Leitsatz (amtlich)

Die Überlassung eines im Ausland ausgearbeiteten und einstudierten Programms einer Fernseh-Show zur Aufzeichnung an einen inländischen Unternehmer begründet für den Überlassenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

 

Normenkette

EStG § 49 Abs. 1 Nr. 3, § 50a Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin, die nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils im Auftrag der Deutschen Rundfunkanstalten und des Zweiten Deutschen Fernsehens Fernsehproduktionen herstellt, hatte in der Zeit vom 20. Januar 1962 bis zum 28. Januar 1965 eine Reihe von Verträgen abgeschlossen, deren Partner teils Herr H., teils das Orchester H. waren. Auf Grund dieser Verträge zahlte die Klägerin an Honoraren (einschließlich der Wiederholungs- und Auswertungshonorare), Diäten und Reisekosten insgesamt 272 083,40 DM ohne Steuerabzug aus.

Der Revisionsbeklagte (das FA) sah diese Zahlungen in Höhe von 268 912 DM als steuerpflichtig an und nahm die Klägerin gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 3 und § 50a Abs. 4 EStG mit Bescheid vom 6. Oktober 1966 als Haftende für 40 336,80 DM in Anspruch. Einspruch und Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg. Das FG, das durch Beschluß vom 3. Juni 1970 Herrn H. gemäß § 60 Abs. 1 FGO zum Verfahren beigeladen hat, führte aus:

Die Rüge der mangelnden Zuständigkeit des FA sei nicht begründet. Die in der Verordnung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Organisation der Landesfinanzbehörden im Freistaat Bayern vom 29. Oktober 1966 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1967 S. 49 - BayGVBl 1967, 49 -) getroffene Zuständigkeitsregelung habe ihre Grundlage in den Vorschriften der §§ 20 und 21 Abs. 2 des Finanzverwaltungsgesetzes in der Fassung vom 6. September 1950. Es genüge, daß diese Zuständigkeitsregelung im Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung (am 11. Juli 1967) Geltung gehabt habe (§ 44 Abs. 1 FGO).

Sachlich habe das FA den gezahlten Betrag zutreffend als Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen aus einer freiberuflichen Tätigkeit als Künstler im Sinne der genannten Vorschriften angesehen. Das Gericht sei in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, daß Vertragspartner der Klägerin in allen Fällen der Beigeladene, Herr H., gewesen sei, auch wenn in den schriftlichen Verträgen teils der Beigeladene persönlich, teils sein Orchester als Vertragspartner genannt worden sei. Das Gericht stimme mit der Klägerin auch darin überein, daß durch die abgeschlossenen Verträge kein Dienstverhältnis im Sinne der §§ 19 und 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG begründet worden sei. Maßgebend für die steuerrechtliche Zuordnung der Einkünfte sei deshalb ihr Wesen, wie es sich vom Inland her gesehen darstelle. Das Gericht sei auf Grund des Inhalts der schriftlichen Verträge, der vorgelegten Programmunterlagen und des Sachvortrags der Beteiligten zu der Überzeugung gelangt, daß der Beigeladene auf Grund der vorliegenden Verträge - mit Ausnahme des Vertrages vom 5. Juni 1962 über die Überlassung von Filmmaterial zur Verwendung - der Klägerin gegenüber Leistungen erbracht habe, die ihrem Charakter nach eine freiberuflich-künstlerische Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellten. Diese seine Auffassung decke sich mit der des BFH im Urteil IV 277/54 U vom 3. November 1955 (BFH 62, 302, BStBl III 1956, 112). Soweit der Beigeladene sich dabei der einzelnen Mitglieder seines Orchesters bedient habe, sei er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig geworden. Er habe als der künstlerische Leiter dieser Gruppe eine eigene künstlerische Leistung höchstpersönlicher Art erbracht - auch soweit er nicht persönlich aufgetreten sei - und sei nicht etwa nur als der vertraglich verantwortliche organisatorische Leiter eines Orchesters anzusehen. Was in bezug auf die Austauschbarkeit der einzelnen Orchestermitglieder vorgetragen worden sei, gelte für den Beigeladenen selbst nicht, dessen persönliche Mitwirkung in jedem Einzelfalle wesentlicher Vertragsinhalt gewesen sei.

