Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ersatzbeschaffung kann gegeben sein, wenn ein Leichtmotorrad durch einen Personenkraftwagen ersetzt wird.

 

Normenkette

EStG § 7a

 

Tatbestand

Der Beschwerdegegner (Bg.) betreibt in X. ein Baugeschäft. Zum Besuch seiner in der Umgebung von X. gelegenen Baustellen bediente er sich bis 1950 eines vor dem 21. Juni 1948 angeschafften Leichtmotorrades. Da sich im Jahre 1950 die Zahl seiner Baustellen erhöhte, und die Anzahl der täglich zurückzulegenden km anwuchs, erwarb der Bg. an Stelle des Kraftrades, das mit 330 DM zu Buche stand, einen gebrauchten Kleinpersonenwagen vom Typ DKW (700 ccm) für 3.000 DM. In der Bilanz zum 31. Dezember 1950 nahm er die Abschreibungsfreiheit in Höhe von 50 % der Anschaffungskosten in Anspruch, die das Finanzamt ablehnte. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt war der Auffassung, daß die Anschaffung des Motorrades nicht wegen dessen Unbrauchbarkeit, sondern wegen der Erweiterung des Betriebes erfolgt sei.

Auf die Berufung hielt das Finanzgericht eine Ersatzbeschaffung im Sinne des § 7 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) für gegeben.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts. Wegen des erheblichen Wertunterschieds zwischen dem ausgeschiedenen Motorrad, für das 260 DM erlöst sei, und dem für 3.000 DM beschafften Personenkraftwagen sei eine artmäßige Ersatzbeschaffung nicht mehr anzuerkennen. Vielmehr sei hier eine Ergänzungsbeschaffung im Rahmen des erweiterten Betriebes, nicht eine Ersatzbeschaffung, gegeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Streitig ist allein die Frage, ob der vom Bg. beschaffte Personenkraftwagen als Ersatzwirtschaftsgut im Sinne des § 7 a EStG 1950 für das ausgeschiedenen Leichtmotorrad anzusehen ist. Alle übrigen Voraussetzungen für die Anwendung des § 7 a sind vom Finanzgericht zutreffend als gegeben festgestellt.

Von einer Ersatzbeschaffung im Sinne des § 7 a EStG kann nach dessen Abs. 2 nur gesprochen werden, wenn das angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut dieselbe oder eine entsprechende Aufgabe erfüllt. Das beschwerdeführende Finanzamt stellt selbst nicht in Abrede, daß der beschaffte Personenkraftwagen den bisherigen Aufgaben des ausgeschiedenen Motorrades, nämlich Aufsuchen der Baustellen im Betriebe des Bg., zu dienen bestimmt ist. Gleichwohl hält es eine Ersatzbeschaffung im Sinne des § 7 a nicht für gegeben, weil der beträchtliche Wertunterschied und die mit der Anschaffung des Personenkraftwagens gleichzeitig verbundene Betriebserweiterung die Einstellung des Wagens als Ergänzungs- und nicht als Ersatzbeschaffung erscheinen lasse. Dem kann nicht gefolgt werden. Gewiß liegen wertmäßig nicht unerhebliche Unterschiede bei den beiden Verkehrsmitteln vor, immerhin sind sie nicht so kraß, wie etwa im dem Falle des Urteils des Bundesfinanzhofs IV 169/51 U vom 12. September 1951 - Fahrrad - Personenwagen -, daß nach der allgemeinen Verkehrsanschauung von der Erfüllung derselben oder einer entsprechenden Aufgabe im Betriebe nicht mehr die Rede sein könnte. Da sich der Bg. darauf beschränkt hat, an die Stelle des Motorrades einen verhältnismäßig billigen Kleinpersonenwagen zu setzen, stehen der Anerkennung als Ersatzwirtschaftsgut um so weniger Bedenken entgegen. Auch die nach den Feststellungen des Finanzgerichts vorhandene Erweiterung des Betriebes vermag dem Austausch des Leichtmotorrades gegen den Personenkraftwagen die Eigenschaft als Ersatzbeschaffung nicht zu nehmen; nicht die Beschaffung des Personenkraftwagens war für die Erweiterung des Betriebes Ursache setzend, sondern umgekehrt die bereits vorhandene Erweiterung des Betriebes machte den Ersatz des Motorrades durch den Personenkraftwagen notwendig. Zutreffend hat deshalb das Finanzgericht den Ersatz des Motorrades durch den Personenkraftwagen als Ersatzbeschaffung im Sinne des § 7 a EStG anerkannt. Die Rb. kann daher nicht durchdringen.

 

Fundstellen

BStBl III 1954, 59

BFHE 1954, 384

BFHE 58, 384

StRK, EStG:7a R 12

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