Leitsatz (amtlich)

1. Eine "unverzügliche" Verwendung von 7 c-Geldern für den Wohnungsbau (§ 7c Abs. 3 Satz 1 EStG 1953) liegt nicht vor, wenn eine - auch unverschuldete - Verzögerung der Verwendung von erheblicher (hier fünfjähriger) Dauer eintritt.

2. Der Verlustabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1950 setzt voraus, daß die Buchführung in allen Betrieben des Steuerpflichtigen, auch solchen verschiedener Einkunftsart, ordnungsmäßig war.

 

Normenkette

EStG 1953 § 7c Abs. 3 S. 1; EStG 1950 § 10 Abs. 1 Nr. 4

 

Gründe

Aus den Gründen:

1. Das FA erhöhte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil nach seiner Ansicht die Voraussetzungen des für das Streitjahr geltenden § 7c EStG 1953 hinsichtlich eines von dem Steuerpflichtigen im Jahre 1954 der Z.-GmbH gegebenen Zuschusses nicht vorlägen.

Die Zuschußempfängerin ist 1952 gegründet worden. Gesellschaftszweck ist u. a. der Erwerb, die Verwertung und Vermietung von Grundbesitz sowie die Errichtung von Gebäuden. Das Stammkapital beträgt 20 000 DM, wovon nur 5 000 DM eingezahlt worden sind. Hauptgesellschafterin ist mit 97,5 v. H. Frau X, die in dem Betriebsprüfungsbericht als Lebensgefährtin des Steuerpflichtigen bezeichnet wird. Die restlichen 2,5 v. H. befinden sich in den Händen des Bruders der Frau X. Die GmbH hatte ursprünglich die Anerkennung als freies Wohnungsunternehmen im Sinne des § 7c Abs. 1 Buchst. e EStG 1951 von dem zuständigen FA erhalten, die ihr aber mit Verfügung vom 16. Dezember 1955 wieder entzogen worden ist. Ein Rechtsmittelverfahren, das bis zur letzten Instanz geführt wurde, blieb erfolglos (vgl. BFH-Urteil I 72/57 vom 5. November 1957 1)). Die von der GmbH geplanten Bauvorhaben, zu denen sämtliche 7 c-Gelder und auch der streitige 7 c-Zuschuß verwandt werden sollten, wurden in den folgenden Jahren nicht begonnen, zumindest nicht bis zum Erlaß der Einspruchsentscheidungen im Jahr 1959. Die 7 c-Gelder wurden bei verschiedenen Banken auf Festkonten angelegt.

Das FG, das die Ansicht des FA und des Steuerausschusses bestätigte, führte aus, die Voraussetzungen des § 7c EStG 1953, der erstmals auf Zuschüsse und Darlehen anzuwenden sei, die nach dem 31. Mai 1953 hingegeben worden sind, seien bezüglich des hier streitigen Zuschusses nicht erfüllt. Es fehle schon an der Voraussetzung, daß dieser Zuschuß unverzüglich und unmittelbar zum Bau von Wohnungen im Sinne der Vorschriften des Ersten Wohnungsbaugesetzes (I. WoBauG) verwendet worden sei (§ 7c Abs. 3 Satz 1 EStG 1953). Es komme hinzu, daß der Steuerpflichtige keine 7 c-Bescheinigung vorlegen könne, die zum Nachweis dafür erforderlich sei, daß wichtige Bestimmungen des § 7 c, insbesondere über die Art der Verwendung des Zuschusses und über die Höhe des für jede Wohnung verwendeten Zuschußbetrages beachtet worden seien (§ 7c Abs. 4 Satz 3 EStG 1953). Es spiele keine Rolle, daß der Steuerpflichtige den Zuschuß noch zu einer Zeit gegeben habe, als der Zuschußempfängerin - der GmbH - die Eigenschaft als freies Wohnungsunternehmen noch nicht aberkannt gewesen sei, und daß offenbar der spätere Entzug dieser Eigenschaft der Verwirklichung der geplanten Bauvorhaben entgegengestanden habe. Infolge seiner nahen Beziehungen zu der Hauptgesellschafterin und da er ausschließlich die GmbH finanziert habe, seien dem Steuerpflichtigen die Verhältnisse bei der GmbH bekannt gewesen. Er hätte darauf drängen müssen, daß die GmbH alle gesetzlichen Erfordernisse erfüllte, damit ihr die Eigenschaft als freies Wohnungsunternehmen nicht hätte entzogen werden können.

Der Steuerpflichtige macht mit der Revision geltend, von der Hingabe des Zuschusses (31. Dezember 1954) bis zum Widerruf der Anerkennung der GmbH (16. Dezember 1955) sei noch kein Jahr verflossen gewesen, so daß die Mittel normalerweise immer noch "unverzüglich" hätten zum Bau verwendet werden können. Danach habe das Geld wegen der Aberkennung nicht mehr verbaut werden können. Er habe keinen Einfluß auf die GmbH gehabt. Es sei aktenwidrig, daß er sie finanziert habe; die Gründung der GmbH sei vielmehr allein von den Geschwistern X finanziert worden. Allerdings sei er der alleinige Geldgeber der GmbH gewesen.

a) Die erste Erwägung des FG, die Anerkennung des 7 c-Zuschusses sei zu versagen, weil nicht unverzüglich mit dem Bau begonnen worden sei, ist richtig. Der I. Senat des BFH hat in der Entscheidung I 207/55 U vom 9. Oktober 1956 (BFH 63, 484, BStBl III 1956, 382) ausgeführt, alle Voraussetzungen des § 7c EStG müßten in der Person des Zuschußgebers und Zuschußempfängers erfüllt sein, also z. B. auch die bestimmungsgemäße Verwendung des Zuschusses. Fehle objektiv eine dieser Voraussetzungen, so sei die Anerkennung zu versagen; es sei unerheblich, ob die Beteiligten die Voraussetzungen schuldhaft nicht erfüllt hätten. Es kann dahingestellt bleiben, ob das im Tatbestand des § 7c EStG 1953 enthaltene Wort "unverzüglich" denselben Sinn hat wie in § 121 Abs. 1 BGB ("ohne schuldhaftes Zögern"), ob also hinsichtlich des Erfordernisses des Baubeginns das Steuergesetz ein Verschuldensmoment berücksichtigen wollte. Selbst wenn dem so wäre, könnte doch nicht eine längere Verzögerung des Baubeginns hingenommen werden.

