Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch der BRD auf Besteuerung von know-how-Vergütungen, die eine inländische GmbH im Rahmen ihres Gewerbebetriebs aus den USA bezieht, ohne dort eine Betriebstätte zu unterhalten, wird durch Art. XV Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1954 auch dann und insoweit nicht ausgeschlossen, als diese Vergütungen von Art. VIII DBA-USA 1954 nicht erfaßt werden.

 

Normenkette

EStG § 15; KStG §§ 5-6; DBA USA 1954 Art. 8, 15 Abs. 1 Buchst. b

 

Tatbestand

Die Revisionklägerin, eine in der BRD unbeschränkt steuerpflichtige GmbH (Steuerpflichtige), die in den USA keine Betriebstätte unterhält, schloß am 1. Juni 1960 mit einer amerikanischen Gesellschaft einen Vertrag über die laufende Mitteilung von Entwicklungsergebnissen und Produktionserfahrungen, die Erteilung von Auskünften und die Entsendung von Technikern und Wissenschaftlern in die USA, um der amerikanischen Gesellschaft bei der kommerziellen Auswertung der Verfahren behilflich zu sein. Das nach diesem Vertrag von der amerikanischen Gesellschaft an die Steuerpflichtige in den Streitjahren 1960 und 1961 entrichtete Entgelt (43 750 DM für 1960 und 45 000 DM für 1961) unterwarf der Revisionsbeklagte (das FA) der Körperschaftsteuer.

Einspruch und Klage der Steuerpflichtigen blieben erfolglos. Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, gemäß Art. XV Abs. 1b des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen vom 22. Juli 1954 - DBA-USA 1954 - (BStBl I 1955, 70) seien bei der Besteuerung in der BRD nur solche Einkunftsarten außer Betracht zu lassen, mit denen sich das Abkommen befasse und die nach diesem Abkommen nicht von der Steuer der Vereinigten Staaten befreit seien. Die Besteuerung sogenannter know-how-Gebühren, um die es sich im vorliegenden Falle handelt, sei im DBA-USA 1954 nicht ausdrücklich geregelt. Auch durch Auslegung lasse sich keine Einbeziehung in das DBA-USA 1954 begründen. Art. VIII des Abkommens, der hier allein in Frage kommen könne, erfasse Lizenzgebühren und andere Vergütungen für die Überlassung des Gebrauchsrechts an literarischen Urheberrechten, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, Patenten, Mustern, Plänen, geheimen Verfahren und Formeln, Markenrechten und ähnlichen Vermögenswerten und Rechten. Damit sei die Grenze bei Vermögenswerten und Rechten gezogen, so daß Entgelte für die Übermittlung von Spezialwissen und technischen Erfahrungen im Wege praktischer Beratung (know-how) nach seinen Worten nicht von diesem Artikel gedeckt würden. Nur dann könne das know-how unter diese Bestimmung des DBA-USA 1954 fallen, wenn es in Gegenständen wie Plänen oder Mustern verkörpert sei oder in einem Verfahren, einer Formel oder in einem sonstigen eigenständigen Vermögenswert bestehe (vgl. Schreiben des BdF vom 9. März 1964, IV B/5-S 1301-USA-21/64, DStR 1964, 164; Debatin, Die Revision des deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens in DB 1965, 1754 [1756]). Das von der Steuerpflichtigen an die amerikanische Firma vermittelte know-how beschränke sich indes auf die Weitergabe von Spezialwissen und technischen Erfahrungen durch laufende Beratung, stelle also nicht die Überlassung eines selbständigen Vermögenswerts dar, so daß die Anwendung des Art. VIII DBA-USA 1954 entfalle.

Mit der Revision beantragt die Steuerpflichtige, die Vorentscheiung aufzuheben und die Körperschaftsteuer unter Außerachtlassung der know-how-Gebühren festzusetzen. Sie rügt die Verletzung des Art. XV Abs. 1 B DBA-USA 1954 und legt insbesondere dar, daß sich - entgegen der Auffassung des FG - das Abkommen mit den know-how-Vergütungen befasse.

