Entscheidungsstichwort (Thema)

Notarielle Hebegebühr als Teil der Anschaffungsnebenkosten eines Grundstücks

 

Leitsatz (NV)

1. Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden, betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu zählen der Anschaffungspreis und die Anschaffungsnebenkosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsgutes stehen.

2. Eine vom Notar dem Erwerber eines Grundstücks für die Einzahlung des Kaufpreises auf dem Notar-Anderkonto in Rechnung gestellte Hebegebühr gehört zu den Anschaffungsnebenkosten, weil sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks angefallen ist.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 255; KostO § 149

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Streitjahr 1986 ein Mietwohngrundstück zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. In dem Kaufvertrag vom 3. September 1986 vereinbarten die Vertragsparteien, daß die Kläger den Kaufpreis auf ein vom Notar einzurichtendes Notar-Anderkonto einzahlen sollten. Der Besitz an dem Grundstück sollte zu einem bestimmten Zeitpunkt, jedoch nicht vor der vollständigen Einzahlung des Kaufpreises auf dem Notar-Anderkonto, auf die Kläger übergehen. Schließlich wiesen die Vertragsparteien den Notar in dem Kaufvertrag an, Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften des Vertrages mit der Bewilligung der Vormerkung, der Auflassung und der Belastungsvollmacht erst dann zu erteilen, wenn der gesamte Kaufpreis auf dem Notar-Anderkonto hinterlegt ist. Die Kläger entrichteten für die Erhebung, Verwahrung und Auszahlung des auf dem Notar-Anderkonto hinterlegten Kaufpreises eine Hebegebühr nach § 149 der Kostenordnung (KostO) von 4503 DM, die sie vergeblich als sofort abziehbare Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machten.

Der Beklagte und Revisionsbekagte (das Finanzamt - FA -) rechnete diese Aufwendungen bei seiner gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft der Kläger zu den Anschaffungskosten des Mietwohngrundstücks.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Kläger ihr Begehren nach erfolglosem Einspruch weiterverfolgten, ab.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

Entscheidungsgründe

Der Zulässigkeit der Revision der Kläger steht nicht entgegen, daß sie beantragt haben, das angefochtene Urteil und den Feststellungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben. Ihr Revisionsbegehren muß aufgrund ihres Revisionsvortrages dahin ausgelegt werden, daß sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und - wie bereits im Klageverfahren - eine Herabsetzung der festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um die strittige Hebegebühr des Notars begehren.

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das FG hat die strittige Hebegebühr des Notars zutreffend nicht als sofort abziehbare Werbungskosten, sondern als Teil der Anschaffungskosten der Kläger für das Mietwohngrundstück beurteilt.

Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden, betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu zählen der Anschaffungspreis und die Anschaffungsnebenkosten, d.h. alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts stehen, soweit diese dem einzelnen Wirtschaftsgut zugeordnet werden können (Senatsurteil vom 14. Januar 1992 IX R 226/87, BFHE 166, 553, BStBl II 1992, 464; vgl. auch § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches).

Nach diesen Grundsätzen gehört die den Klägern vom Notar in Rechnung gestellte Hebegebühr nach § 149 KostO zu ihren Anschaffungsnebenkosten, weil die Hebegebühr in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb des Mietwohngrundstücks durch die Kläger angefallen ist.

Die Kläger wendeten zur Entrichtung des Kaufpreises für das Mietwohngrundstück die Hebegebühr auf, die sie für die Einzahlung des Kaufpreises auf dem Notar-Anderkonto an den Notar leisteten. Ohne die im Kaufvertrag vom 3. September 1986 vereinbarte Einzahlung des Kaufpreises auf dem Notar-Anderkonto konnten die Kläger - entgegen ihrer Auffassung - nicht Eigentümer des Grundstücks werden und noch nicht einmal den Besitz hieran erlangen.

Zwar erklärten die Vertragsparteien bereits in dem Kaufvertrag die Auflassung nach § 925 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die zum Eigentumserwerb nach § 873 Abs. 1 BGB außerdem erforderliche Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch war jedoch erst möglich, nachdem die Kläger den Kaufpreis auf dem Notar-Anderkonto eingezahlt hatten. Bis dahin fehlten den Klägern die für die Eintragung der Rechtsänderung erforderlichen Urkunden. Denn die Vertragsparteien hatten in dem Kaufvertrag den Notar angewiesen, Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften des Kaufvertrags mit der Bewilligung der Vormerkung, der Auflassung und der Belastungsvollmacht zugunsten der Kläger erst dann zu erteilen, wenn der gesamte Kaufpreis auf dem Notar-Anderkonto hinterlegt war. Darüber hinaus hatten die Vertragsparteien in dem Kaufvertrag vereinbart, daß der Besitz an dem Grundstück nicht vor der vollständigen Einzahlung des Kaufpreises auf dem Notar-Anderkonto auf die Kläger übergehen sollte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64570

BFH/NV 1994, 236

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