Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer ist auch bei ausschließlicher Verwendung der Zugmaschine in einem kleineren landwirtschaftlichen Betrieb gegeben, der nicht die Größe einer sogenannten Ackernahrung erreicht.

 

Normenkette

KraftStG § 2/6

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt eine Schlosserei und eine kleine Landwirtschaft. Er bewirtschaftet fünf Morgen Ackerland und Wiese. Weitere drei Morgen Land werden von ihm als Neukultur bearbeitet. Der Bf. hält sich zwei Stück Großvieh und das entsprechende Kleinvieh. Das Vieh wird aus den bewirtschafteten Ländereien ernährt. Für die Bewirtschaftung der Ländereien verwendet der Bf. eine Zugmaschine ohne Güterladeraum, die unstreitig nur für diesen Zweck gebraucht wird.

Streitig ist, ob die Zugmaschine unter die Vorschrift des Kontrollratgesetzes (KontrRG) Nr. 51 Art. 1 Ziff. 2 fällt, wonach "Zugmaschinen ohne Güterladeraum, die ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden", von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind.

In übereinstimmung mit dem Finanzamt hat das Finanzgericht die Anwendbarkeit dieser Vorschrift verneint. Nach der Vorschrift müsse ein Gebrauch der Zugmaschine auf einem Bauernhof oder einem Landgut vorliegen. Aus diesem Grunde könne ein landwirtschaftlicher Betrieb auch im Sinne des § 55 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStDB) nur ein Bauernhof oder ein Landgut sein. Unter einem Bauernhof aber könne nach dem Zweck der Vorschrift und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur ein in sich geschlossener landwirtschaftlicher Betrieb verstanden werden, der für sich allein für den Besitzer und dessen engere Familie die Existenzgrundlage bilden könne. Es müsse also mindestens eine sogenannte selbständige Ackernahrung gegeben sein, wenn die Befreiung Platz greifen solle. Eine solche Ackernahrung könne aber im Streitfalle nicht als vorliegend anerkannt werden, da die betriebene kleine Landwirtschaft bei weitem nicht zur Sicherung der Lebenshaltung des Bf. und seiner Familie ausreiche. Eine ausdehnende Auslegung der Befreiungsvorschrift sei nicht möglich.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat Erfolg.

Wie der Senat bereits in der Entscheidung II 8/15 S vom 20. Februar 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 61) zum Ausdruck gebracht hat, besteht kein innerer Grund für die Annahme, daß unter den im englischen und im französischen Text der Befreiungsvorschrift des KontrRG Nr. 51 Art. I Ziff. 2 verwendeten Ausdrücken, die den wirtschaftlichen Verhältnissen und dem Sprachgebrauch der Besatzungsländer entsprechen ("farms or agricultural estates" und "fermes ou domaines agricoles"), für die Anwendung der Befreiungsvorschrift in der Bundesrepublik Deutschland etwas anderes verstanden werden soll, als unter dem Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinn der früheren Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1935. Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinn dieser Vorschrift aber enthält keine Einschränkung hinsichtlich der Größe des landwirtschaftlichen Betriebs, in dem die Zugmaschine ausschließlich verwendet wird. Ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinn der jetzt geltenden Befreiungsvorschrift ist also weiterhin auch ein solcher, der seiner Größe nach kleiner ist als eine sogenannte selbständige Ackernahrung. Die steuerliche Begünstigung von Zugmaschinen in solchen Betrieben steht mit dem Zweck der Vorschrift nicht im Widerspruch. Es ist kein Grund für die Annahme erkennbar, daß der Kontrollrat die Verwendung von Zugmaschinen in kleinen landwirtschaftlichen Betrieben nicht hat begünstigen wollen, sofern die Zugmaschine ausschließlich für landwirtschaftliche Zwecke und nicht etwa daneben noch beispielsweise für gewerbliche Zwecke des Halters der Zugmaschine benutzt wird.

Hiernach waren, da der Bf. die Zugmaschine ausschließlich zur Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebs verwendet hat, die Vorentscheidungen aufzuheben. Hinsichtlich der Steuer für die Zeit vom 30. Dezember 1951 bis 29. Januar 1952 war noch zu berücksichtigen, daß in diesem Zeitraum die Voraussetzung für den Beginn der Steuerpflicht des Bf. nach § 8 KraftStG noch nicht gegeben war und nach Lage der Akten auch keine widerrechtliche Benutzung der Zugmaschine durch den Bf. vorlag.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407624

BStBl III 1953, 148

BFHE 1954, 380

BFHE 57, 380

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