Es komme nicht darauf an, ob die Vergütungen für know-how in den Artikeln des Abkommens ausdrücklich aufgeführt seien. Das ergebe sich zunächst aus der Anweisung Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 (Anhang DBA) der Einkommensteuerkartei der OFD Düsseldorf, Köln und Münster. Danach befasse sich das Abkommen mit allen aus den Vereinigten Staaten kommenden Einkommensteilen, es sei denn, es handle sich um ganz bestimmte dort einzeln aufgeführte Einkünfte, unter denen die know-how-Vergütungen nicht genannt seien (Abschn. 17 Abs. 3 der Richtlinien zum DBA-USA 1954, BStBl I 1957, 154). Daß sich das Abkommen mit know-how-Vergütungen befasse, ergebe sich auch aus dem Schreiben des BdF vom 9. März 1964 (a. a. O.), nach dem das know-how, wenn auch in verhältnismäßig seltenen Fällen, unter die in Art. VIII DBA-USA 1954 einbezogenen Vermögenswerte fallen könne. Außerdem werde in Abschn. 17 Abs. 3 der Richtlinien zum DBA-USA 1954 gefordert, daß bei der Entscheidung dieser Frage großzügig zu verfahren sei. Ausdrücklich weist die Steuerpflichtige darauf hin, daß sich das Abkommen allgemein mit Einkünften aus selbständiger Arbeit befasse. Zu diesen Einkünften seien aber auch die know-how-Vergütungen zu zählen.

Die know-how-Gebühren seien auch nach dem Abkommen nicht von der Steuer der Vereinigten Staaten befreit. Dies ergebe sich daraus, daß die know-how-Gebühren den Einkünften aus selbständiger Arbeit zuzurechnen seien, Art. X DBA-USA 1954 jedoch nur die Einkünfte natürlicher Personen aus selbständiger Arbeit in bestimmten Fällen von der Steuer der USA befreie.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es vertritt die Auffassung, das DBA-USA 1954 befasse sich mit den know-how-Gebühren nicht.

Der BdF, der dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten ist, beantragt die Zurückweisung der Revision. Er führt aus, die streitigen Einkünfte seien den Vereinigten Staaten nicht in einer ausdrücklichen Abkommensbestimmung zur Besteuerung zugewiesen worden. Zwar treffe es zu, daß das Abkommen die Vereinigten Staaten nicht daran hindere, die know-how-Gebühren nach Maßgabe ihres nationalen Rechts zu besteuern. Dies ergebe sich aber nicht aus einer Steuerrechtszuweisung durch das Abkommen, sondern folge daraus, daß das Abkommen in Art. VIII - der den Gesamtbereich der Nutzung geistiger Leistung abschließend regele - nur die Doppelbesteuerung von Vergütungen aus formalisierten Rechten vertraglich beseitige. Für die Nutzung des gewerblichen know-how treffe das Abkommen dagegen keine Regelung, sondern überlasse die Vermeidung der Doppelbesteuerung den nationalen Rechten beider Länder.

Es könne in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob für den Bereich des Abkommens die streitigen Bezüge der Steuerpflichtigen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu behandeln seien, an denen den USA ein Besteuerungsrecht zustehen würde, soweit die Arbeit in den Vereinigten Staaten - z. B. durch die Entsendung von Beratungskräften - geleistet wurde. Zwar sei aus den Art. X und XI DBA-USA 1954 zu entnehmen, daß sich das Abkommen allgemein mit Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit befasse. Das gelte aber nur für den in diesen Artikeln angesprochenen Fall, daß diese Einkünfte natürlichen Personen zufließen. Mit den Einkünften juristischer Personen befasse sich das Abkommen dagegen nicht.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Die von der Steuerpflichtigen bezogenen Vergütungen unterliegen nach § 15 EStG in Verbindung mit §§ 5, 6 KStG der Körperschaftsteuer. Der Anspruch der BRD auf Besteuerung dieser Einkommensteile der Steuerpflichtigen ist durch § 3 Nr. 41 EStG in Verbindung mit den Vorschriften des DBA-USA 1954 nicht ausgeschlossen. Das DBA-USA 1954 schließt in Art. XV Abs. 1 Buchst. b das Besteuerungsrecht der BRD - soweit hier einschlägig - nur für solche Einkommensteile aus,

a) die aus den Vereinigten Staaten stammen und

b) mit denen sich dieses Abkommen befaßt und

c) die nach diesem Abkommen nicht von der Steuer der Vereinigten Staaten befreit sind.

Die von der Steuerpflichtigen für Erfahrungsüberlassung vereinnahmten Vergütungen stammen aus den USA. Es fragt sich, ob es sich hierbei zumindest teilweise um Einkünfte im Sinne von Art. VIII DBA-USA 1954 handelt. Diese Vorschrift regelt die Besteuerung von Lizenzgebühren (royalties) und anderen Vergütungen für die Überlassung des Gebrauchsrechts an literarischen Urheberrechten, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, Patenten, Mustern, Plänen, geheimen Verfahren und Formeln, Markenrechten u. ä. Vermögenswerten und Rechten (einschließlich der Mietgebühren und ähnlichen Vergütungen ... für die Benutzung der gewerblichen, kaufmännischen oder wissenschaftlichen Ausrüstung). Sie stellt solche Vergütungen von der Steuer der Vereinigten Staaten frei, wenn sie ... von einer deutschen Gesellschaft aus USA bezogen werden, die keine Betriebstätte in den Vereinigten Staaten hat.

