Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlehensgewährung durch Freiberufler - Arbeitsverhältnisse zwischen Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben

 

Leitsatz (NV)

1. Angehörige eines freien Berufs können Vermögen, das der Berufsausübung wesensfremd ist, nicht zu Betriebsvermögen machen. Darlehensforderungen können nur dann Betriebsvermögen von freiberuflich tätigen Personen sein, wenn betriebliche Erwägungen die Hingabe des Darlehens veranlaßt haben.

2. Die Rechtsgrundsätze, die für die steuerrechtliche Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten gelten, können nicht ohne weiteres auf Arbeitsverhältnisse zwischen Personen übertragen werden, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als beratender Ingenieur tätig und unterhält ein Planungsbüro. Er ermittelt seinen Gewinn durch Bestandsvergleich. Geschäftlich arbeitet er mit einem Architekturbüro zusammen. Dem in diesem Büro beschäftigten Angestellten A gewährte der Kläger im Juni und September 1975 Darlehen von 10 000 bzw. 6 000 DM. Die Zahlung wurde in seiner Buchführung als Privatvorgang behandelt. Im Mai 1976 trat der Kläger die Forderung an den Wirtschaftsberater B ab. Im Juli 1976 verbuchte der Kläger den Betrag von 16 000 DM auf dem Konto Provisionen als Betriebsausgabe. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ nach einer Betriebsprüfung die genannten Ausgaben nicht zum Abzug zu. Außerdem ließ es eine im Dezember 1976 ohne Empfängerangabe als ,,Provision Brandschaden" verbuchte Betriebsausgabe unberücksichtigt. Nach Darstellung des Klägers ist auch dieser Betrag an A gezahlt worden.

Der Kläger lebte im Jahre 1976 mit Frau C zusammen. Mit ihr hatte er im Januar 1976 einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Das Gehalt überwies der Kläger auf sein eigenes privates Bankkonto; von diesem Konto überwies er monatliche Beträge zwischen 200 und 800 DM auf das Bankkonto von Frau C. Das FA berücksichtigte auch die Gehaltszahlungen nicht als Betriebsausgabe.

Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos; seine Klage wurde abgewiesen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das Finanzgericht (FG) hat die Darlehensforderung aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Recht nicht als Betriebsvermögen behandelt.

Das FG hat keinen Anhaltspunkt dafür gesehen, daß für die Darlehenshingabe eine betriebliche Veranlassung bestanden habe; daß der Darlehensnehmer Angestellter in einem mit dem Kläger geschäftlich verbundenen Architekturbüro gewesen sei, besage dafür nichts. Dem ist zuzustimmen. Der Umfang des Betriebsvermögens eines freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen wird durch seine berufliche Tätigkeit geprägt und begrenzt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517 m.w.N.). Es hätte deshalb eines besonderen Hinweises durch den Kläger bedurft, welche betrieblichen Erwägungen ihn zur Hingabe des Darlehens veranlaßt haben und in welcher Weise der Darlehensnehmer für seinen Betrieb tätig werden sollte. Der Kläger hat dazu erst in der Revisionsinstanz vorgetragen, daß der Darlehensnehmer für die Abnahme seiner Planungsleistungen zuständig gewesen sei und er durch die Darlehensgewährung die Erhebung von Beanstandungen habe abwehren wollen. Dieser neue tatsächliche Vortrag muß für die Revisionsentscheidung außer Betracht bleiben. Der Kläger kann dem FG in diesem Zusammenhang auch nicht die Verletzung seiner Aufklärungspflicht vorhalten. Der Kläger war vor dem FG durch einen Steuerberater sachkundig vertreten. Dieser hätte zu der im Klageverfahren strittig gebliebenen Veranlassung für die Darlehensgewährung Beweisanträge stellen können; nachdem dies nicht geschehen ist, kann sich der Kläger nicht auf die Verletzung der Aufklärungspflicht seitens des Gerichts berufen (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1977 VII R 5/74, BFHE 124, 105, BStBl II 1978, 274 m.w.N.).

