Leitsatz (amtlich)

Ist die Artfeststellung "Einfamilienhaus" streitig, so berechnet sich der Streitwert auf 50 v. T. aus der ganzen Höhe des angefochtenen Einheitswertes.

 

Normenkette

FGO § 140 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das der Beklagte und Beschwerdegegner (FA) zum 1. Januar 1966 als Einfamilienhaus bewertet hat und dessen Einheitswert auf 237 900 DM festgestellt wurde. Der Kläger begehrte Bewertung seines Grundstücks als Mietwohngrundstück ohne Änderung der Höhe des Einheitswerts. Das FA lehnte diesen Antrag ab. Einspruch und Klage wurden als unbegründet zurückgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Revision wurde zurückgenommen.

Nach Rechtskraft des Urteils des FG hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Gerichtskosten aus Streitwerten von je 48 700 DM berechnet.

Den Streitwert hatte er nach der durchschnittlichen Auswirkung der Einheitswerte des Grundstücks auf die Einkommensteuer wie folgt ermittelt:

Streitige Einkommensteuer 1965 ... DM

streitige Einkommensteuer 1967 ... DM

streitige Einkommensteuer 1968 ... DM

... DM

davon 1/3 48 700 DM

Der Kostenbeamte hat die Einkommensteuer 1966 nur deshalb außer Betracht gelassen, weil sich bei Berücksichtigung der Anträge des Klägers hier nur eine Differenz von 316 DM ergab, während sie bei der Berücksichtigung der Anträge des Klägers 12 700 DM im Jahre 1965, 61 800 DM im Jahre 1967 und 75 800 DM im Jahre 1968 beträgt.

Die von dem Kläger gegen die Kostenfestsetzung eingelegte Erinnerung wurde damit begründet, daß bei Einheitsbewertungen aufgrund der Wertverhältnisse 1935 bei Grundbesitz in der Regel 40 v. T. des streitigen Wertunterschieds festzusetzen sei. Die Berechnung des Streitwerts nach Auswirkung der begehrten Abänderung auf die Einkommensteuer der Jahre 1965, 1967 und 1968 sei willkürlich. Wenn überhaupt hätte der Streitwert nur auf der Grundlage der Auswirkungen der Artänderung bei der Einkommensteuer 1966 berechnet werden dürfen.

Die Erinnerung hatte teilweise Erfolg.

Das FG ist der Meinung, daß in den Fällen, in denen der Sachantrag nicht unmittelbar auf eine bestimmte Ermäßigung des Einheitswerts gerichtet sei, die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Bemessung des Streitwerts bei Änderung des Einheitswerts nicht angewandt werden könnten (so auch Hessisches FG im Beschluß vom 26. Oktober 1972 III 2093/66, EFG 1973, 77). Da der Sachantrag eine unmittelbare steuerliche Auswirkung nicht habe, müsse im Streitfall die mittelbare Auswirkung des Antrags berücksichtigt werden (vgl. außerdem BFH-Entscheidung vom 2. Juli 1971 III R 72/70, BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678). Diese mittelbare Auswirkung könne aber nicht im einzelnen berechnet werden (vgl. BFH-Entscheidung vom 11. Oktober 1963 III 186/63, HFR 1964, 255). Da sich die Einheitswerte in der Regel auf mehrere Steuerabschnitte auswirkten, wäre es gerechtfertigt, nur die Auswirkung der Artfortschreibung auf das dem Feststellungszeitpunkt folgende Jahr zu berücksichtigen. Die mögliche Auswirkung auf die folgenden drei oder vier Jahre hielt das FG für nicht zulässig. Andererseits sei die Auswirkung des Einheitswerts auf die Einkommensteuer erheblich. Das FG hat es daher für angemessen erachtet, den Streitwert in Höhe von 10 v. H. des Einheitswerts auf 23 790 DM festzusetzen. Dementsprechend nahm es die Kostenfestsetzung vor. Es ließ die Beschwerde ausdrücklich zu, da es sich seiner Meinung nach um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung handele.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, die unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Erinnerungsverfahren begründet wird.

Das FA hat keinen Antrag gestellt.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluß aufgehoben.

Im vorliegenden Streitfall hat der Kostenbeamte zulässigerweise dem Kostenansatz einen selbst ermittelten Streitwert zugrunde gelegt. Damit wurde der Streitwert Teil des Kostenansatzes. Mit der Erinnerung gegen die Kostenverfügung nach § 148 Abs. 1 Satz 1 FGO kann dann auch die Höhe des Streitwertes angegriffen werden (vgl. BFH-Entscheidung vom 22. Mai 1970 IV B 81/67, BFHE 99, 443, BStBl II 1970, 724, mit weiteren Nachweisen). Im Erinnerungs- und im vorliegenden Beschwerdeverfahren kann somit die Höhe des Streitwerts, der dem Kostenansatz zugrunde gelegt wurde, überprüft werden. Dabei ergibt sich, daß die Beschwerde, die im übrigen nicht im einzelnen begründet zu werden braucht, zum größten Teil Erfolg hat.