Waren die von der Steuerpflichtigen vereinnahmten Vergütungen als Lizenzgebühren (royalties) usw. im Sinne des Art. VIII DBA-USA 1954 anzusehen, so waren die oben unter a) und b) genannten Tatbestandsmerkmale gegeben, nicht dagegen die unter c) genannte Voraussetzung. Denn die aus den USA in die BRD gezahlten Vergütungen im Sinne des Art. VIII DBA-USA 1954 sind nach dem Abkommen von der Steuer der Vereinigten Staaten befreit.

Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen lassen nicht erkennen, ob und inwieweit die Tatbestandsmerkmale des Art. VIII DBA-USA 1954 im vorliegenden Falle erfüllt sind. Allerdings kann die Mitteilung von Entwicklungsergebnissen und Produktionserfahrungen sowie die Erteilung von Auskünften die Hingabe des Gebrauchsrechts an geheimen Verfahren im Sinne des Art. VIII DBA-USA 1954 zum Inhalt haben. Andererseits kann es sich aber auch - möglicherweise anteilig - nur um die Vermittlung von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten (know-how) handeln, deren Einordnung unter Art. VIII DBA-USA 1954 nicht einheitlich beurteilt wird.

Gleichwohl bedarf es einer Zurückverweisung an das FG zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts nicht; denn jedenfalls würde der Steueranspruch der BRD auch dann und insoweit nicht ausgeschlossen, als die von der Steuerpflichtigen vereinnahmten Vergütungen von Art. VIII DBA-USA 1954 nicht erfaßt würden. In diesem Falle könnten die Vergütungen nicht als Einkommensteile, "mit denen sich das Abkommen befaßt", im Sinne des Art. XV Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1954 angesehen werden. Es würde an der oben unter b) genannten Voraussetzung für den Ausschluß des Besteuerungsrechts der BRD fehlen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Abkommen befasse sich mit den Vergütungen für Erfahrungsüberlassung deshalb, weil es in den Art. VIII, X und ggf. XII die Entgelte für geistige Leistungen anspreche und zu diesen geistigen Leistungen auch die Erfahrungsüberlassung zu rechnen sei. Ob sich das Abkommen mit bestimmten Einkommensteilen befaßt, kann nur unter Beachtung der von den Steuerrechtssystemen der Vertragsstaaten vorgegebenen Einkunftsarten beurteilt werden. Das Abkommen befaßt sich nur mit solchen Einkunftsteilen, die nach den Steuergesetzen der Vertragsstaaten zweifelsfrei einer bestimmten Einkunftsart im steuertechnischen Sinn zuzuordnen sind, deren Besteuerung das Abkommen ganz oder teilweise regelt. Das ist bei Vergütungen aus der Überlassung gewerblicher Erfahrungen nicht der Fall. Zwar können diese Vergütungen - wie der BdF zutreffend ausführt - zu dem weiten Bereich der Einkünfte aus geistiger Leistung gehören. Damit werden diese Vergütungen aber nur einem Oberbegriff zugeordnet, dessen sich weder das Abkommen selbst noch die Steuerrechtsordnungen der beiden Vertragsstaaten bedienen; denn die Einkünfte aus geistiger Leistung können steuerlich teils als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, teils als Einkünfte aus selbständiger oder aus nichtselbständiger Arbeit, teils als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Nutzung eines Patents) angesehen werden. Allein aus der Zugehörigkeit der Vergütungen für Erfahrungshingabe zu den Einkünften aus geistiger Leistung wird daher nicht erkennbar, ob sich das Abkommen mit ihnen befaßt.

Der Einwand der Steuerpflichtigen, das Abkommen befasse sich allgemein mit Einkünften aus selbständiger Arbeit und zu diesen seien auch die know-how-Vergütungen zu zählen, bedarf im vorliegenden Fall schon deshalb keiner Prüfung, weil die Vergütungen der Steuerpflichtigen im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit zugeflossen und daher nicht den Einkünften aus selbständiger Arbeit zuzuordnen sind (vgl. das Urteil des Senats I R 140/66 vom 4. März 1970, BFH 98, 420, BStBl II 1970, 428).

 

Fundstellen

Haufe-Index 69127

BStBl II 1970, 762

BFHE 1970, 519

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