Der Zweck des § 7c EStG bestand darin, die Schaffung von Wohnraum anzuregen, und zwar, wie das Erfordernis unverzüglichen Baubeginns klar zeigt, die alsbaldige Schaffung von Wohnraum. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß ein 7 c-Zuschuß steuerlich nicht anzuerkennen ist, wenn ein Bauvorhaben endgültig nicht durchgeführt wurde, und zwar auch, wenn die Durchführung ohne Verschulden der Beteiligten unterblieb. Denn in diesem Falle ist das Grunderfordernis des § 7c EStG, nämlich der Hingabe eines Zuschusses "zur Förderung des Wohnungsbaus", nicht erfüllt. Die Frage, ob der Zuschuß nicht anerkannt werden darf, weil er nicht unverzüglich zum Bau von Wohnungen verwendet wurde, und also auch die Frage eines Verschuldens kann also nur dann auftreten, wenn der Bau zwar errichtet wurde, sich der Baubeginn aber verzögerte. Dem Sinne des § 7c EStG entsprechend, die alsbaldige Erstellung von Wohnraum zu fördern, muß aber § 7c Abs. 3 Satz 1 EStG 1953 dahin ausgelegt werden, daß eine längere Verzögerung des Baues - zumindest wie hier von fünf Jahren - einer endgültigen Aufgabe der Baupläne gleichzustellen ist und daher ohne Rücksicht auf ein Verschulden der Zuschuß nicht mehr als 7 c-Zuschuß angesehen werden kann. Daß der Gesetzgeber von der alsbaldigen Durchführung des Baues ausging, zeigt auch der Umstand, daß schon für das Jahr der Hingabe bei Abgabe der Steuererklärung eine Bescheinigung über den Baubeginn vorgelegt werden muß (§ 7c Abs. 4 EStG 1953).

Unter diesen Umständen bedurfte es keiner weiteren Prüfung, worauf die Verzögerung zurückzuführen war und ob insoweit ein Verschulden vorlag.

b) Auch der zweiten Erwägung des FG, die Steuervergünstigung sei zu versagen, weil der Steuerpflichtige die gemäß § 7c Abs. 4 EStG 1953 erforderliche Bescheinigung nicht vorgelegt habe, ist zuzustimmen.

Nach dem Gesetz ist die Vorlage einer solchen Bescheinigung, die sich im übrigen nicht nur auf den Baubeginn Bezieht, Voraussetzung der Gewährung der Steuervergünstigung, so daß bei ihrem Fehlen die Vergünstigung zu versagen ist.

2. Das FG führte aus, ein Abzug, der in den Veranlagungszeiträumen II/1948 und 1949 entstandenen Verluste (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1950), den das FA teilweise zugelassen hatte, sei nicht möglich. Die Betriebsprüfung habe ergeben, daß die Buchführung in dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen auch in diesen Veranlagungszeiträumen nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Wegen dieser Buchführungsmängel hätten die Gewinne II/1948 und 1949 geschätzt werden müssen. Durch den Ausgleich der im Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen entstandenen Verluste mit den geschätzten Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft seien die Verluste insgesamt nicht aufgrund ordnungsgemäßer Buchführung ermittelt worden, wie es § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1950 verlange. Voraussetzung eines Verlustabzuges sei, daß die Buchführung sämtlicher Betriebe eines Steuerpflichtigen ordnungsgemäß sei (Hinweis auf das BFH-Urteil IV 115/57 U vom 8. Mai 1958, BFH 67, 200, BStBl III 1958, 350). Im Verhältnis zum gewerblichen Betrieb sei der landwirtschaftliche Betrieb des Steuerpflichtigen auch nicht von so geringer Bedeutung, daß die Schätzung des Ergebnisses dieses Betriebes als unbedeutend angesehen und daher auch außer Betracht gelassen werden könne.

Dem FG ist darin zuzustimmen, daß die Buchführung in allen Betrieben eines Steuerpflichtigen ordnungsgemäß sein muß. Die vom FG zitierte Entscheidung des BFH betrifft zwar nur den Fall, daß Betriebe der gleichen Einkunftsart vorliegen. Die Rechtslage ist aber nicht anders, wenn es sich um Betriebe verschiedener Einkunftsarten handelt. Der in § 10 EStG behandelte Verlust stellt nicht einen Verlust aus einer bestimmten Einkunftsart dar, sondern einen einheitlichen Verlust, der das Ergebnis des Ausgleichs von Gewinnen und Verlusten aus den verschiedensten Einkunftsarten (§ 2 Abs. 2 EStG) ist. Daraus ergibt sich, daß, wenn § 10 EStG von der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ausgeht, auch jede Komponente dieses Postens "Verlust" ordnungsmäßig ermittelt sein muß.

1) nicht veröffentlicht.

 

Fundstellen

BStBl II 1968, 651

BFHE 1968, 558

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