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Obwohl Bewertungseinheiten aufgrund der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) schon seit Langem gebildet wurden, hat der Gesetzgeber die Bildung von Bewertungseinheiten durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) mit Wirkung ab 2010 in § 254 HGB gesetzlich verankert. Änderungen der bisherigen Bilanzierungspraxis sollen mit dieser Vorschrift, die festschreibt, in welchem Umfang die Bildung von Bewertungseinheiten zulässig ist und welche Anforderungen an die Bildung von Bewertungseinheiten zu stellen sind, nicht einhergehen.[1] Gleichzeitig wurde auch die sich auf diese Bewertungseinheiten beziehende Anhangangabe nach § 285 Nr. 23 HGB geschaffen.

Bewertungseinheiten können in den Fällen des Hedgings gebildet werden, in denen ein Grundgeschäft gegen seine Risiken mit einem Sicherungsgeschäft abgesichert ("gehedged") wird.[2] Bewertungseinheiten werden in der Praxis in der Weise gebildet, dass entweder

  • das aus einem einzelnen Grundgeschäft resultierende Risiko durch ein einzelnes Sicherungsinstrument unmittelbar abgesichert wird (micro-hedging) oder
  • die Risiken mehrerer gleichartiger Grundgeschäfte durch ein oder mehrere Sicherungsinstrumente abgedeckt werden (portfolio-hedging) oder
  • die risikokompensierende Wirkung ganzer Gruppen von Grundgeschäften zusammenfassend betrachtet wird (macro-hedging).

Dadurch werden unrealisierte (somit nicht ausweisbare) Erträge und unrealisierte (aber ausweispflichtige) Aufwendungen still saldiert, wodurch mangels eines verbleibenden Aufwands- oder Ertragsrests kein Erfolgsausweis erfolgt.

Nach dem Gesetzeswortlaut handelt es sich um ein Wahlrecht, welches jedoch nur dann ausgeübt werden darf, wenn der Ausgleich zwischen Grundgeschäften und Sicherungsgeschäften effektiv ist, d. h. mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist von der Effektivität des Hedgings schon auszugehen, wenn – entsprechend den international üblichen Gepflogenheiten – zum Bilanzstichtag dargelegt wird, dass sich die Wirksamkeit der gebildeten Bewertungseinheiten im vergangenen Geschäftsjahr zwischen 80 % und 120 % bewegt hat und sich im künftigen Geschäftsjahr ebenfalls innerhalb dieser Spannbreite bewegen wird.[3]

Bewertungseinheiten dürfen gebildet werden, wenn Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen dem Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten dienen. Ausdrücklich besteht auch für Warentermingeschäfte die Möglichkeit der Bildung von Bewertungseinheiten.[4]

Zur Bildung einer Bewertungseinheit sind die folgenden Regeln in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden, in dem sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme ausgleichen:

Damit haben die Grundregeln des Hedge-Accounting auch im HGB ihre direkte Grundlage.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmen kauft eine Maschine in den USA, die am 1.12.01 zum Preis von 140.000 $ geliefert wird. Zu diesem Zeitpunkt kann man für 1,00 EUR genau 1,40 $ erwerben. Die aus dem Kauf entstandene Verbindlichkeit beträgt demnach 100.000 EUR (Grundgeschäft). Um eine Sicherheit für evtl. Mängel zu haben, ist die Zahlung des Kaufpreises für den 1.3.02 vereinbart. Da das Unternehmen einen fallenden Euro-Kurs erwartet, werden per 1.12.01 140.000 $ bei der Hausbank erworben und auf einem Dollar-Konto gutgeschrieben, um zum Fälligkeitszeitpunkt daraus die Verbindlichkeit zu tilgen (Sicherungsgeschäft). Am 31.12.01 erhält man für 1,00 EUR nur noch 1,30 $.

Ohne Bewertungseinheit: Das Dollar-Guthaben hat einen Kaufpreis von 100.000 EUR. Die Verbindlichkeit wurde in derselben Höhe passiviert. Per 31.12.01 hat das Dollar-Guthaben demnach einen Wert von 107.692 EUR, die Verbindlichkeit ist entsprechend gestiegen. Aufgrund des Realisationsprinzips darf der gestiegene Dollar-Wert nicht ertragswirksam gezeigt werden, jedoch muss die Verbindlichkeit (Imparitätsprinzip) aufwandswirksam auf 107.692 EUR erhöht werden, obwohl es bei der Begleichung der Schuld (wenn keine weitere Kursveränderung eintritt) zu einem gegenläufigen Erfolg kommt.

Mit Bewertungseinheit: Das Dollar-Guthaben und die Verbindlichkeit werden in einer Bewertungseinheit zusammengefasst, sodass sich die gegenläufigen Wertänderungen sofort ausgleichen. Ein Ertrag oder Aufwand aus Wechselkursänderungen ist insoweit nicht mehr möglich.

Hat eine Bank für ihre Fremdwährungsgeschäfte Kurssicherungsgeschäfte abgeschlossen, so sind diese Geschäfte auch dann als sog. geschlossene Positionen zu Bewertungseinheiten zusammenzufassen, wenn die Absicherung lediglich global hinsichtlich der Gesamtpositionen der einzelnen Währungen erfolgt und hinsichtlich der Fälligkeit der jeweiligen Forderung bzw. Ver...

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