Zu Recht hat das FG auch entschieden, daß die Darlehensforderung nicht gewillkürtes Betriebsvermögen gewesen sein könne. Angehörige eines freien Berufs haben bei der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens einen engeren Spielraum als Gewerbetreibende, die den Umfang dieses Vermögens grundsätzlich frei bestimmen können. Demgegenüber kann ein Angehöriger eines freien Berufs Vermögen, das der Berufsausübung wesensfremd ist, nicht zu Betriebsvermögen machen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564). Ob es der Kläger danach in der Hand hatte, eine privat begründete Darlehensforderung zu Betriebsvermögen zu machen, kann dahinstehen. Denn tatsächlich ist die Forderung nicht in das Betriebsvermögen eingebracht worden. Dies hätte sich aus der Buchführung des Klägers ergeben müssen; dort ist die Forderung aber zu keiner Zeit als Betriebsvermögen geführt worden. Der Kläger hat im Juli 1976 einen Betrag von 16 000 DM als Betriebsaufwand verbucht; darin kann jedoch keine Einlagehandlung mit dem Erfolg gesehen werden, daß zum 31. Dezember 1976 eine Wertberichtigung auf die Darlehensforderung vorgenommen werden mußte. Zu Recht hat das FG auch darauf hingewiesen, daß der Kläger im Zeitpunkt der erwähnten Buchung und damit auch am 31. Dezember 1976 nicht mehr Inhaber der Forderung war; daß die Abtretung nur treuhänderisch erfolgt sei, ist erst in der Revisionsinstanz vorgetragen worden.

Schließlich sind in der Vorinstanz auch keine hinreichenden Angaben über Anlaß und Zweck der Zahlung weiterer 4 000 DM an den Angestellten A gemacht worden. Die in der Revisionsinstanz dazu vorgetragenen Einzelheiten können nicht berücksichtigt werden.

2. Zu Recht hat das FG auch Gehaltszahlungen an Frau C nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Der Revision ist einzuräumen, daß die Grundsätze für die Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten nicht ohne weiteres auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen Personen übertragen werden können, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben; der Senat hat sie vergleichsweise auch nicht auf Arbeitsverhältnisse zwischen Verlobten angewendet (BFH-Urteil vom 17. Januar 1985 IV R 149/84 n.v.). Hierauf braucht jedoch nicht eingegangen zu werden. Denn im Streitfall ist es nicht zu Ausgaben gekommen, die das Vermögen des Klägers gemindert hätten. Die als Gehaltszahlungen an Frau C bezeichneten Überweisungen sind vielmehr einem privaten Bankkonto des Klägers gutgeschrieben worden und stellen sich damit als Entnahmen, nicht aber als Betriebsausgaben dar. Daß die Beträge dem Kläger seitens Frau C als Darlehen zur weiteren Nutzung zur Verfügung gestellt wurden, ist nicht dargetan. Der Kläger hat sich vor dem FG auf eine solche Darlehensgewährung berufen; die dem Betriebsprüfer hierzu vorgelegte Darlehensbescheinigung bezieht sich jedoch auf einen Vorgang aus dem Jahre 1979, der im Streitjahr keine Berücksichtigung finden kann. Der Kläger hat in der Folge allerdings von seinem privaten Bankkonto Überweisungen in unterschiedlicher Höhe an Frau C geleistet. Daß hierin eine Gegenleistung für die betrieblichen Dienste der Zahlungsempfängerin gelegen hat, ist jedoch nicht dargetan; hiergegen spricht die unterschiedliche Höhe der Überweisungen, die in jedem Fall niedriger als das vereinbarte Gehalt waren. Der Kläger und Frau C mögen im Hinblick auf ihr Zusammenleben auf die Sonderung ihrer Vermögensverhältnisse verzichtet haben; nur diese Sonderung hätte aber ein Urteil erlaubt, daß die vom Kläger bewirkten betrieblichen Überweisungen Betriebsausgaben darstellten und seinen Gewinn minderten.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 452

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