Entscheidungsstichwort (Thema)

Verteilung der Feststellungslast bei unklarem Rechtsgrund einer Zuwendung

 

Leitsatz (NV)

Behauptet der Empfänger einer Zuwendung, daß er diese zurückgewähren muß, so trifft ihn die Feststellungslast für die Tatsachen, die den Tatbestand der zur Rückgewähr verpflichtenden Rechtsnorm ausfüllen. Zweifel in dieser Hinsicht gehen demnach zu seinen Lasten.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin kaufte ein bebautes Grundstück. Sie ließ das aufstehende Gebäude abreißen und ein Zweifamilienhaus errichten. Dessen Herstellungskosten betrugen etwa . . . DM.

Den Grundstückskaufpreis und die Herstellungskosten des Zweifamilienhauses hatte Herr X, der Lebensgefährte der Klägerin, bezahlt. Das Finanzamt (FA) behandelte daher den Vorgang als Schenkung des Herrn X an die Klägerin und setzte gegen die Klägerin . . . DM Schenkungsteuer fest, berechnet nach einem Wert der Schenkung von . . . DM (. . . DM Einheitswert des Grundstücks und . . . DM Herstellungskosten des Zweifamilienhauses).

Nach erfolglosem Einspruch hob das Finanzgericht (FG) den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung auf. An der Unentgeltlichkeit der Zuwendungen bestünden so gewichtige Zweifel, daß der angefochtene Bescheid nicht aufrechterhalten werden könne. Sowohl der als Zeuge vernommene Herr X als auch die als Partei vernommene Klägerin hätten bekundet, ,,daß die Klägerin die aufgewendeten Gelder gegebenenfalls bzw. nach Wahl des X an diesen zurückzahlen muß". Diese Aussagen seien glaubhaft. Demnach lasse sich die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit feststellen.

Mit dieser Revision beantragt das beklagte FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das angefochtene Urteil muß aufgehoben werden, weil das FG nicht beachtet hat, daß nur Tatsachen, nicht Rechte, Gegenstand des Beweises sein können. Die Rechtsfrage, ob X die Rückauflassung des bebauten Grundstücks verlangen kann, ist nicht von der Klägerin und von X, sondern vom FG zu beantworten. Nimmt die Klägerin für sich eine Rückübertragungsverpflichtung in Anspruch, so hat sie - soweit streitig - die Tatsachen zu beweisen, die den Tatbestand der zur Rückübertragung verpflichtenden Rechtsnorm ausfüllen. Gelingt ihr das nicht, so trifft sie die objektive Beweislast - Feststellungslast - (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 139, 179, BStBl II 1980, 402).

Unstreitig hat die Klägerin von Herrn X Geld zum Kauf des Grundstückes und zur Errichtung des Zweifamilienhauses erhalten.

Irgendwelche schriftlichen Vereinbarungen darüber, daß die Klägerin diese Beträge an Herrn X zurückzahlen oder diesem auf Verlangen das Grundstück übertragen muß, liegen nicht vor. Die Klägerin kann nicht einmal genaue Angaben über ihre vermeintliche mündliche Absprache mit Herrn X machen. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG, auf welche das angefochtene Urteil Bezug nimmt, hat die Klägerin nur angegeben, es sei ihr und Herrn X klar, daß sie das Grundstück zurückgeben müsse, wenn Herr X das wünsche. Sie fühle sich nicht beschenkt und müsse das erhaltene Geld ,,gegebenenfalls" zurückgeben. Danach bleibt sogar unklar, ob die Klägerin Geld oder Grundstück herausgeben muß und von welchen Voraussetzungen diese beiden Alternativen abhängen sollen.

Der objektive Geschehensablauf spricht daher für eine freiwillige Zuwendung des Herrn X an die Klägerin. Das FG hätte daher Steuerbescheid und Einspruchsentscheidung nicht mit der Begründung aufheben dürfen, die Unentgeltlichkeit der Zuwendung lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Zweifel in dieser Hinsicht gehen hier zu Lasten der Klägerin.

2. Das FG hat bisher keine Tatsachen festgestellt, die eine abschließende Entscheidung der Sache erlauben. Diese geht daher zurück an das FG zur weiteren Verhandlung und Entscheidung. Diesem Gericht wird auch die Kostenentscheidung übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416369

BFH/NV 1990, 234

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