Der Ansicht der Klägerin, daß der Beigeladene ihr gegenüber eine gewerbliche Leistung erbracht habe, könne nicht beigetreten werden. Der von der Klägerin angesprochene technische Apparat und die große Zahl der Angestellten des Unternehmens des Beigeladenen seien aus der Art der künstlerischen Betätigung des Beigeladenen zu erklären, mache ihn indes nicht zum Gewerbetreibenden, sofern er selbst noch leitend und eigenverantwortlich tätig sei. Schließlich sei im Rahmen der §§ 49 und 50a EStG auch nicht die gesamte Betätigung eines beschränkt Steuerpflichtigen zu beurteilen, sondern allein der Charakter seiner im Inland erbrachten Leistungen.

Zwar könne hinsichtlich der Verträge vom 27. November 1963, 15. Februar 1964 und 28. Januar 1965 zweifelhaft sein, ob auch die Mitwirkung der vom Beigeladenen verpflichteten Sängerinnen und der Tänzerin noch der eigenverantwortlichen künstlerischen Tätigkeit des Beigeladenen zuzurechnen sei. Das Gericht bejahe dies indes, weil der Beigeladene nicht nur als Musiker und Leiter des Orchesters, sondern nach den Programmheften auch als Regisseur und Choreograph der Show-Programme tätig geworden sei und die betreffenden Nummern in die Gesamtdarbietung seiner Shows künstlerisch eingebaut habe. Das zur Frage der Künstlergestellung ergangene BFH-Urteil I 215/64 vom 30. November 1966 (BFH 88, 378, BStBl III 1967, 400) sei im vorliegenden Streitfalle nicht anwendbar, da der Vertragspartner eines solchen Vertrages lediglich einzelne Künstler zur Verfügung stelle, aber keine eigene künstlerische Leistung erbringe.

Die Vorschriften des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern vom 15. Juli 1931 (DBAS) in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 20. März 1959 (BStBl I 1959, 1006) stünden der Besteuerung nicht entgegen, da nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 dieses Abkommens freiberuflich tätige (Bühnen-, Rundfunk-, Fernseh-, Film-)Künstler ohne Rücksicht auf den festen Mittelpunkt der Tätigkeit für Einkünfte aus öffentlichen Darbietungen nur in demjenigen Staate besteuert würden, in dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt werde. Etwas anderes gelte lediglich in Ansehung der Verträge vom 5. Juni und 20. August 1962. Auf die aus ihnen geflossenen Vergütungen von zusammen 2 000 DM sei Art. 4 Abs. 1 Satz 3 des Abkommens nicht anwendbar. Am steuerlichen Ergebnis ändere sich jedoch dadurch nichts, weil das FA von den insgesamt gezahlten 272 083,40 DM nur einen Betrag von 268 912 DM zur Steuer herangezogen habe.

Auch nach Treu und Glauben sei das FA nicht gehindert gewesen, die Klägerin durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen. Soweit die von ihr in Bezug genommenen Auskünfte und Entscheidungen von anderen FÄ als dem beklagten FA herrührten, begründeten sie schon aus Gründen der Zuständigkeit keine Bindungswirkung. Was die Auskünfte der OFD vom 18. August 1960 und des FA für Körperschaften vom 22. September 1964 betreffe, so seien sie für bestimmte Einzelfälle erteilt worden, die nichts mit den hier streitigen Vertragsverhältnissen zu tun gehabt und sich auch nicht auf den Steuerschuldner, den Beigeladenen, bezogen hätten.

Auch der Einwand des Beigeladenen, die Besteuerung nach § 50a Abs. 4 EStG verstoße gegen verfassungsmäßige Grundsätze, sei nicht begründet. Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung die bei beschränkt Steuerpflichtigen oft besonders schwierige Ermittlung der Einkünfte nach allgemeinen Vorschriften vermeiden wollen. Er habe deshalb an die Brutto-Einnahmen angeknüpft und mit dem im Vergleich zum allgemeinen Tarif relativ niedrigen Steuersatz von 15 v. H. der Tatsache Rechnung getragen, daß den im Inland tätig werdenden Künstlern hohe Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten entstünden. Diese Regelung, die mit dem objektsteuerartigen Charakter der beschränkten Steuerpflicht zusammenhänge, sei verfassungsrechtlich unbedenklich, da der einzelne Steuerpflichtige mit dieser Belastung rechnen müsse und seine finanziellen Dispositionen nach ihr ausrichten könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung und den Haftungsbescheid (insoweit) aufzuheben, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen. Zur Begründung läßt sie vortragen:

Vertragspartner der Klägerin sei nicht der Beigeladene persönlich, sondern "das Unternehmen" des Beigeladenen gewesen, das in der BRD weder eine Betriebstätte unterhalten noch einen ständigen Vertreter gehabt habe. Das Unternehmen des Beigeladenen habe seinen Geschäftssitz in der Schweiz.