Bei der Einheitsbewertung wird regelmäßig der Streitwert pauschal nach einem Tausendsatz des streitigen Einheitswerts berechnet. Von dieser pauschalen Berechnung ging schon der RFH "grundsätzlich und in der Regel" aus. In dem Erlaß des Finanzministers für Württemberg-Baden vom 16. November 1950 (BStBl II 1951, 26, siehe auch Urteil des BFH vom 20. September 1951 III 136/50 U, BFHE 55, 490, BStBl III 1951, 198) sind unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung der pauschalen Streitwertberechnung im Rechtsmittelverfahren gegen Einheitswertfeststellungen als Streitwerte bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken 25 v. T., bei sonstigem Grundbesitz 40 v. T. und bei Betriebsvermögen 20 v. T. des strittigen Wertunterschiedes für richtig angesehen worden. Die Steuergerichte haben sich dieser Regelung weitgehend angeschlossen (siehe auch BFH-Entscheidungen vom 22. Februar 1957 III 314/56 U, BFHE 64, 336, BStBl III 1957, 128; vom 14. Februar 1964 III 194/63 U, BFHE 79, 5, BStBl III 1964, 235 u. a. ). Der pauschalen Streitwertberechnung in diesen Fällen lag die Vorstellung zugrunde, daß sich der Einheitswert im Regelfall auf die Vermögensteuer und Grundsteuer auswirkt.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Aufhebung der Artfeststellung Einfamilienhaus und Bewertung seines bebauten Grundstücks als Mietwohngrundstück ohne Änderung der Höhe des Werts des Einheitswerts beantragt. Wie der erkennende Senat in nichtveröffentlichten Entscheidungen wiederholt ausgeführt hat, bildet bei der Anfechtung der Artfeststellung der volle Einheitswert die Grundlage für die Feststellung des Streitwerts. Dies beruht darauf, daß die Änderung der Art sich höchstens bei der Grundsteuer in einer anderen Grundsteuermeßzahl auswirkt, was aber regelmäßig nicht entscheidend ins Gewicht fällt. Bei einer Änderung der Artfeststellung können insbesondere dann, wenn sich, wie im Streitfall, die Höhe des Einheitswerts nicht ändert, im Verfahren zur Streitwertfestsetzung die von der Einheitswertfeststellung abhängigen Steuern nicht einzeln berechnet werden. Aus diesem Grund ist an der pauschalierten Streitwertermittlung festzuhalten. Diese muß allerdings die abstrakten Auswirkungen, die die jeweilige Einheitswertfeststellung für die Steuerfestsetzung kraft Gesetzes hat, berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall wirkt sich die Feststellung eines Einheitswerts für ein Einfamilienhaus ebenso unmittelbar bei der Einkommensteuerveranlagung wie bei der Grundsteuerveranlagung aus. Die Auswirkungen bei der Einkommensteuerveranlagung sind in diesen Fällen sogar erheblich, allerdings in den einzelnen Jahren auch von unterschiedlichem Gewicht. Der Kostenbeamte hat bei der Streitwertermittlung die Auswirkung der begehrten Artfortschreibung als Einfamilienhaus bei der auf den Stichtag folgenden Einkommensteuerveranlagung wegen Geringfügigkeit außer Betracht gelassen, dafür aber das Mittel des vorhergehenden und zweier folgender Jahre der Streitwertermittlung zugrunde gelegt. Diese Berechnungsart ist willkürlich. Für die Streitwertfeststellung selbst besteht für die Steuergerichte ein weiter Rahmen (siehe BFH-Entscheidung vom 19. November 1971 III B 29/71, BFHE 103, 316, BStBl II 1972, 85, 86 linke Spalte). Die bisherigen Pauschsätze berücksichtigten nur die Auswirkungen auf die Vermögensteuer und Grundsteuer. Die Auswirkung der Artfeststellung Einfamilienhaus auf die Einkommensteuerveranlagung wurde bisher nicht berücksichtigt. Sie ergibt sich aber unmittelbar aus der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (RGBl I 1937, 99).

Aus den vorgenannten Gründen erscheint es gerechtfertigt, den Pauschalsatz von 40 v. T. als Streitwertbemessung, der für den übrigen Grundbesitz anzuwenden ist, bei festgestellten und bestrittenen oder bei begehrten Artfeststellungen als Einfamilienhaus auf 50 v. T. des jeweils festgestellten Einheitswerts zu erhöhen. Bei dieser Schätzung hat der Senat berücksichtigt, daß einerseits bei Ansatz des vollen Einheitswerts für die Streitwertermittlung bei der Artänderung mögliche steuerliche Folgen schon teilweise berücksichtigt sind, daß bei der Vermögensteuer keine belastende Auswirkung und bei der Grundsteuer nur eine meist nicht ins Gewicht fallende Änderung der Steuermeßzahl eintreten wird, daß sich aber andererseits gerade in den vorbezeichneten Fällen eine steuerliche Auswirkung unmittelbar an die Einheitswertfeststellung anschließt. Das bedeutet, daß der Streitwert im vorliegenden Fall sich auf 50 v. T. von 237 900 DM = 11 895 DM errechnet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71073

BStBl II 1975, 145

BFHE 1975, 9

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