natürlichen Persönlichkeitsmerkmale als auch solche tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzten Dauer nach den Anschauungen des Verkehrs Einfluß auf die Wertschätzung der Person in allen oder doch in gewissen Rechtsverhältnissen auszuüben pflegen (RGZ 99, 214; vgl. auch BGHZ 16, 54, 57; 34, 32, 41). Dazu kann – je nach Sachlage – durchaus auch die berufsrechtliche Qualifikation des Vertragspartners gehören, wie sie für eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich ist. Ob ein entsprechender Irrtum aber zur Anfechtung des Rechtsgeschäfts berechtigt, ist von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig.

Abgestellt werden muß insoweit auf das angefochtene Geschäft und seine Zielsetzung (BGH Urteil vom 22. Dezember 1959 – VIII ZR 172/58 = BB 1960, 152; Erman/Brox, BGB, 7. Aufl., § 119 Rdn. 43). Soll der Begriff des Eigenschaftsirrtums nicht zu sehr verflachen und eine unerträgliche Rechtsunsicherheit hervorrufen (vgl. RGZ 90, 342, 343/344), so dürfen als verkehrswesentlich nur solche Eigenschaften der Person berücksichtigt werden, die von dem Erklärenden in irgendeiner Weise erkennbar dem Vertrag zugrundegelegt worden sind, ohne daß er sie geradezu zum Inhalt seiner Erklärung gemacht haben muß (BGH Urteil vom 11. Juli 1968 – IX ZR 218/66 = RzW 1969, 94, 95; vgl. auch RGZ 64, 266, 269; BGHZ 16, 54, 57; Krüger-Nieland in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 119 Rdn. 32).

Das ist – was die Eintragung der Klägerin in die Handwerksrolle betrifft – im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Beklagte mag zwar bei Abschluß des Bauvertrags und der späteren Nachbesserungsvereinbarung unbewußt davon ausgegangen sein, daß die Klägerin die berufsrechtlichen Voraussetzungen für ihre gewerbliche Tätigkeit erfüllte. Sie hat jedoch niemals zum Ausdruck gebracht, daß dieser Umstand für die Auftragserteilung von Bedeutung sein sollte. Vielmehr kam es ihr ersichtlich nur darauf an, daß das geschäftliche Unternehmen der Klägerin in der Lage war, die vertraglichen Leistungen mit der nötigen Sachkunde und Zuverlässigkeit auszuführen (vgl. RGZ 62, 282, 284 f). Die Frage, ob es sich rechtlich um einen Handwerksbetrieb oder um einen Industriebetrieb mit untergeordneter handwerklicher Nebentätigkeit handelte, war dagegen ohne Bedeutung. Wie das Berufungsgericht zutreffend feststellt, hat die Klägerin auch zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, sie sei Inhaberin eines Handwerksunternehmens. Sie hat ihr Gewerbe neutral als „Metallbau” beschrieben, war Mitglied der Industrie- und Handelskammer und hat unter dieser Bezeichnung lange Jahre am Wirtschaftsleben teilgenommen, ohne von den zuständigen Behörden gerügt zu werden. Wenn die Beklagte gleichwohl den Werkvertrag nur mit einem eingetragenen Handwerksbetrieb schließen wollte, hätte sie ihren Willen in geeigneter Weise deutlich machen müssen.

Da sie dies unterlassen hat, scheidet eine Anfechtung der Vereinbarung vom Dezember 1978/Januar 1979 aus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Klägerin tatsächlich die Bestimmungen der Handwerksordnung verletzte oder nicht.

3. Schließlich ist der Beklagten das Festhalten an jener Übereinkunft auch nicht nachträglich unzumutbar geworden.

Rechtsfehlerfrei und unbeanstandet von der Revision weist das Berufungsgericht darauf hin, daß die angeblich fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuche vor Abschluß der Gewährleistungsvereinbarung stattgefunden haben. Anschließend haben sich keine schwerwiegenden Mängel mehr herausgestellt, die nicht schon in dem ursprünglichen Mängelkatalog berücksichtigt waren und Eingang in die Nachbesserungsabrede gefunden haben. Soweit sich nach dem Gutachten des Sachverständigen Gerling der erforderliche Sanierungsaufwand beträchtlich erhöht, geht das vor allem auf die Annahme des Sachverständigen zurück, daß ein anderer Unternehmer die Arbeiten ausführt. Das unterstreicht aber nur das Interesse der Klägerin an einer eigenverantwortlichen Mängelbeseitigung.

Die Beklagte muß sich somit eine Nachbesserung durch die Klägerin gefallen lassen, ohne mit einem fälligen Gegenanspruch gegen deren Restwerklohnforderung aufrechnen zu können. Das gilt selbst dann, wenn Handwerkskammer und Ordnungsbehörden nunmehr doch noch mit Verboten in den Betrieb der Klägerin eingreifen und diesen sogar stillegen sollten. Da der Werkunternehmer regelmäßig nicht verpflichtet ist, den Vertrag in Person zu erfüllen (Glanzmann in BGB-RGRK, aaO, § 631 Rdn. 10), wäre die Klägerin in einem solchen Fall berechtigt, ihrerseits einen Drittunternehmer mit den notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen zu beauftragen.

4. Infolge der ablehnenden Haltung der Beklagten gegenüber dem mehrfachen Nachbesserungsanerbieten der Klägerin ist der Restwerklohnanspruch inzwischen auch fällig.

a) Zwar hatte nach der Vereinbarung vom Dezember 1978/Januar 1979 die Klägerin zunächst vorzuleisten, so daß die im Annahmeverzug befindliche Beklagte gemäß § 322 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur zur Zahlung nach Empfang der Gegenleistung verurteilt werden dürfte. Weist der Besteller aber – wie hier – die Gegenleistung endgültig zurück und erklärt er den Vertrag (ungerechtfertigt) als nicht bestehend, so kann er dem Verlangen des Unternehmers auf Zahlung des Werklohns weder die Einrede der mangelnden Fälligkeit noch die des nicht erfüllten Vertrags entgegensetzen (§§ 320, 322 Abs. 1 und 2 BGB). Es wäre widersinnig, dem Besteller zu Lasten des Auftragnehmers Rechte zuzubilligen, deren Ausübung er von vornherein ablehnt (BGHZ 50, 175, 177 f; vgl. auch BGH Urteile vom 10. Juni 1970 – VIII ZR 225/68 = WM 1970, 958, 960 und vom 20. Januar 1978 – V ZR 171/75 = WM 1978, 731, 733 m.w.N.).

b) Zum selben Ergebnis führt eine entsprechende Anwendung des in § 162 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens, daß niemand aus einer von ihm treuwidrig herbeigeführten Lage Vorteile ziehen soll (H.P. Westermann in MünchKomm, BGB, § 162 Rdn. 18 f). Nachdem die Beklagte die Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten nachhaltig verhindert hat, muß sie sich im Rahmen ihrer Zahlungspflicht so behandeln lassen, als habe die Klägerin die geschuldete Vorleistung bereits erbracht (vgl. auch BGH NJW 1964, 36, 37).

5. Nach alledem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Girisch, Doerry, Bliesener, Obenhaus, Walchshöfer

 

Fundstellen

Haufe-Index 854147

BGHZ

BGHZ, 240

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1983, 1460

JZ 1984, 149

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