Entscheidungsstichwort (Thema)

Gasthof und Landwirtschaft als einheitliches gewerbliches Unternehmen

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Gasthof und eine Landwirtschaft können ein einheitliches gewerbliches Unter nehmen bilden; gibt diesem der Gasthof das Gepräge und hat die Landwirtschaft nur untergeordnete Bedeutung, so liegt ein einheitliches gewerbliches Unternehmen vor.

2. Ob sämtliche landwirtschaftliche Erzeugnisse in dem Gasthof verwertet werden, ist nur ein Indiz für die Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs. Entscheidend ist, ob die Verbindung der landwirtschaftlichen Betätigung mit dem Gasthof nicht ohne Nachteile für das Gesamtunternehmen gelöst werden kann.

 

Normenkette

EStG §§ 13, 15

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob ein Gasthof und eine Landwirtschaft ein einheitliches gewerbliches Unternehmen darstellen können, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Danach liegen zwei getrennt zu beurteilende Betriebe, nämlich ein Gewerbebetrieb und eine Landwirtschaft nur dann vor, wenn zwischen der teils gewerblichen und teils landwirtschaftlichen Betätigung eines Steuerpflichtigen eine zufällige, vorübergehende wirtschaftliche Verbindung besteht, die ohne Nachteile für diese Betriebe gelöst werden kann. Geht die Verbindung zwischen diesen Betrieben aber über dieses Maß hinaus und ist sie im Interesse des Hauptbetriebes planmäßig gewollt, ist ein einheitlicher Betrieb anzunehmen. Gibt diesem die Landwirtschaft das Gepräge, führt das zur Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes; steht dagegen das Gewerbe im Vordergrund und hat die land-und forstwirtschaftliche Betätigung nur die Bedeutung einer untergeordneten Hilfstätigkeit, so liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor (Senatsurteile vom 23. Januar 1992 IV R 19/90, BFHE 167, 355, BStBl II 1992, 651, und vom 16. Dezember 1965 IV 299/61 U, BFHE 84, 530, BStBl III 1966, 193 sowie Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. Januar 1989 V R 129/84, BFHE 156, 281, BStBl II 1989, 432. Ob die Landwirtschaft als solche buchführungspflichtig wäre oder nicht, ist unerheblich (vgl. Senatsurteil in BFHE 84, 530, BStBl III 1966, 193).

Eine grundsätzliche Bedeutung gewinnt die Rechtssache auch nicht dadurch, daß der erkennende Senat in seinem Urteil vom 19. Mai 1971 IV R 156-157/67 (BFHE 103, 320, BStBl II 1972, 8) es im Fall einer Schäferei und einer Hammelschlächterei, die von demselben Steuerpflichtigen betrieben wurden, für denkbar gehalten hat, daß eine Landwirtschaft selbst dann selbständig bleiben kann, wenn ihre gesamten Erzeugnisse im eigenen gewerblichen Unternehmen des Steuerpflichtigen abgesetzt werden. Das gilt auch für das BFH-Urteil vom 13. September 1985 III R 193/81 (BFH/NV 1986, 278), in dem ein Metzger die auf 2,86 ha Weideland gehaltenen 5 bis 8 Rinder in der Metzgerei verwertet hatte. Es kommt dann auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an, ob die Verwertung aller landwirtschaftlichen Produkte im Gewerbebetrieb als Indiz für die Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebes ausreicht. Auch wenn dieses Indiz ausfällt, so bleibt es -- wie hier vom Finanzgericht festgestellt -- doch entscheidend, ob die wirtschaftliche Verbindung des landwirtschaftlichen Betriebes mit dem gewerblichen Betrieb nicht ohne Nachteil für das Gesamtunternehmen lösbar und planmäßig, im Interesse des Hauptbetriebes gewollt ist (BFH-Urteile in BFHE 103, 320, BStBl II 1972, 8 und in BFH/NV 1986, 278).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 772

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