Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur nachträglichen Korrektur einer Lohnsteuer-Bescheinigung
Leitsatz (NV)
Ungeachtet dessen, ob der Arbeitgeber zur Ausstellung einer Lohnsteuer-Bescheinigung arbeits- oder steuerrechtlich verpflichtet ist, kann der Arbeitnehmer die Berichtigung einer Lohnsteuer-Bescheinigung nach Abschluss des Lohnsteuerabzugs nicht mehr verlangen.
Normenkette
EStG § 40 Abs. 3 S. 3, §§ 41b, 41c Abs. 3 S. 1; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1; GVG § 17a Abs. 2 S. 3, Abs. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Beklagter), ihrem vermeintlichen Arbeitgeber, die Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung verlangen kann. Die Klägerin war ab 1. März 1993 als Hausmeisterin im Pfarrheim in A beschäftigt. Ausweislich des von ihr vorgelegten schriftlichen Arbeitsvertrages mit der Kirchenstiftung A vom 2. Juni 1993 wurde sie mit Wirkung von diesem Tag für eine monatliche Vergütung von 1 400 DM brutto eingestellt. Im Anstellungsvertrag wird die Stiftung durch Pfarrer X, dem Beklagten, vertreten. Die Lohnsteuerbescheinigung 1993 weist als Dauer des Dienstverhältnisses die Zeit 1. Juni bis 31. Dezember 1993, einen Bruttoarbeitslohn von 9 200 DM, einbehaltene Lohnsteuer in Höhe von 1 664,80 DM und einbehaltene Kirchensteuer in Höhe von 133,15 DM aus.
Mit Klage zum Arbeitsgericht vom 8. Februar 1995 beantragte die Klägerin vorrangig, die Lohnsteuerbescheinigung dahin gehend zu ergänzen, dass auch ihr Einkommen für die Monate März bis Mai 1993 eingetragen werde. Dies lehnte der Beklagte ab mit der Begründung, die Abrechnung mit der Klägerin sei für diesen Zeitraum auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung erfolgt, so dass es keines Eintrags auf der Lohnsteuerbescheinigung bedurft hätte.
Mit Beschluss vom … verwies das Arbeitsgericht den Rechtsstreit von Amts wegen an das Finanzgericht (FG). Es war der Ansicht, nur die Klage auf Erstellung und Herausgabe der Lohnsteuerbescheinigung stelle eine Arbeitsrechtsstreitigkeit dar, während eine Klage auf deren inhaltliche Berichtigung eine finanzgerichtliche Streitigkeit zum Gegenstand habe.
Das FG wies die Klage als unzulässig ab, da ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 2 Abs. 1 Nr. 3 a des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) und sinngemäß von § 41b des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beklagten zu verurteilen, auf der Lohnsteuerbescheinigung 1993 den vom 1. März bis 31. Dezember 1993 insgesamt ausbezahlten Lohn richtig einzutragen.
Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen und bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des FG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Das FG war an den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts hinsichtlich des Rechtswegs gebunden (§ 17a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes ―GVG―). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat als Rechtsmittelgericht ebenfalls nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG). Das gilt auch, wenn die Vorinstanz die Klage wegen Fehlens einer anderen Sachentscheidungsvoraussetzung als unzulässig abgewiesen hat (BFH-Urteil vom 12. Mai 2000 VI R 100/99, BFH/NV 2001, 21). Folglich kann die Klägerin, die den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts nicht angefochten hat, nicht mit dem Einwand gehört werden, das Arbeitsgericht habe § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG unzutreffend angewendet.
2. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Klägerin einen arbeitsrechtlichen oder einen steuerrechtlichen Anspruch (vgl. dazu Küttner/Reinecke, Personalbuch 2001, Lohnsteuerkarte Rz. 2 ff., sowie Küttner/Huber, a.a.O., Lohnsteuerbescheinigung Rz. 22) verfolgt hat, insbesondere inwieweit der vom FG herangezogene BFH-Beschluss vom 29. Juni 1993 VI B 108/92 (BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760), der zur Verpflichtung des Arbeitgebers auf Zahlung von Arbeitslohn in Gestalt zusätzlich an das Finanzamt (FA) abzuführender Lohnsteuerbeträge erging, auch auf die hier zu beurteilende Frage der Änderung einer Lohnsteuerbescheinigung herangezogen werden kann. Denn etwaige arbeitsrechtliche Ansprüche des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Lohnsteuerbescheinigung gehen jedenfalls nicht über das hinaus, wozu der Arbeitgeber im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens gemäß § 41b EStG verpflichtet ist. Nach dieser Vorschrift stand der Klägerin der gegenüber dem Beklagten geltend gemachte Berichtigungsanspruch nicht zu.
a) Dies gilt bereits für die Person des Beklagten als den in Anspruch Genommenen. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Anstellungsvertrag war nicht der Beklagte, sondern die Kirchenstiftung A ihr Arbeitgeber. Obwohl die Klägerin auf diesen Umstand hingewiesen wurde, hat sie weder Gründe benannt, nach denen der Beklagte befugt und verpflichtet gewesen sein soll, die Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers zu berichtigen, noch hat sie geltend gemacht, dass sie im Zeitraum März bis Mai 1993, dessen Einbeziehung sie in der Lohnsteuerbescheinigung wünscht, bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei.
b) Zweck der Aushändigung der Lohnsteuerbescheinigung an den Arbeitnehmer ist insbesondere, ihm den Nachweis der vom Arbeitgeber einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer-Abzugsbeträge für deren Anrechnung bei der Einkommensteuerveranlagung zu erleichtern. Dementsprechend werden Bezüge, für die die Lohnsteuer nach §§ 40 bis 40b EStG pauschal erhoben worden ist, in der Lohnsteuerbescheinigung nicht erfasst (Abschn. 135 Abs. 2 Nr. 2 d der Lohnsteuer-Richtlinien 1993 ―LStR―), weil pauschal besteuerter Arbeitslohn bei der Einkommensteuerveranlagung außer Ansatz bleibt und die pauschale Lohnsteuer auf die Einkommensteuer nicht anzurechnen ist (§ 40 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG). Die Klägerin ist dem Einwand des Beklagten, dass ihre Besteuerung von März bis Mai 1993 auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung erfolgt sei (vgl. § 40a Abs. 2 EStG), nicht substantiiert entgegengetreten.
c) Im Übrigen ist dem FG darin zu folgen, dass die Klägerin die Änderung der Lohnsteuerbescheinigung auch ungeachtet der obigen Ausführungen nicht mehr gerichtlich durchsetzen kann. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs ist nach Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr zulässig (§ 41c Abs. 3 Satz 1 EStG). Eine Erstattung von Lohnsteuer im Wege des Lohnsteuer-Jahresausgleichs nach § 42b EStG kann nach Ablauf des Kalenderjahres längstens bis zum Ablauf des Monats März des Folgejahres vorgenommen werden (§ 42b Abs. 3 Satz 1 EStG; vgl. auch BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1982 VIII B 36/82, BFHE 137, 232, BStBl II 1983, 232). Nach diesem Zeitpunkt kommt die Berichtigung etwaiger Fehler beim Lohnsteuerabzug nur noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in Betracht (BFH-Urteil vom 20. Mai 1983 VI R 111/81, BFHE 138, 413, BStBl II 1983, 584). Bei der Veranlagung besteht keine Bindung an den Inhalt der Lohnsteuerbescheinigung (BFH-Beschluss vom 21. Januar 2000 VII B 205/99, BFH/NV 2000, 1080). Somit kann die Klägerin das Ziel einer abweichenden steuerlichen Erfassung nicht mehr durch eine Änderung der Lohnsteuerbescheinigung, sondern nur noch über die Einkommensteuerveranlagung erreichen. Für eine Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung besteht damit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. im Ergebnis ebenso BFH in BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760).
Fundstellen
Haufe-Index 665980 |
BFH/NV 2002, 340 |
DStRE 2002, 434 |
HFR 2002, 121 |