Dies erweise sich an den Verträgen vom 5. Juni 1962 über die Überlassung von Filmmaterial und vom 27. November 1963 und 15. Februar 1964, nach denen der Beigeladene der Klägerin jeweils ein "Tourneeprogramm" zur Aufzeichnung zwecks Verwendung in einer Fernsehproduktion "verkauft" habe mit namhaften Künstlern als Mitwirkenden, auf deren Darbietung im Rahmen des Programms er indes selbst keinen Einfluß gehabt habe. Von Bedeutung sei auch, daß der Beigeladene der Klägerin an den fertig ausgearbeiteten Programmen in bestimmtem Umfang die notwendigen urheberrechtlichen Nutzungsrechte eingeräumt habe, die er selbst von den Beteiligten (Autoren, Verlagen usw.) habe erwerben müssen.

Zutreffend habe das FG seine Entscheidung, daß Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht vorgelegen hätten, darauf gestützt, daß der Beigeladene der Klägerin fertig ausgearbeitete Programme überlassen habe. Aus dem gleichen Grunde lägen aber auch die Voraussetzungen des § 18 EStG nicht vor, die nur durch solche Betätigungen erfüllt seien, die überwiegend durch die Persönlichkeit des Ausübenden geprägt würden (BFH-Urteil I R 140/66 vom 4. März 1970, BFH 98, 420, BStBl II 1970, 428). Den Darbietungen der hier in Rede stehenden Art fehle es an der Qualifikation als künstlerischer Leistung, was nicht zuletzt daraus erhelle, daß für sie Vergnügungsteuer erhoben werde (Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts - VG - Berlin VIII A 783/53, vom 6. Oktober 1953, EFG 1954, 109). Die Leistung des Beigeladenen bestehe zu 80 v. H. in kaufmännischer und organisatorischer Tätigkeit; seine eigene künstlerische Leistung trete hinter diesen Teil weit zurück. Der Beigeladene habe als Unternehmer von der Klägerin eine Pauschalvergütung für die Programmdarbietungen und für die Übertragung der mit ihnen zusammenhängenden Urheber- und Verlagsrechte erhalten.

Nach dem BFH-Urteil I 215/64 (a. a. O.) sei aber Gewerbetreibender, wer die Dienste eines ihm gegenüber Dienstleistungspflichtigen einem Dritten entgeltlich für bestimmte Zeit zur Verfügung stelle. Auch das Unternehmen H. habe die bei ihm unter Vertrag stehenden Musiker und Sänger mitsamt dem Programm der Klägerin gegen Entgelt überlassen. Daß dies alles dem Beigeladenen allein als "Künstler" in freiberuflicher Tätigkeit zuzuschreiben sei, sei unrichtig. Hinzu komme, daß das Unternehmen unstreitig fertig einstudierte Programmnummern der von ihm zur Mitwirkung Verpflichteten übernommen und in sein Programm eingebaut habe. Auch die isolierende Betrachtungsweise könne zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Denn nach dem BFH-Urteil I R 140/66 (a. a. O.) könnten die im Ausland gegebenen Verhältnisse nicht außer Betracht bleiben, wenn im Inland nur ein Teil des gesetzlichen Steuertatbestandes verwirklicht werde und dieser Teil eine steuerrechtlich zutreffende Einordnung der streitigen Einkünfte nicht zulasse.

