Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtergebnis des Verfahrens, Verfahrensmangel, Tatsachen- und Beweiswürdigung

 

Leitsatz (NV)

1. Das FG hat nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen. Danach muss es jedoch nicht alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil erörtern; im Allgemeinen ist vielmehr davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt und Vortrag in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat.

2. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist zwar ein Verfahrensmangel. Mit Einwänden gegen die naturgemäß durch die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalles bestimmte konkrete Tatsachen- und Beweiswürdigung (einschl. von Zeugenbeweisen) durch das FG wird aber kein Verfahrensmangel dargelegt. Denn die Würdigung von Tatsachen und Beweisen ist dem materiellen Recht zuzuordnen.

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster (Urteil vom 18.06.2007; Aktenzeichen 1 K 3749/05 E)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegt nicht vor.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Finanzgericht (FG) seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen; insbesondere ist der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. September 2007 IX B 199/06, BFH/NV 2008, 26; vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354, m.w.N.). Indes gebietet § 96 Abs. 1 FGO nicht, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern; im Allgemeinen ist vielmehr davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt und Vortrag in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2007 X B 89/07, BFH/NV 2008, 599).

Danach ist ein solcher Verfahrensmangel vorliegend nicht gegeben. Denn der Kläger wendet sich gegen die naturgemäß durch die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalles bestimmte konkrete Tatsachen- und Beweiswürdigung (einschließlich der Zeugenbeweise) durch das FG, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist. Insoweit liegt nach dem tatsächlichen Gehalt des Beschwerdevorbringens allenfalls ein Rechtsanwendungsfehler vor, der aber eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2008, 26; vom 22. Januar 2007 VI B 98/06, BFH/NV 2007, 949; vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.). Zudem stellt sich aufgrund der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG (z.B. BFH-Beschluss vom 25. Februar 2005 III B 13/04, BFH/NV 2005, 1065) die Frage nach der Entscheidungserheblichkeit der Einwände gegen die Beweiswürdigung des FG, ohne dass dazu Hinreichendes ausgeführt wird.

 

Fundstellen

BFH/NV 2008, 1341

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