Schließlich sei das FA an die der Klägerin erteilten Auskünfte gebunden, die über den speziellen Teil der Anfrage hinaus auch für gleichgelagerte Fälle Geltung haben müßten. Nicht zuletzt verstoße die pauschale Regelung des § 50a Abs. 4 EStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Beigeladene hat sich diesen Ausführungen der Klägerin angeschlossen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Im Streitfall gehe es um die Grenzziehung zwischen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit. Bei den Leistungen des Beigeladenen handele es sich um Darbietungsverträge, Gestellungsverträge im Sinne des BFH-Urteils I 216/64 vom 29. November 1966 (BFH 88, 370, BStBl III 1967, 392); den in Ausführung dieser Verträge erbrachten Leistungen sei der künstlerische Gehalt nicht abzusprechen. Nach den Programmheften trage jede Veranstaltung den Stempel der Persönlichkeit des Beigeladenen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Wie das FG festgestellt hat und wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, war Vertragspartner der Klägerin und Empfänger der gezahlten Beträge von insgesamt 272 083,40 DM der Beigeladene. Dieser ist mit seinen inländischen Einkünften in der BRD beschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG, §§ 49 und 50a Abs. 4 bis 7 EStG); die Steuer wird nach § 50a Abs. 4 Buchst. a EStG - soweit es hier interessiert - bei Einkünften aus der Ausübung oder Verwertung einer Tätigkeit als Künstler (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 EStG) im Wege des Steuerabzugs erhoben. Ist die Steuer nicht ordnungsmäßig einbehalten oder abgeführt worden, so hat das FA die Steuer vom Schuldner oder vom Steuerschuldner durch Haftungsbescheid anzufordern (§ 73g EStDV).

2. Zur Frage, ob und wann die Tätigkeit von Musikern - sei es einzeln, sei es im Rahmen einer Orchestervereinigung unter einem mitspielenden oder nicht mitspielenden Dirigenten - zu Einkünften aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit führt, hat der BFH unter Heranziehung auch der Rechtsprechung des RFH in den Urteilen IV 106/54 U vom 3. November 1955 (BFH 62, 296, BStBl III 1956, 110), und IV 277/54 U (a. a. O.) Stellung genommen. Danach ist diese Tätigkeit im Rahmen eines gemeinsam musizierenden Klangkörpers, von den Ausnahmefällen abgesehen, in denen Musiker - auch in im wesentlichen gleicher Besetzung (bands) - in Gaststätten oder auf Volksfesten zu Unterhaltung und Tanz aufspielen (Arbeitnehmer des Veranstalters: BFH-Urteile VI R 102/67 vom 11. Juni 1968, BFH 93, 135, BStBl II 1968, 726; VI R 233/67 vom 2. Oktober 1968, BFH 94, 215, BStBl II 1969, 142, und VI R 323/67 vom 2. Oktober 1968, BFH 94, 222, BStBl II 1969, 143), im allgemeinen eine selbständige (künstlerische), keine gewerbliche Tätigkeit. Auch der erkennende Senat hat eine bestimmte Betätigung dann als eine künstlerische Tätigkeit angesehen, wenn die eigenschöpferische Leistung des Tätigwerdenden seine Tätigkeit in ihrer Gesamtheit (seine Leistung) bestimmt (BFH-Urteil I R 1/66 vom 2. Oktober 1968, BFH 94, 210, BStBl II 1969, 138).

Der Senat ist danach der Ansicht, daß in Fällen wie dem vorliegenden die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles darüber entscheiden, ob (a) die künstlerische Leistung eines Klangkörpers das Werk des künstlerischen Leiters oder des jeweiligen Dirigenten ist, der einem Klangkörper oft seinen Namen, fast immer aber als Interpret eines Werkes oder als Komponist der jeweiligen Darbietung eines Klangkörpers sein Gepräge gibt, ob (b) als die künstlerische Leistung die Leistung der einzelnen Mitglieder des Klangkörpers (Terzett, Quartett, Quintett) oder (c) die Leistung des Klangkörpers als ganzes zu verstehen ist (Orchester), die aus dem Zusammenwirken aller seiner Mitglieder in eigenschöpferischer Leistung hervorgeht, auch wenn der künstlerische Leiter oder der jeweilige Dirigent dieser Leistung seine Akzente aufsetzt. Inwieweit dabei die Rechtsbeziehungen der einzelnen Mitglieder eines solchen Klangkörpers zueinander und zu ihrem künstlerischen Leiter, die Frage ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit oder aber ihrer Abhängigkeit als Arbeitnehmer (Angestellte) des künstlerischen und (zugleich) organisatorischen Leiters des Klangkörpers die Entscheidung mitbestimmen können, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden.

3. Der Senat hat bereits im Urteil I R 140/66 (a. a. O.) herausgestellt, daß auch bei isolierender Betrachtung einer im Inland ausgeübten Tätigkeit, die nur einen Teil des gesetzlichen Tatbestandes im Inland verwirklicht, der nicht erkennen läßt, ob z. B. der zu beurteilende Sachverhalt unter die Einkunftsart des § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG fällt, auch die im Ausland gegebenen Verhältnisse insoweit mit in die Betrachtung einbezogen werden müssen, als dies erforderlich ist, um die Einkünfte ihrem objektiven Wesen nach zu bestimmen.

Das bedeutet, abgestellt auf den vorliegenden Fall, daß das FG zu Unrecht die Tatsache vernachlässigte, daß der Beigeladene der Klägerin zur Aufzeichnung und Verwertung in Fernsehproduktionen fertige, im Ausland ausgearbeitete und einstudierte Programme überlassen und die mit ihrer Erstellung zusammenhängenden Urheber- und Verlagsrechte übertragen hat. Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG knüpft durch ihren Hinweis auf § 18 EStG an den Begriff der selbständigen Arbeit an. Das hat zur Folge, daß die Zuordnung von Einkünften, die einem beschränkt Steuerpflichtigen aus einer bestimmten Tätigkeit zufließen, zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit insoweit ausgeschlossen ist, als es in der Person des beschränkt Steuerpflichtigen hinsichtlich dieser Einkünfte an der Erfüllung des Begriffs der selbständigen Arbeit fehlt. Wie im Falle des BFH-Urteils I R 137/68 vom 16. Dezember 1970 (BFH 101, 73, BStBl II 1971, 200) erweist sich auch im vorliegenden Streitfall die Tätigkeit des Beigeladenen jedenfalls zum Teil als eine Verwertung selbständiger Arbeit, die er selbst nicht bewirkt hat. Das trifft nicht nur für die in seine Tourneeprogramme eingebauten Darbietungen namhafter selbständig auftretender Künstler zu, sondern auch für die Darbietungen der Mitglieder seines Orchesters, unbeschadet der denkbaren Tatsache, daß sie ihm möglicherweise durch Dienstverträge zur Erbringung ihrer Leistungen verpflichtet sind.

4. Der Beigeladene hat danach im Hinblick auf die hier streitigen Einkünfte aus den Verträgen vom 27. November 1963 und 15. Februar 1964 Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, die indes nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Steuerpflicht in der BRD nicht unterliegen, da er im Inland weder eine Betriebstätte unterhalten noch einen ständigen Vertreter bestellt hatte.

5. Was die streitigen Einkünfte des Beigeladenen aus den übrigen dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Verträgen betrifft, kommt es für die Entscheidung darauf an, ob und inwieweit mit ihnen der Klägerin (ebenfalls) ein fertiges Programm überlassen wurde, bei dem die künstlerische (Eigen-)Leistung des Beigeladenen in seiner kaufmännischen und organisatorischen Leistung untergeht. Überwiegt die künstlerische (Eigen-)Leistung das Management, wird das FG unter Berücksichtigung der Ausführungen zu 2. prüfen, ob der jeweils von der Klägerin gezahlte Betrag in vollem Umfang dem Beigeladenen zuzurechnen ist.

6. Der Umstand, daß die Steuer bei Einkünften eines beschränkt Steuerpflichtigen aus der Ausübung oder Verwertung einer Tätigkeit als Künstler nach § 50a EStG im Abzugswege erhoben wird und nach § 50 Abs. 4 EStG mit dem Steuerabzug als abgegolten gilt, ist ebenso wie die Bemessung des Steuerabzugs auf 15 v. H. der Einkünfte mit dem GG vereinbar. Daß einem Künstler aus Anlaß seiner Tätigkeit im Inland Aufwendungen erwachsen, die bei Besteuerung seiner Einkünfte mit 15 v. H. zu einem Verlust führen, bedürfte des Nachweises. Der Senat tritt insoweit den Ausführungen des FG bei.

7. Auskünfte können, sofern sie für bestimmte Einzelfälle erteilt wurden, die auskunftgebende Stelle - wenn überhaupt - dann nur im Rahmen dieser Einzelfälle binden. Eine weitergehende Bindungswirkung muß in Fällen wie dem vorliegenden schon deshalb verneint werden, weil - wie die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Verträge zeigen - eine allgemeingültige Beurteilung der durch sie ausgelösten Rechtsfragen nicht möglich ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70269

BStBl II 1973, 134

BFHE 1973, 288

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